Rezension Rezension (3/5*) zu Die Kinder des Borgo Vecchio: Roman von Giosuè Calaciura.

MRO1975

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11. August 2018
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Buchinformationen und Rezensionen zu Die Kinder des Borgo Vecchio von Giosuè Calaciura
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Eine Kindheit in Borgo Veccio

Der Handlungsfaden, der dieses schmale Büchlein durchzieht, ist schnell erzählt: Die im Titel erwähnten "Kinder des Borgo Veccio" sind unter anderem Mimmo, Cristofaro und Celeste. Mimmos Vater ist der Metzger des Viertels, der seine Kunden mittels einer gefälschten Waage betrügt. Cristofaros Vater ist dem Alkohol verfallen und verprügelt Cristofaro jeden Abend. Celestes Mutter ist Prostituierte. Wenn sie ihre Freier empfängt, muss Celeste auf dem Balkon ausharren – bei jedem Wetter.

Es scheint als könnten die drei Kinder ihrem Schicksal nicht entfliehen. Die Schranken ihrer sozialen Herkunft sind hoch und unüberwindlich. Dennoch haben sie Hoffnungen und Träume, die aber teils wenig kindlich sind. Cristofaro überlegt gemeinsam mit Mimmo, wie man den im Viertel bekannten Kriminellen Toto dazu bringen könnte, Cristofaros Vater zu erschießen. Mimmo pflegt ein lahmes Pferd namens Nana und hofft, dass Nana eines Tages ein Rennen gewinnen wird. Celeste entflieht zumindest für einen Nachmittag ihrem Exil vom Balkon und darf auf Nanas Rücken durch das Viertel reiten.

Dies alles wird vom Autor gekonnt in Szene gesetzt. Die Bilder des Viertels Borgo Veccio und seiner Bewohnern steigen mühelos vor dem inneren Auge auf. Die Beschreibungen erreichen teils fast poetisches Niveau. Dadurch kommen die nonchalant eingestreuten, im Viertel allseits begangenen Grausamkeiten umso drastischer zum Ausdruck.

Trotz der schönen Worte konnte ich mit diesem Buch am Ende nicht viel anfangen. Die Geschichte selbst hat viel Potential, wirkt aber extrem reduziert. Hieraus hätte man viel mehr machen können. Stattdessen wird vieles nur angedeutet oder in Metaphern verkleidet. Wir haben daher in der Leserunde viel gedeutet und eine Menge religiöser Bezüge hergestellt. Alle Mühe der Überlegung hat jedoch zu keinem schlüssigen Gesamtkonzept geführt. Das ist schade, lässt es mich doch als Leser ratlos und mit dem Eindruck zurück, das Buch nicht richtig verstanden zu haben. Daher gibt es von mir in diesem Fall nur drei Sterne.