Rezension Rezension (3/5*) zu Das Rätsel der ägyptischen Grabkammer von Arthur Conan Doyle.

parden

Bekanntes Mitglied
13. April 2014
5.835
7.675
49
Niederrhein
www.litterae-artesque.blogspot.de
Kommt nicht ans Original heran...

London 1890. Das Britische Museum plant die Ausstellung einer ägyptischen Grabkammer. Doch das Ereignis wird überschattet von der Ermordung des Museumswächters. Der Täter ist schnell gefunden, wird er doch, mit der Tatwaffe in der Hand, beim Toten angetroffen. Aber hat er wirklich die Tat begangen? – Sherlock Holmes und Dr. Watson stellen Ermittlungen an. Um die Wahrheit zu finden, müssen sie das Rätsel der ägyptischen Grabkammer lösen. Spannend, unterhaltsam und ganz im Stil von Sir Arthur Conan Doyle, gelingt es der Autorin Johanna M. Rieke, mit ihrem dritten Buch, Das Rätsel der ägyptischen Grabkammer, das viktorianische London aufleben zu lassen.

Mal wieder bin ich in eine Reihe quer eingestiegen, aber in dem Fall macht das wohl nichts, auch wenn immer wieder einmal auf die beiden vorherigen Fälle verwiesen wird. Sherlock Holmes und Dr. Watson sind natürlich allen Krimi-Liebhabern ein Begriff, doch handelt es sich hier nicht um einen "echten" Fall des Ermittlerteams, sondern um einen in einem deutlich späteren Zeitalter verfassten Krimi, sozusagen von einem Trittbrettfahrer. Vielmehr von einer Trittbrettfahrerin namens Johanna M. Rieke.

Zugute halten muss ich der Autorin, dass sie viele Details des viktorianischen Zeitalters in ihren Krimi eingebaut hat, ebenso wie einige bekannte Marotten von Sherlock Holmes oder auch von Dr. Watson. Allerdings ähnelt der Stil trotz aller Bemühungen doch nur an der Oberfläche dem von Arthur Conan Doyle. Hier wird mehr Wert auf die emotionalen Aspekte gelegt als in den alten Krimis - so versichern sich Holmes und Watson ständig ihrer Freundschaft und am wichtigsten scheint bei alledem zu sein, dass sich niemand, der mit dem Fall in irgendeiner Weise zu tun hat, emotional verletzt fühlen muss.

Auch dass Holmes zwar einen stetigen Wissensvorsprung vor allen anderen hat, dann aber zwischendurch den eher begriffsstutzigen Watson immer auf dem Laufenden hält, ist zumindest ungewöhnlich. In den alten Fällen fungiert der Begleiter Holmes' zwar als Chronist, muss sich jedoch in der Regel damit begnügen, genau wie der Leser erst ganz am Ende aufgeklärt zu werden über die raffinierten Gedankenzüge von Sherlock Holmes und seine brillanten Schlussfolgerungen, auf die sonst niemand käme. Hier wird vieles häppchenweise erklärt, wodurch für mich das Geheimnisvolle verloren ging. Es wird zu früh zu viel verraten, die Auflösung ist damit keine sonderliche Überraschung mehr.

Immerhin wurde hier das komplette Buch vertont (ungekürzte Ausgabe, 3 Stunden und 44 Minuten), so dass Kürzungen diesmal kein Ärgernis darstellten. Allerdings - der Sprecher! Selten habe ich bei einem Hörbuch so viele offenkundige Versprecher erlebt - vor allem die englischen Ausdrücke und Namen brachten Andreas Lange aus dem Konzept. Das englische "r" geriet zur bösen Stolperfalle und landete fast häufiger im deutschen Wort vor dem englischen als umgekehrt. Aber auch sonst zeigte sich der Sprecher nicht zwingend textsicher, und ich war letztlich doch verblüfft, wie viel der Verlag da hat durchgehen lassen.

Besonders nervig fand ich allerdings eher die fehlende stimmliche Variabilität von Lange - die Charaktere ähneln sich in der Stimmlage sehr, einzig anhand der Lautstärke kann man unterscheiden zwischen Schilderungen auf der einen und Gesprächen auf der anderen Seite. Besonders Sherlock Holmes erhält dadurch eine merkwürdige Charakterzeichnung: schrill, laut und gedehnt gerät seine Stimme, so dass er zuweilen eher wie ein Volldepp denn wie einer der genialsten Köpfe der Welt wirkt. Eine Persiflage wollte Johanna M. Rieke wohl eher nicht schreiben, vermute ich...

Um es mal kurz zu fassen: dieser Krimi kommt bei weitem nicht an das Original heran. Für mich leider nicht überzeugend...


© Parden



 

Beliebteste Beiträge in diesem Forum