Rezension Rezension (3/5*) zu Miss Daisy und der Tote auf dem Eis: Miss Daisy ermittelt 1 von Carola Dunn.

parden

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13. April 2014
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49
Niederrhein
www.litterae-artesque.blogspot.de
Teatime-Crime - ein eher langatmiger Reiheneinstieg...

Miss Daisy ermittelt England in den wilden zwanziger Jahren: Nach dem Tod ihres Vaters fasst Daisy Dalrymple, an Luxus gewöhnt, einen eigenwilligen Entschluss: Sie will ihr Leben selbst in die Hand nehmen und als Journalistin arbeiten. Eigentlich soll sie für ihren ersten Auftrag einen Artikel über Wentwater Court schreiben, das idyllisch gelegene Gut des gleichnamigen Grafen und seiner Frau. Aber der schöne Schein trügt: Auf dem zugefrorenen See wird eine Leiche gefunden. Zusammen mit dem attraktiven Inspector Alec Fletcher von Scotland Yard nimmt Miss Daisy die Ermittlungen auf.

Ich habe keine hohe Affinität zu historischen Romanen, aber ein historischer Krimi kann mich gelegentlich durchaus reizen. Dieser Reihenstart spielt in England in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, der unruhigen Zeit zwischen den beiden Weltkriegen.

Die gesamte Handlung spielt fast ausschließlich auf dem Adelssitz Wentwater Court und hat daher etwas von einem Kammerspiel. Wenn da nicht die vielen Personen wären, die dem Hörer gleich schon zu Beginn des Buches um die Ohren gehauen werden. Innerhalb kürzester Zeit werden hier so viele Charaktere vorgestellt, die in familiären oder freundschaftlichen Beziehungen zu einander stehen, dass ich immer wieder einmal den Überblick verlor.

Doch in erster Linie geht es um den Hauptcharakter Daisy Dalrymple, junge 25 Jahre alt, die nach dem Tod ihres Vaters ihr Glück trotz ihres adeligen Standes nun als emanzipierte Journalistin bestreiten will. Von einer Zeitschrift erhält sie den Auftrag, eine Reportage über den Landsitz Wentwater Court zu schreiben und mit Fotografien zu bestücken. Mit professioneller Ausrüstung reist sie also an und wird als ebenfalls Blaublütige herzlich im Kreis der gräflichen Familie aufgenommen.

Daisy entpuppt sich als neugierig und empathisch und findet zu allen Personen, die ihr auf dem Landsitz begegnen, nach und nach Kontakt. Außer zu dem Toten, der schließlich eines Morgens auf dem Eis aufgefunden wird - und um den es keinem leid zu tun scheint. Man fürchtet einzig den möglichen Skandal und fordert daher einen Ermittler von Scotland Yard an statt des Dorfpolizisten. Zwischen Alec Fletcher und Daisy knistert es schnell, doch Konventionen und die berufliche Etikette lassen die Gefühle außen vor. Es gilt zu klären, ob hier ein Morfall vorliegt - und falls ja, wer der Täter ist.

Ich muss gestehen, dass ich diesen Teatime-Crime doch als recht langatmig empfunden habe. Allein die unüberschaubare Anzahl an Personen, die fast alle ein Geheimnis zu hüten scheinen - dazu dann zahllose Gesprächsausschnitte, stets von dem passenden Getränk begeleitet (und nein: nicht immer nur Tee...), Schilderungen des Interieurs, der Winterlandschaft im ländlichen England, der gesellschaftlichen Gepflogenheiten sowie der Konventionen des Adels, der jeweiligen Gefühlslage der einzelnen Personen. Wie oft ich hier allein schon gehört habe, dass jemandes Hand leicht zitterte...

Die Handlung plätschert bis zum Ende recht gemächlich vor sich hin, einen tatsächlichen Spannungsbogen sucht man hier vergeblich. Und die Auflösung - menschlich aber irgendwie auch, hm, hanebüchen. Daisy Darlymple und Alec Fletcher werden in diesem Band als Ermittlerpaar eingeführt, die sicher noch in den weiteren Fällen zusammenarbeiten werden, auch wenn die Anziehung auf persönlicher Ebene womöglich im Vorgrund steht.

Der Schreibstil ist an sich flüssig, ich stoplerte jedoch ab und an über einige merkwürdige Aussagen bzw. womöglich über schräge Übersetzungsanteile. Eine 25Jährige beispielsweise immer wieder als 'altes Mädchen' zu titulieren, stößt zumindest in heutiger Zeit auf. Wenig ansprechend fand ich zudem die Lesung durch Julia von Tettenborn. Die ungekürzte Hörbuchfassung (7 Stunden und 58 Minuten) zog sich wohl auch durch den eher leblosen Vortrag oftmals zäh dahin, und die Betonungen - gruselig. Das Königshaus der Tudors spricht sie Französisch aus, das Abendessen Dinner wie ein amerikanisches Lokal usw. Da kann man schon mal zusammenzucken...

Alles in allem eine eher langatmige Einführung in eine Teatime-Crime-Reihe, die nicht wirklich Lust macht auf die weiteren Folgen. Mal schauen, ob ich Band zwei irgendwann noch eine Chance gebe...


© Parden

 

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