Rezension (3/5*) zu Capricho: Ein Sommer in meinem Garten von Beat Sterchi

tinderness

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25. November 2021
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Wien und Wil
mostindien.org
Leider nur eine Laune!

Ein Schweizer Schriftsteller verbringt den Sommer in seinem Ferienhaus in einem kleinen, von Abwanderung betroffenen Dorf in Südspanien, um dort die Geschichte des Ortes zu schreiben. Allerdings will die Arbeit nicht so richtig vorangehen, eine Schreibblockade macht sich offenbar breit, die auch mit der zweiten Haupttätigkeit dieses Sommers zusammenhängt: der Pflege eines steinigen Gartens („huerto“). Dieses ehemalige landwirtschaftliche Fläche, heute bereits stark verwildert, zieht ihn in seinen Bann: 12 Reihen Kartoffeln will der Schriftsteller pflanzen, daneben auch anderes Gemüse, ebenso steht die Reparatur des Bewässerungssystems an.

Der ungeschickte Gärtner notiert alles unentwegt, was seinen huerto betrifft: die Arbeitsprozesse, den Fortschritt und die Rückschläge in seinem Garten rücken in den Vordergrund anstatt die Arbeit an der Dorfgeschichte. Die Arbeit im huerto ist offenbar wichtiger: das rechtzeitige Pflanzen, das effiziente Bewässern, unentwegtes Jäten, die magere Ernte, katastrophale Gewitter und lästiger Tierfrass. Die Fresslust der Steinböcke ist eine ständige Gehahr, am Horizont kreisen die Geier. Ferne Gewitter verbreiten Schrecken. An der Steinmauer tauchen immer wieder DorfbewohnerInnen auf, die dem Fremden mit freundlicher Neugier begegnen. So verbringt er den Tag: abgebrochene Schreibversuche, Gärtnerarbeit, Anschaffungen in der nahegelegenen Stadt, Lektüre spanischer Autoren (darunter Orwells Buch über den Spanischen Bürgerkrieg) und die Begegnung mit den Dorfbewohnern, die dem intellektuellen Gärtner mit Neugier und leisem Spott begegnen. Auch Frau und Tochter besuchen ihn in seinem Ferienhaus. Ansonsten wenig Abwechslung! Zur Unterlegung des Lokalkolorits dürfen die DorfbewohnerInnen auch Spanisch sprechen, nur kurze Sätze allerdings, damit der Fluss des Lesens nicht allzusehr gestört wird.

Alles wird zum bukolischen Spiel, weniger im existentialistischen Sinn, als aus Lust und Laune eines Literaten, der zu arbeiten vorgibt, aber doch nur Entspannung sucht: einen Sommer lang.