Rezension (2/5*) zu Simón: Roman von Miqui Otero

parden

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13. April 2014
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Niederrhein
www.litterae-artesque.blogspot.de
Buchinformationen und Rezensionen zu Simón: Roman von Miqui Otero
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Ein Sohn der Stadt...

Der Roman begleitet Simón über mehrere Jahrzehnte seines Lebens, das eng mit der Stadt Barcelona verknüpft ist. Als Kind lebt er mit seinen Eltern sowie mit der Familie seines Onkels unter einem Dach. Unten die Bar, die v.a. von Stammgästen lebt, und in der die beiden Familienmütter in der Küche für das leibliche Wohl der Kundschaft sorgen, oben die Wohnungen der beiden Familien. Zu seinem älteren Cousin Rico hat Simón ein enges Verhältnis. Rico hat mehr Zeit als Simóns Eltern und kümmert sich häufig um seinen kleinen Cousin. Er nimmt ihn mit auf seine Streifzüge, übt mit ihm das Billardspielen und bringt ihm v.a. die Welt der Literatur nahe. Er schenkt ihm jeden Sonntag einen anderen Abenteuerroman, ofmals mit unterstrichenen Zeilen und Anmerkungen am Rand versehen. Die Liebe zu Büchern übernimmt Simón schnell und wird sie zeitlebens auch nicht mehr verlieren.

Doch von einem Tag auf den anderen verschwindet Rico spurlos, und scheinbar weiß niemand, wo er abgeblieben ist. Simón spürt Rico in Barcelona nach, besucht Orte, die sein Cousin häufig aufgesucht hat, sucht Menschen auf, zu denen Rico Kontakt hatte, liest die Bücher, die er dagelassen hat, immer in der Hoffnung, auf eine Spur zu stoßen. Ihm zur Seite steht dabei seine beste Freundin Estela, das Mädchen mit den grünen Haaren, das sich stets durchzukämpfen weiß. Doch alle Spuren verlaufen im Sande, und schließlich wird Simón klar, dass er anfangen muss, sein eigenes Leben zu leben. Er verlässt Barcelona, lernt als Koch in Luxusküchen und malt sich rosige Zukunfstaussichten aus. Doch auch wenn der Autor Simón in dem Roman stets als Helden bezeichnet, ist das Leben eben kein Wunschkonzert.

Bei diesem Roman handelt es sich um eine doch recht anstrengende Lektüre, die sehr ausschweifend erzählt, ohne erkennen zu lassen, was eigentlich der rote Faden sein soll. Im Laufe der Erzählung werden viele Themen gestreift, und da der Autor von der Literaturkritik bereits als "Chronist Barcelonas" bezeichnet wird, nimmt es nicht Wunder, dass alles, was in den vergangenen Jahrzehnten (jemals) in Barcelona geschehen ist, hier ebenfalls benannt wird, zuweilen in einer sehr ausführlichen Schleife. So vermischen sich auf knapp 450 klein bedruckten Seiten eine Coming-of-Age-Erzählung, die Chronik einer Stadt, Einblicke in das hektische, hierarchische, oftmals intrigante und ausbeuterische Geschehen in Luxusküchen, die Kluft arm vs. reich, gesellschaftskritische und politische Themen, Romaninhalte und die Bedeutung von bzw. die Liebe zu Büchern u.v.m., so dass letztlich alles zerfasert.

Leider blieben zudem die Charaktere für mich auf Distanz, mich berührte das Geschehen kaum einmal, auch wenn die Figuren im Grunde interessant angelegt sind. Doch die Entwicklung der Charaktere fehlte teilweise ganz oder war zuletzt gar rückläufig. Das Bild einer hoffnungslosen Lage der Jugend Barcelonas? Vielleicht. Es mag auch andere Bedeutungsebenen geben in dem Roman, aber durch die verschwurbelte Erzählung, in der viel um nichts herum geschrieben wird, gingen die für mich verloren. Anfangs konnte mich der Schreibstil noch begeistern, teilweise gerieten einzelne Szenen dadurch sehr atmosphärisch. Dann aber wirkte die Ausdrucksweise doch immer wieder sehr selbstverliebt-intellektuell mit einem z.T. sehr komplexem Satzbau, und dem konnte ich dann zunehmend weniger abgewinnen. Ich bin ganz ehrlich: ich habe mich bei der Lektüre immer mehr gelangweilt und war dementsprechend froh, als ich das Buch endlich zuschlagen konnte.

Der Roman und ich - das ging einfach nicht zusammen...


© Parden

von: Christine Westermann
von: Thomas Bugnyar
von: Jacqueline Woodson
 
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