Rezension (3/5*) zu Die Straße der Pfirsiche von F. Scott Fitzgerald.

parden

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13. April 2014
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Niederrhein
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Buchinformationen und Rezensionen zu Die Straße der Pfirsiche von F. Scott Fitzgerald
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Scott und Zelda Fitzgeralds Roadtrip gen Süden...

Im Sommer 1920, drei Monate nach der Hochzeit, besteigt das glamouröseste Paar seiner Zeit eine Rostlaube und begibt sich kurzerhand auf den Weg nach Alabama. Und das alles, weil Zelda eines Morgens aufwacht und Appetit auf die Biscuits und Pfirsiche hat, wie es sie nur in ihrer Heimat gibt.

Der 23-jährige Fitzgerald, bereits ein gefeierter Autor, und die 19-jährige Zelda, das blonde Mädchen aus den Südstaaten, reisen von Connecticut nach Alabama. Nicht mit dem Zug, wie es üblich gewesen wäre, sondern in einem Wrack von einem Auto, genannt „Expenso“ oder „Rolling Junk“. Das Vorhaben wird zur Mut- und ersten Beziehungsprobe, die die beiden wetteifernd bestreiten. Sie erleben die großen Hoffnungen und Rückschläge des Reisens, den Wechsel der Landschaft und Bevölkerung, stoßen auf Hilfsbereitschaft und werden als Sonderlinge beäugt. Sie erleben echte Zusammenbrüche, die Euphorie des Unterwegsseins, und sie erkennen, dass die Sehnsucht der vielleicht wichtigste Motor ist.

Der Autor, der Klassiker schrieb wie 'Der große Gatsby', zeigt sich hier von einer ganz privaten und augenzwinkernden Seite. Eine spontane Idee, die komplett verrückt erscheint, wird hier ohne Nachzudenken umgesetzt - Klamotten werden in drei Reisekoffer geworfen, die Geldbörse umgeschnallt und schon braust das Auto los. Naja, vielleicht nicht brausen - die alte Schrottkiste ist alles andere als spritzig und dynamisch. Das Auto hat die besten Tage hinter sich, und jeder, der von Scotts und Zeldas Vorhaben erfährt, schlägt deshalb die Hände über dem Kopf zusammen. So verwundert es nicht, dass eine Panne die nächste jagt - und da ist es nicht besonders hilfreich, dass Scott vielleicht gut schreiben kann, von handwerklichen Dingen jedoch nicht das Geringste versteht...

Man merkt der Erzählung die Jugend der Handelnden an, mag vielleicht an der ein oder anderen Stelle auch den Kopf schütteln angesichts des Leichtsinns, der dem Vorhaben der Jungvermählten anhaftet. Aber sind es nicht gerade die verrückten und spontanen Dinge, die einem letztlich am eindrücklichsten im Gedächtnis haften bleiben? Und so habe ich mich in der 2 h 36 Minuten langen Lesung gerne mit dem jungen Paar auf die Reise durch die USA begeben, mit ihnen Staub geschluckt, fassungslos dem wegrollenden Rad hinterhergeschaut, um ein paar Liter Benzin gekämpft, buchstäblich den letzten Cent hergegeben um dann endlich am Ziel eine große Überraschung zu erleben.

Auch wenn diese kleine Geschichte nicht die Sprachgewalt der späteren Romane aufweisen mag, konnte sie mich mit einem gewissen Charme für sich einnehmen, und vor allem hat mir gefallen, dass der Erzähler sich selbst nicht so wichtig nahm. Offenkundig hat er das ein oder andere Detail zu den wirklichen Erlebnissen hinzu gedichtet, doch obliegt dies wohl dem Prinzip der schriftstellerischen Freiheit und setzte noch ein paar kleine Highlights. Nico Holonics liest die Erzählung in der passenden Nuancierung - lakonisch und unaufgeregt - und sorgt damit insgesamt für ein angenehmes Hörerlebnis.

Keine nette Zugabe fand ich dann allerdings die Erzählungen von Zelda Fitzgerald, die für mich ohne erkennbaren Zusammenhang von einzelnen Hotelbesuchen berichtet, die sie mit ihrem Mann im Laufe ihres Lebens absolviert hat. Dies steht in keinem Zusammenhang mit dem Roadtrip nach Alabama, unterscheidet sich stilistisch deutlich von der eigentlichen Erzählung, und abgesehen davon, dass man hier einen Eindruck davon erhält, wie unstet das Leben des glamourösen Paars zuweilen war, war dieser Beitrag für mich komplett uninteressant. Material, um das Buch zu füllen? Der Eindruck drängte sich auf. Schade. Das konnte selbst die erfahene Anna Thalbach mit ihrer Lesung nicht mehr schönreden.

Alles in allem aber eine nette Unterhaltung für zwischendurch - quer durch die Goldenen Zwanziger und die USA.


© Parden

 

Leseglück

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7. Juni 2017
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Was für eine wunderschöne Rezension! Ich hatte das Buch vor ungefähr einem Jahr gelesen. Durch deinen Text konnte ich die Gefühle, die ich während der Lektüre hatte, noch mal erleben:)