Rezension (2/5*) zu Der Menschenfeind (insel taschenbuch) von Molière

Yolande

Bekanntes Mitglied
13. Februar 2020
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49
Leider langweilig

Der Menschenfeind (Le Misanthrope) ist eine Komödie des französischen Theaterautors Molière, die 1666 in Paris uraufgeführt wurde. Sie handelt von Alceste, einem Adligen, der es leid ist, sich anderen gegenüber einzuschmeicheln und deshalb rundheraus seine Meinung kundtut ohne sich um die Konsequenzen zu scheren. In seiner Liebe zu Célimène lässt er sich im Gegensatz dazu nicht beirren, auch wenn diese gerne mit anderen Männern kokettiert. Es heißt Le Misanthrope sei das am meisten autobiografische Stück Molières.
Das vorliegende Buch ist eine Neubearbeitung des deutschen Dichters und Schriftstellers Hans Magnus Enzensberger. Er versetzte die Handlung vom französischen Hof in den Bonner Polit- und Gesellschaftsbetrieb. Die Sprache ist modern, obwohl Enzensberger die Reimform beibehält.
Leider habe ich bei der Auswahl meiner Lektüre nicht aufgepasst, denn ich hätte lieber eine „normale“ Übersetzung des Originals gelesen. Es lässt sich aufgrund der modernen Sprache natürlich leichter lesen, aber dass die Figuren telefonieren und von „Metallic-Lack“ und „Schickeria“ sprechen, fand ich ziemlich befremdlich. Ich schätze an Molières Komödien den Witz und die feine Ironie, mit der auf die herrschenden Verhältnisse angespielt werden, doch das lässt diese Neubearbeitung leider gänzlich vermissen. Es liest sich fast wie eine Abrechnung mit der gehobenen Gesellschaft, was besonders in den Erklärungen Enzensbergers am Ende des Buches hervortritt. Ich fand es langweilig und denke, dass ich doch noch einmal zu einer älteren Übersetzung greifen werde, die sich mehr an das Original hält.

 
Zuletzt bearbeitet:

Die Häsin

Bekanntes Mitglied
11. Dezember 2019
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16.623
49
Rhönrand bei Fulda
Ich hatte mal aus der Stadtbücherei eine Ausgabe mit gereimtem Text. Die fand ich genial. Vor Jahren gab es im TV eine werktreue Verfilmung auf der Grundlage dieser Übersetzung - ich erinnere mich noch an die letzten Zeilen "Ihm nach, Madame! Es muss uns doch gelingen, von seinem Wahn ihn endlich abzubringen". Sowas bleibt hängen .... :rofl

Später hatte ich eine andere Übersetzung (die ich inzwischen auch nicht mehr habe), die zwar in Verse gebracht, aber nicht gereimt war.

Eine Übertragung in modernes Deutsch würde ich nicht mögen. Aber es gibt sehr witzige, von diesem Stück inspirierte Filme und Stücke.
 

Wandablue

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18. September 2019
9.602
21.863
49
Brandenburg
Eine Herüberholung ins Heute glückt nicht immer, ich kann die Enttäuschung sehr gut verstehen. Bei ShakespeareDramen bin ich auch immer hin- und hergerissen, manche Neuinterpretationen gehen total in die Hose - andere wiederum sind genial. Danke für die Rezension. Klare Worte!