Rezension Rezension (3/5*) zu Amandas Suche von Isabel Allende.

Anjuta

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8. Januar 2016
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Erzählwucht verschüttet den Krimi

Zur Geschichte des Buches ist wohl das Folgende von Allende Erläuterte wichtig: "Dieses Buch wurde am 8. Januar 2012 begonnen, weil meine Agentin, Carmen Balcells, meinem Ehemann, Willie Gordon, und mir vorgeschlagen hatte, vierhändig eine Kriminalgeschichte zu schreiben. das haben wir versucht, aber nach 24 Stunden war offenkundig, dass dieses Vorhaben zur Scheidung führen würde, also widmet er sich wieder seinem - dem mittlerweile sechsten - Krimi, und ich schloss mich ein, um allein zu schreiben, wie eh und je."

Ein nicht sehr vielversprechender Anfang dieser Kriminalgeschichte von Isabel Allende. Kann Allende auch Krimi?

In San Francisco geschehen verschiedene Morde, deren Zusammenhang zunächst niemand sieht und erkennt. Und das wäre auch so geblieben, gäbe es da nicht eine online verbundene Gruppe, die Verbrecherjagen zum zeitvertreibenden Rollenspiel macht. Diese Gruppe taucht von Zeit zu Zeit aus dem Geschehen und den Charakter- und Gesellschaftsstudien des Romans „Amandas Suche“ auf. Der Leser kann ihr Treiben lange Zeit aber so wenig ernst nehmen wie es auch die Polizei tut – insbesondere vertreten durch den Vater der Spielführerin Amanda. Doch immer mehr muss ihr Vater die von der Gruppe aufgedeckten Zusammenhänge zwischen den auf den ersten Blick so unterschiedlichen Morden als Schlüssel zu deren Lösung erkennen. Geht es hier doch um einen Serienmörder?

Neben dieser Krimihandlung überlagert die Erzählwucht der Autorin Isabell Allende rund um die Familiengeschichte der Amanda mit ihrer Mutter Indiana, die im Mittelpunkt der Esoterikszene der Stadt eine Praxis für Reiki und Aromatherapie führt, ihrem Vater Bob Martin, Leiter einer Polizeidivision, und einer sehr bunten Reihe weiterer Typen die Krimihandlung immer wieder.
Und der Gesellschaftsroman „Amandas Suche“, der uns das San Francisco der näheren Vergangenheit zeigt, ist für mich auch immer wieder der stärkere Teil des Romans. Die Krimihandlung bleibt da lange Zeit ein Nebenschauplatz und Fremdkörper mit einem begrenzten Maß an Glaubwürdigkeit für den Leser.
Das ändert sich aber beim späten Showdown im Roman, bei dem dann die mühsam im Rollenspiel zusammengesammelten Fakten und Thesen in das Geschehen umgesetzt werden und Amandas Mutter in den Fokus des Serienmörders gerät. Diese Auflösung am Ende bringt viele Erzählenden, die während des Romans nur scheinbar lose herumhingen, zusammen und schafft eine enorme Spannung.
Und so ist am Ende die Frage: „Kann Allende auch Krimi?“ wirklich nicht leicht zu beantworten. Während des Romans habe ich die Frage für mich sehr deutlich mit „nein“ beantwortet und habe mich nur an den ausladenden Charakterstudien und bunten Personenkonstellationen erfreut, wie schon so oft bei Isabell Allende. Doch am Ende musste ich dann sagen: Chapeau! Eine solche Auflösung und eine solche Spannung am Ende zu schaffen zeugt schon von großer Krimikunst. Aber letztlich: Was sind gute Krimis anderes als gut erzählte Geschichten? Und das kann Allende nun mal.
„Amandas Suche“ ist aber trotzdem sicher nicht ihr stärkster Roman. Und deshalb von mir: 3 Sterne


 
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Reaktionen: Helmut Pöll

Helmut Pöll

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9. Dezember 2013
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Ich wusste bis jetzt auch nicht, dass Isabel Allende Krimis schreibt, @Anjuta . Aber das ist vermutlich ihr einziger Krimi, oder? Das war übrigens die 3400ste Rezension...;)