Rezension Rezension (2/5*) zu Unsere glücklichen Tage: Roman von Julia Holbe.

Literaturhexle

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2. April 2017
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Buchinformationen und Rezensionen zu Unsere glücklichen Tage: Roman von Julia Holbe
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Ein etwas seichter, plätschernder Sommer-Liebesroman

Überraschend begegnet Ich-Erzählerin Elsa ihrer alten Freundin Marie wieder. Als Jugendliche waren sie unzertrennlich und verbrachten zusammen mit Fanny und Lenica wunderbare Sommer im Ferienhaus von Elsas Familie an der französischen Atlantikküste. Seit dem letzten dort verbrachten Sommer vor rund dreißig Jahren haben sich die Vier nicht mehr gesehen oder gehört. Schnell wird man als Leser neugierig und möchte wissen, welche dramatischen Ereignisse dazu geführt haben, dass sie die Kontakte abbrachen.

Elsa und Marie planen nun einen weiteren gemeinsamen Urlaub im Ferienhaus von einst. Nur Lenica wird nicht dabei sein. Denn sie ist schon vor langer Zeit bei einem Unfall ums Leben gekommen. Eine weitere wichtige Rolle kommt Sean zu, einem jungen Mann, den einst Lenica mit in die Runde brachte und der eine große Faszination auf die jungen Frauen ausübte. Letztlich hatte sich Elsa unsterblich in ihn verliebt. Obwohl sie heute geschieden ist und zwei erwachsene Kinder hat, trauert sie dieser großen Liebe noch immer hinterher.

Im Folgenden wechseln die Zeitebenen. Man erfährt mehr über die Freundinnen von einst und insbesondere über diesen letzten bedeutenden Sommer in Frankreich. Fast spiegelbildlich entwickeln sich die Ferientage in der Gegenwart wie jene in der Vergangenheit, so dass man als Leser den Eindruck gewinnt, die Figuren hätten sich über drei Jahrzehnte hinweg nicht verändert, hätten kein anderes erwachsenes Leben gelebt. Noch immer sind die Frauen unbeschwert, genießen die französische Lebensart, das Meer und den Wein. Auch eine heftige, verzehrende Liebe kommt erneut auf Elsa zu.

Es hat mich überrascht, dass es keinerlei trennende Momente gibt und die Frauen trotz der jahrelangen Kontaktlosigkeit genau wieder dort anknüpfen können, wo sie vor dreißig Jahren aufhörten. Das klingt schön, allerdings wenig realistisch.
Julia Holbe schafft die richtige Atmosphäre für ihren Liebesroman, indem sie die Landschaft sehr bildlich beschreibt. Ihre Figuren bewegen sich weitgehend schwerelos durch den Roman. Die Dialoge plätschern dahin und alles dreht sich um Liebe, Liebe, Liebe. Kein Wunder, denn die Erzählerin selbst steht im Mittelpunkt und fühlt sich beflügelt. Natürlich ist der Taumel nicht ungetrübt: Es kommt zu Missverständnissen und Eifersucht, dann zu Versöhnung und neuem Rausch. Zum Ende hin wird es noch einmal ernst und dramatisch – eine Wendung, die ich nicht so recht nachvollziehen kann, die aber doch überraschend kam.

Leider kann ich so manches in diesem Roman nicht nachvollziehen. Während ich die ersten 30 Seiten noch mit großem Interesse gelesen habe, verlor dieses sich anschließend leider fast völlig. Der Schreibstil ebbte zusehends ab. Dialoge gerieten platt, ganze Absätze traten auf der Stelle, Wiederholungen brachten die Handlung nicht vorwärts. Die Antwort auf zentrale Fragen wurde weit nach hinten verlagert, was sich mir angesichts der angeblich großen Nähe der Protagonistinnen zueinander nicht recht erschließen will.
Das Lesen von Passagen wie
• „Denn wie konnte es sein, dass plötzlich so viele Jahre ohne sie vergangen waren? Wie konnte es sein, dass überhaupt plötzlich so viele Jahre vergangen waren? Ich hatte das Gefühl, einer Raumzeit-Anomalie unterworfen zu sein.“ (S.41)
• „Und ich merkte wieder, man muss nicht glücklich sein, um glücklich zu sein.“ (S. 116)
• „Sie fuhr los, und in dem Moment blitzte das Meer zwischen den Bäumen auf, als wollte es uns etwas sagen, in einem unglaublichen Blau, einem so ewigen Blau, wie es das Meer nur in ganz wenigen Augenblicken für uns bereit hielt.“ (S. 154)

hat mich zunehmend genervt. Ich komme zu dem Schluss, dass ich eindeutig NICHT die richtige Leserin für diesen Roman bin. Aber für wen kommt er in Frage?
Vielleicht für Romantiker/Innen, für jung gebliebene, die sich noch gerne an ihre erste große Liebe zurückerinnern und davon träumen, diese noch einmal erleben zu dürfen. Für Leser/Innen, die sich fallen lassen und mit einer leichten Geschichte treiben lassen möchten, die keinen zu großen Anspruch an eine glaubwürdige Entwicklung der Figuren stellen. Etwas fürs Herz eben. Allerdings muss man sich wappnen, denn das Happy End ist keinesfalls sicher.