Rezension (2/5*) zu Der falsche Gruß: Roman von Maxim Biller

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Leider konnten wir zu diesem Buch keine Daten ermitteln.
Die unheilvolle Begrüßungsgeste

Erck Dessauer will als Schriftsteller groß rauskommen. Als junger Mann ist er von Leipzig nach Berlin gezogen. Zwar hat er sein Studium nicht abgeschlossen. Doch nun hat er den Vertrag mit einem Verlag in der Tasche. Wenn da nur nicht der berühmte Autor Hans Ulrich Barsilay wäre. Bei einer zufälligen Begegnung konfrontiert Erck den Juden aus dem Affekt mit dem Hitlergruß. Das kann nicht ohne Folgen bleiben - oder?

„Der falsche Gruß“ ist ein Roman von Maxim Biller.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus zwölf Kapiteln. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Erck, und zwar rückblickend aus dem Jahr 2012. Die eigentliche Handlung spielt vorwiegend um die Jahrtausendwende. Durch ständige Zeitsprünge fällt es nicht leicht, die einzelnen Episoden zu sortieren. Mal geht es um Ercks Kindheit, mal die Teenagerjahre, mal die Studienzeit und mal die jüngere Vergangenheit.

Auch der Schreibstil macht es den Leserinnen und Lesern nicht einfach. Verschachtelte Sätze werden kombiniert mit Anglizismen, Abkürzungen und Fachtermini. Zudem werden immer wieder unnötig viele Namen in den Raum geworfen. Positiv stechen allerdings kreative Wortschöpfungen und -witze heraus.

Der Protagonist ist eine Art Antiheld. Erck ist ein recht feiger Einzelgänger ohne Freunde, ein leicht zu beeinflussender Unsympath mit Minderwertigkeitskomplexen und starker Unsicherheit, der aber zugleich ein großes Geltungsbedürfnis hat. Kaum besser gefallen hat mir der Gegenpart Barsilay, den wir jedoch nur durch Ercks Brille kennenlernen.

Die Handlung an sich mutet teilweise etwas übertrieben und absurd an. Vielleicht ist mir an einigen Stellen der spezielle Humor des Autors entgangen. Vielleicht darf man das Gelesene nicht immer allzu wörtlich nehmen. Mir hat sich jedenfalls nicht alles erschlossen.

Inhaltlich soll es nach Verlagsangaben um Opportunismus, neuen Nationalismus und politische Korrektheit gehen. Diese Aspekte konnte ich aus der Geschichte jedoch nicht herauslesen. Für mich sind vor allem extreme politische Anschauungen im rechten und linken Spektrum sowie historische Debatten hängen geblieben. Allerdings hatte ich den Eindruck, dass der Autor noch sehr viel mehr in den Roman packen wollte, mit dem er mich aber nicht erreichen konnte. Obwohl der Roman nur 120 Seiten umfasst, haben mich einige Passagen gelangweilt.

Das Cover finde ich passend. Der prägnante Titel ist ebenfalls treffend gewählt.

Mein Fazit:
„Der falsche Gruß“ von Maxim Biller ist ein Roman, der mich etwas ratlos zurücklässt. Eine schwer zugängliche, etwas chaotisch erzählte Lektüre, mit der ich leider wenig anfangen konnte.

 
Zuletzt bearbeitet:

Literaturhexle

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2. April 2017
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Obwohl ich dem Fazit entnehmen konnte, dass euch der Roman ratlos zurückgelassen hat, finde ich deine Rezension hervorragend! Als ihre Leserin weiß ich, worum es geht, wo die Knackpunkte liegen, was nicht verstanden werden konnte. Man weiß, woran man wäre, und kann entscheiden. Du bleibst vollkommen sachlich.
Ich lese den falschen Gruß auf alle Fälle nicht.