Rezension (2/5*) zu Der falsche Gruß: Roman von Maxim Biller

Renie

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19. Mai 2014
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Leider konnten wir zu diesem Buch keine Daten ermitteln.
Ein Roman für das Feuilleton

Was hätte man Großartiges aus dem Anfang des Romans "Der falsche Gruß" von Maxim Biller machen können:

Erck Dessauer, ein angehender junger Schriftsteller im Berlin der Jahrtausendwende lässt zeigt in der Öffentlichkeit den Hitlergruß.

Natürlich stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, warum Erck sich zu solch einer Geste hinreißen ließ. Nur wird diese Frage in diesem Roman nicht beantwortet.

Erck Dessauer hat einen Widersacher: Hans-Ulrich Barsilay, der scheinbar ein bekannter und wichtiger Mensch in der Berliner Kulturszene ist. Diesem Barsilay galt der Hitlergruß, und mit dieser Situation beginnt der Roman. Die Handlung wird dabei aus der Sicht von Erck erzählt, der im weiteren Verlauf des Romans einen Einblick in sein bisheriges Leben gewährt. In bruchstückhaften Erinnerungen erzählt er aus seiner Vergangenheit. Seine Kindheit hat er zu DDR-Zeiten in Rostock verbracht, später ging es nach Berlin. Sein Studium hat er geschmissen, später gelang es ihm, ein paar freiberufliche Jobs in der Kulturszene zu ergattern. Über die Jahre ist ihm der Journalist und Autor Barsilay immer wieder über den Weg gelaufen, was bei Erck mehr Eindruck hinterlassen hat als bei Barsilay. Mehr Beachtung findet Erck bei Barsilay als er ihm einen Buchvertrag wegschnappt. Denn Erck veröffentlicht ein Buch, das Barsilay eigentlich hätte schreiben sollen.

Wir lernen die Figur Barsilay durch die Augen von Erck kennen. Anfangs scheint er ihn noch zu bewundern, doch später scheint sich eine Hassliebe zu ihm zu entwickeln, so dass der Leser keine andere Chance hat, als das Negativbild, das Erck von Barsilay zeichnet, zu übernehmen.

Ercks Antriebsfeder für sein Handeln scheint diese Hassliebe zu Barsilay zu sein. Doch leider gibt es keine Entwicklung des Protagonisten Erck. Er bleibt für mich in diesem Roman farblos und nichtsagend. Sein Verhalten ist völlig unverständlich.

Maxim Biller bleibt mit seinem Roman schrecklich nebulös. Je tiefer man sich als Leser in diesen Nebel hineinwagt, umso genervter stochert man nach Erklärungsansätzen, die Klarheit in ein erzählerisches Wirrwarr bringen. Es blitzen viele Ansätze auf, doch die lassen sich kaum greifen und weiterentwickeln.

Folgende Frage bleibt daher offen: Welche Botschaft will der Autor mit seinem Roman vermitteln? Mit einer Antwort auf diese Frage ergibt sich auch schon die nächste: Warum schreibt Maxim Biller seinen Roman nicht so, dass man diese Botschaft auch versteht?

Dieser Roman ist ein Interpretationsmoloch, denn hier lässt sich lustig nach Ansätzen suchen, um Herrn Biller auf die Spur zu kommen. Es empfiehlt sich, die Buchbeschreibung des Verlags entweder gar nicht oder erst dann zu lesen, wenn man sich seiner eigenen Meinung zu diesem Buch sicher ist. Ansonsten läuft man Gefahr, dass man in seiner Wahrnehmung des Inhalts vorab beeinflusst wird.
Vielleicht begebe ich mich auf die Suche nach ein paar Interviews mit dem Autor, um Klarheit zu bekommen, was Herr Biller uns mitteilen wollte, was das Buch aber dadurch für mich nicht besser macht. Literatur muss zwar nicht massentauglich sein, aber zumindest mengentauglich. Für einen halbwegs gebildeten Leser sollte das Buch eines ernsthaften Schriftstellers daher verständlich sein. Für mich ist "Der falsche Gruß" aber eher Feuilleton-tauglich, oder tauglich für befreundete und wohlgesonnene Schriftstellerkollegen oder für die Verwandtschaft des Autors. Deren Wohlwollen kann ich mich leider nicht anschließen.

© Renie


 

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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Warum, warum nur habe ich das Gefühl, dass wir in diesem Forum keinen Roman mehr von Herrn Biller lesen? :oops::p:D
 
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Reaktionen: RuLeka

Wandablue

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Brandenburg
Wenn Herr Biller uns genau so arrogant abfertigen wollte / würde (was durchaus zu erwarten ist) wie er das in den Literaturformaten mit den anderen blesenen Gästen tut, in denen ich ihn mal "bewundern" durfte, dann verzichte ich von vornherein.
Ich würde gerne eine Roman lesen über jemanden und dessen Beweggründe, der den Hitlergruß fabriziert.