Rezension Rezension (2/5*) zu Der Weg nach Los Angeles: Roman von John Fante.

Helmut Pöll

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9. Dezember 2013
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München
Buchinformationen und Rezensionen zu Der Weg nach Los Angeles von John Fante
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Tagträume eines boshaften Fantasten

Der 1909 in Colorado geborene und 1983 in Los Angeles verstorbene Schriftsteller John Fante gehört zur Riege jener Autoren, denen erst postum die literarische Anerkennung zuteil wurde, nach denen sie sich ein Leben lang vergeblich verzehrten. US-Kultautor Charles Bukowski, Fantes Bruder im Geiste, nannte ihn seinen "Gott". Wie Fante hat sich auch Bukowski mit dem Leben in gesellschaftlichen Randgruppen auseinander gesetzt und diese Leben schonungslos porträtiert. Und der Fürsprache des berühmten Verehrers ist es wohl mit zu verdanken, dass Fantes Bücher wiederentdeckt und späte Würdigung erfahren haben.

"Der Weg nach Los Angeles" ist Fantes Erstling, geschrieben zu Beginn der 1930er Jahre. Der 18jährige Held dieser Geschichte, Arturo Bandini, lebt mit Mutter und Schwester in sehr bescheidenen Verhältnissen nicht weit von Los Angeles. Die Familie ist aus Italien eingewandert.

Arturo liebt Sprache, liest Nietzsche und träumt von einem Leben als Schriftsteller. Aber die Realität ist meilenweit von diesem Traum entfernt und führt ihn tagsüber zur Arbeit in die Fischfabrik. Er ist auf der sozialen Leiter ganz unten. Das ist der Stoff, aus dem eine bewegende Geschichte hätte entstehen können, etwa ein Portrait einer typischen italoamerikanischen Einwandererfamilie mit all ihren Sorgen und Nöten oder auch die Geschichte eines Aufsteigers, der es unter widrigsten Umständen mit Biss und Charakter doch noch nach oben schafft. Fante hat später mit "1933 war ein schlimmes Jahr" tatsächlich so eine Erzählung geliefert.

"Der Weg nach Los Angeles" ist all das nicht. Das liegt vor allem am Protagonisten dieser Geschichte. Selten findet sich in einem Roman eine Hauptfigur, die so ganz und gar unsympathisch ist. Arturo ist ein Großmaul, ein Angeber, ein Rassist, ein Tierquäler. Er sieht ausnahmslos auf alle herab, ohne dass es für diese Arroganz in der Realität irgendeine Grundlage gäbe. Dieses Verhalten mag der Wut auf seine sozialen Umstände geschuldet sein, eine Entschuldigung ist es nicht.

Natürlich ist die Geschichte der Literatur auch die Geschichte der menschlichen Ungeheuer und Unsympathen. Für den Leser interessant werden diese Figuren aber dann oft erst durch die außergewöhnliche Geschichte, die sie voran treiben oder auch eine Weiterentwicklung und Wandlung, in der verschütt gegangene menschliche Züge wieder zum Vorschein kommen. Bei Arturo gibt es weder das eine noch das andere. Schade.

von: Jodi Picoult
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