Rezension (3/5*) zu Mädchen: Roman von Camille Laurens

ulrikerabe

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14. August 2017
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Wien
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Buchinformationen und Rezensionen zu Mädchen: Roman von Camille Laurens
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DIe Frau an sich

"Haben Sie Kinder?" wird der Vater gefragt. "Nein, ich habe zwei Mädchen", antwortet er.

Laurence wächst als zweite Tochter in den 1960er Jahren in einer gutbürgerlichen Familie in Rouen auf. Der Vater ist Arzt, die Mutter Hausfrau. In dieser Welt sind Mädchen nicht so viel wert wie männliche Nachfolger. Stereotype Rollenbilder prägen die Kindheit und das Heranwachsen des Mädchens. Laurence erfährt sexuellen Missbrauch. Die Abnabelung vom Elternhaus geht nicht spurlos an ihr vorbei. Erst als sie in späteren Jahren selbst Mutter einer Tochter ist, beginnt sie sich auch der Rollenzuschreibung zu entziehen.

„Es ist ein Mädchen“ ist der autofiktionale Roman der französischen Schriftstellerin Camille Laurens. Es kommt wohl nicht zufällig, dass der Vorname der Protagonistin phonetisch mit dem Namen der Autorin im Gleichklang ist. Dabei darf der Roman nicht mit einer Biografie verwechselt werden. Vielmehr bildet Camille Laurens mit Laurence ein weibliches Leben in einer Gesamtsicht ab.

Misogynie, sexuelle Diskriminierung und sexuelle Gewalt: vom dummen sexistischen Witz bis zum sexuellen Missbrauch ist die Bandbreite groß, mit der wahrscheinlich jede Frau irgendwann in ihrem Leben konfrontiert wurde.

Sprachlich ist diese weibliche Anklage perfekt formuliert. Auf den ersten Seiten noch in der Du-Perspektive wechselt der Erzählton später zum Ich. Die Leserinnen können sich angesprochen fühlen. Es ist ein wütendes Buch, ein detailliertes Protokoll des Frauseins. Nur unter diesem Gesichtspunkt ist das Leben der Laurence nachvollziehbar. Laurence steht für das Mädchen, die Frau an sich in der Gesellschaft.


 
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