Rezension Rezension (2/5*) zu Bis du alles verlierst von Adele Parks.

parden

Bekanntes Mitglied
13. April 2014
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Niederrhein
www.litterae-artesque.blogspot.de
Leider nur ein Möchtegern-Thriller...

Alison hat sich ihr perfektes Leben hart erarbeitet. Sie ist verheiratet mit Jeff, hat ein schönes Haus und eine kluge Tochter: Katherine, das Zentrum von Alisons Welt. Doch dann endet Alisons Leben, so wie sie es kennt. Ein Fremder steht vor der Tür und offenbart ihr eine schreckliche Wahrheit. Vor fünfzehn Jahren wurden seine und ihre Tochter im Krankenhaus vertauscht. Und damit nicht genug. Katherine droht wahres Unheil …

Dieser Klappentext las sich wahrlich spannend, und so wurde ich neugierig auf das Buch. Tatsächlich startet der Prolog auch gleich mit dem Fremden an der Tür, und Alisons Welt beginnt zu bröckeln. Auch erfährt der Leser rasch, welche Gefahr der 15-jährigen Katherine droht - der Fremde berichtet, dass seine Frau vor kurzem an Krebs gestorben sei und dass es sein könne, dass Katherine dieses Gen ebenfalls in sich trage. Naheliegend, dass die bislang heile Welt Risse bekommt, dass sich Ängste und gegenseitige Vorwürfe Bahn brechen.

Aber was hat das alles mit einem Thriller zu tun? Na, eben: nichts. Um hier nichts Falsches zu sagen, habe ich bei Wikipedia mal nach der Definition von 'Thriller' geforscht und bin auf Folgendes gestoßen:

"Charakteristisch für Thriller ist das Erzeugen eines Thrills, einer Spannung, die nicht nur in kurzen Passagen, sondern während des gesamten Handlungsverlaufs präsent ist, ein beständiges Spiel zwischen Anspannung und Erleichterung."

Und da muss man bei diesem Buch leider sagen: Fehlanzeige. Ganz im Gegenteil. Die Handlung zieht sich in vielen Passagen in die Länge, es geht nichts voran, und auch wenn man sich beim Lesen immer wieder fragt, was hier eigentlich nicht stimmt, reicht dies kaum aus, um von 'Spannung' zu sprechen. Erst im letzten Viertel driftet das bis dahin eher lahme Familiendrama in das Thriller-Genre ab, doch da war ich dann so weit zu sagen: zu spät. Die Spannung erfasste mich nicht mehr wirklich, und ich war mir sicher, wie das Buch ausgehen würde: zu Recht.

Grundlegend für meine Enttäuschung war wohl auch Katherines Mutter Alison, aus deren Ich-Perspektive die Geschichte erzählt wird. Ein derart (wohl ungewollt) unsympathischer Hauptcharakter ist mir bislang selten begegnet: weinerlich, unselbständig, ohne eigene Meinung, sich selbst gerne an allem die Schuld gebend, klammernd, Helikoptermama, ohne nennenswerte Freunde - niemand also, mit dem man gerne zu tun haben möchte. Adele Parks hat hier wohl versucht, mit psychologischen Hintergründen zu arbeiten (Alison hatte keine schöne Kindheit und Jugend), doch wirkt das ganze auf mich wenig authentisch und eher stümperhaft - sorry.

Die Idee mit den vertauschten Kindern und dem möglicherweise tödlichen Gen hätte Potential für ein wirkliches Drama gehabt, zur Anbahnung eines Thrillers, der sich erst im letzten Viertel zeigte, war sie wohl weniger geeignet. Ein flüssiger Schreibstil sorgte dafür, dass die Lektüre dennoch flott vonstatten ging.

Dieser Möchtegern-Thriller konnte mich leider nicht überzeugen. Schade...


© Parden