Rezension Rezension (3/5*) zu Die letzte Witwe von Karin Slaughter.

ElisabethBulitta

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8. November 2018
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Buchinformationen und Rezensionen zu Die letzte Witwe von Karin Slaughter
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Blut und Boden

Bei „Die letzte Witwe“ handelt es ich um den siebten Fall für die Gerichtsmedizinerin Sara Linton und Special Agent Will Trent. Dieser Thriller aus der Feder von Karin Slaughter ist im August 2019 bei HarperCollins erschienen und umfasst 560 Seiten.
Ein idyllischer Sommertag wird jäh durchbrochen - von zwei Explosionen. Sara und Will machen sich auf den Weg, Hilfe zu leisten, als sie unterwegs durch einen Verkehrsunfall aufgehalten werden. Obwohl ihnen der Vorfall nicht geheuer erscheint, bieten sie ihre Hilfe an und werden selbst zu Opfern. Der verletzte Will Trent muss hilflos mit anschauen, wie seine Sara entführt wird. Als dann auch noch Zusammenhänge zu einem einen Monat zurückliegenden Entführungsfall, die Wissenschaftlerin Michelle Spivey war gekidnappt worden, ersichtlich werden, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Denn bald ist klar: Hinter allem steckt eine rechtsradikale Organisation, die die USA wieder „weiß“ machen möchte.
Zwar handelt es sich hier um den siebten Teil von Slaughters Georgia-Reihe, doch sollte dieses auch für Neulinge keine Hürde darstellen: Ich selber habe die Reihe auch nur sporadisch verfolgt und konnte feststellen, dass dieser Thriller auch ohne Vorkenntnisse verständlich ist.
Der Roman beginnt spannend mit einer Entführungsszene im Juli 2019. Anschließend wird man in den August desselben Jahres katapultiert, die dortige Szenerie ist angenehm, einfach schön und idyllisch zu lesen. Die sich anschließenden Explosionen sowie die Unfallszene stehen in einem eklatanten Gegensatz dazu, was der Spannung ebenfalls zuträglich ist und das Lesen abwechslungsreich macht. Hier beweist Karin Slaughter, dass sie ihr Handwerk versteht, indem sie Gegensätze miteinander kombiniert und die Leser/innen aus der Komfortzone regelrecht herausreißt. Dann allerdings wird die Geduld der Leserinnen und Leser erst einmal auf eine harte Probe gestellt, denn ein und dasselbe Ereignis wird mehrmals erzählt, wenngleich aus unterschiedlichen Perspektiven. Die ersten ungefähr zwei Stunden des Falls ziehen sich über fast 200 Seiten hin, was m.E. einfach auf Kosten der Spannung geht. Zudem sind, und das gilt für das gesamte Buch, die Kapitel recht lang, sodass es schwer ist, an einer passenden Stelle zu pausieren.
Sara selbst wird im Laufe der Ereignisse in ein Lager gebracht, das von einer rechtsradikalen und orthodox-christlichen Gemeinschaft unterhalten wird. Dieses wird sehr gut beschrieben, man hat beim Lesen die Szenen praktisch vor Augen. Auch Saras Ängste und Zweifel sind gut dargestellt, allerdings schießt die Autorin hier immer wieder über das Ziel hinaus: Beim ersten Mal war es noch interessant zu lesen, dass Sara sich durch Songtexte ablenkt, aber irgendwann hatte ich beim Lesen das Gefühl, als wiederhole sich vieles. Nichtsdestotrotz muss man Karin Slaughter zugutehalten, dass sie beides, Szenerie und Charaktere, sehr plastisch und lebensnah beschreibt – nur geht dieses immer wieder auf Kosten der Spannung, und manchmal ist weniger eben doch mehr.
Die Themen des Romans sind (US-amerikanischer) Nazismus, Pädophilie und religiöser Extremismus: drei hochbrisante und aktuelle Themen also. Allerdings hätte es sich hier meiner Meinung nach gelohnt, sich auf einen oder zwei Aspekte zu konzentrieren, denn gerade die letzten beiden Themen werden eher im Nebenbei erwähnt und kommen wenig(er) zur Geltung bzw. sind für das Ende weniger von Belang.
Slaughters Sprache und Stil sind eingängig und flüssig zu lesen. Durch den Perspektivwechsel treten unterschiedliche An- und Einsichten zu Tage, im letzten Teil des Romans, in dem Trent und Sara sich wieder begegnen, werden die einzelnen Informationen zusammengeführt, was zu einer restlosen und logischen Aufklärung des Falles führt.
Der Titel des Romans wird im Laufe des Lesens erklärt und hängt mit Saras persönlichem Schicksal zusammen: Ihr Mann, seines Zeichens selbst Polizist, kam bei einem Einsatz ums Leben, Sara ist somit Witwe.
Mir persönlich hat dieser Thriller eher mäßig gefallen: Sprachlich ist er zwar gut, und er bietet auch vortreffliche Einsichten in die Persönlichkeiten und die Szenerie, jedoch gestaltet sich das Lesen insgesamt recht langatmig und wenig spannend, sodass das Werk den Ansprüchen, die ich an dieses Genre stelle, nicht gänzlich gerecht wird. Für Menschen, die diese Reihe nur streckenweise verfolgen, ein Thriller, den man lesen kann, aber nicht eben muss.


 

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