Rezension (1/5*) zu Papas Mädchen von Noah Fitz

Eb00

Neues Mitglied
18. Februar 2023
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München, DE
Enttäuschend

In "Papas Mädchen" von Noah Fitz schlüpfen wir - jedenfalls für den Großteil des Buches - in die Ich-Perspektive der 16-jährigen Pia, die in einem kleinen Dorf mit dem abstrusen Namen Waldhausendorf bei ihrer Mutter und ihrem Stiefvater lebt. Dieser vergewaltigt sie und ihre Mutter regelmäßig, auch zusammen mit einer Gruppe von Jagdfreunden. Als dann Viktor - der Enkel eines dieser Jagdfreunde - im Dorf auftaucht und als einziger auf Pias Seite zu stehen scheint, schmiedet sie einen Racheplan.

Dieses Buch ist das erste, das ich je gelesen habe, an dem wirklich alles schiefläuft. Die Figur der Pia ist unglaubwürdig - jedenfalls schien es mir schwer zu glauben, dass ein Mädchen, das durch jahrelange Gruppenvergewaltigungen und andere schwerste körperliche Misshandlungen traumatisiert ist, bereits 2 Minuten nachdem sie Viktor kennenlernt überlegt, ob sie vielleicht in ihn verliebt ist. Und auch die anderen Figuren sind absolut nicht in sich logisch. Sie wechseln völlig willkürlich den Sprachstil und das Auftreten und bleiben dabei allesamt blass. Insbesondere die Polizeibeamten, die in der zweiten Hälfte des Buches auftauchen, erlauben sich einen Fauxpas nach dem anderen. So scheinen sie zum Beispiel von der Unschuldsvermutung noch nie gehört zu haben. Einen solchen Polizisten kann man zwar schreiben, aber doch bitte nur dann, wenn das auch der Geschichte dient und gewollt aussieht. Hier wirkt es einfach nur unbeholfen.

Dieses Adjekiv ist wohl am besten geeignet, um das Buch zu beschreiben. Es gibt keinen wirklichen Spannungsbogen, die Figuren sind dem Leser gleichgültig und die Auflösung ergibt keinen Sinn. Es gibt völlig unnötige Gewaltszenen, die offenkundig nur schockieren sollen, sonst aber nicht wirklich einen Zweck erfüllen. Ein guter Autor hätte diese zwar verwenden können, um mehr charakterliche Tiefe in die Hauptfiguren einzuführen, doch hier trägt das ganze im Gegenteil eher dazu bei, sie unglaubwürdiger zu machen.

Nicht nur die Figuren ändern regelmäßig ihren Sprachstil, auch die Erzählung selbst. Wir wechseln von normaler Alltagssprache (die im Kontext der mäßig intelligenten Charaktere auch völlig in Ordnung ist) hin zu gestelzten Wörtern, die so gar nicht passen wollen. Zusätzlich gibt es keinerlei sinnvolle Überleitung zwischen den einzelnen Szenen. Es macht den Eindruck, als hätte Fitz sich zu Beginn des Schreibprozesses eine Brainstorming-Liste gemacht, was in so ein Buch mit rein könnte, diese Liste dann in Thrillerform runtergeschrieben und schließlich veröffentlicht, ohne sich sein Werk nochmal durchzulesen. Wäre dieses Buch länger gewesen als 230 Seiten und hätte der Autor mehr Zeit darauf verwendet, seine Geschichte, die eigentlich durchaus Potential hat, schlüssig zu erzählen, dann wäre am Ende vielleicht ein passabler Thriller herausgekommen. So bleibt "Papas Mädchen" eine absolute Enttäuschung, die zu lesen ich beim besten Willen keinem empfehlen kann.

von: Noah Fitz
von: Phillip P. Peterson
von: Judith Merchant
 
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Reaktionen: Die Häsin

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Ich wundere mich immer wieder, dass jemand solche Bücher überhaupt ausliest.
Was natürlich keine Kritik an der Rezi sein soll. Im Gegenteil, vielen Dank dafür!
Bin selbst Thrillerliebhaberin, aber es gibt auf diesem Gebiet immer mehr Schund. :rolleyes:
 

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