Irgendwo im Süden, im Herzen der Stadt, wo die Menschen arm sind und das Gesetz der Straße gilt: Hier wachsen Mimmo, Cristofaro und Celeste auf. Sie haben Träume und Hoffnungen, obwohl ihnen der kindliche Blick längst abhanden gekommen ist.
Mimmos Vater, der Fleischer des Viertels, betrügt seine Kunden mit einer präparierten Waage. Cristofaros Vater, ein Trinker, schlägt seinen Sohn jeden Abend. Und Celestes Mutter Carmela, die Prostituierte des Viertels, schickt ihre Tochter auf den Balkon, wenn sie ihre Freier empfängt.
Die drei Kinder haben ein Idol: Totò, Ganove, der besser schießt als jeder andere. Sie wollen so sein wie er, sie wissen nicht, dass auch Totò von einem anderen Leben träumt ...
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Der Handlungsfaden, der dieses schmale Büchlein durchzieht, ist schnell erzählt: Die im Titel erwähnten "Kinder des Borgo Veccio" sind unter anderem Mimmo, Cristofaro und Celeste. Mimmos Vater ist der Metzger des Viertels, der seine Kunden mittels einer gefälschten Waage betrügt. Cristofaros Vater ist dem Alkohol verfallen und verprügelt Cristofaro jeden Abend. Celestes Mutter ist Prostituierte. Wenn sie ihre Freier empfängt, muss Celeste auf dem Balkon ausharren – bei jedem Wetter.
Es scheint als könnten die drei Kinder ihrem Schicksal nicht entfliehen. Die Schranken ihrer sozialen Herkunft sind hoch und unüberwindlich. Dennoch haben sie Hoffnungen und Träume, die aber teils wenig kindlich sind. Cristofaro überlegt gemeinsam mit Mimmo, wie man den im Viertel bekannten Kriminellen Toto dazu bringen könnte, Cristofaros Vater zu erschießen. Mimmo pflegt ein lahmes Pferd namens Nana und hofft, dass Nana eines Tages ein Rennen gewinnen wird. Celeste entflieht zumindest für einen Nachmittag ihrem Exil vom Balkon und darf auf Nanas Rücken durch das Viertel reiten.
Dies alles wird vom Autor gekonnt in Szene gesetzt. Die Bilder des Viertels Borgo Veccio und seiner Bewohnern steigen mühelos vor dem inneren Auge auf. Die Beschreibungen erreichen teils fast poetisches Niveau. Dadurch kommen die nonchalant eingestreuten, im Viertel allseits begangenen Grausamkeiten umso drastischer zum Ausdruck.
Trotz der schönen Worte konnte ich mit diesem Buch am Ende nicht viel anfangen. Die Geschichte selbst hat viel Potential, wirkt aber extrem reduziert. Hieraus hätte man viel mehr machen können. Stattdessen wird vieles nur angedeutet oder in Metaphern verkleidet. Wir haben daher in der Leserunde viel gedeutet und eine Menge religiöser Bezüge hergestellt. Alle Mühe der Überlegung hat jedoch zu keinem schlüssigen Gesamtkonzept geführt. Das ist schade, lässt es mich doch als Leser ratlos und mit dem Eindruck zurück, das Buch nicht richtig verstanden zu haben. Daher gibt es von mir in diesem Fall nur drei Sterne.
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