Rezension (1/5*) zu Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest von Eva-Maria Zurhorst.

Xirxe

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19. Februar 2017
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Blablabla

Dieses Buch strotzt vor Pauschalierungen, Binsenweisheiten und Übertreibungen. Und selbst die für Psychotherapeuten so wichtige Einstellung, den für jeden einzelnen Patienten jeweils richtigen Weg zu finden (ohne die Auffassung des Therapeuten als die einzig wahre darzustellen), wird aufgegeben.
Nun aber zu den Beispielen für meine Behauptungen:
- Bereits im Vorwort auf Seite 19 erklärt die Autorin, dass jede Beziehung geheilt werden kann - und zwar, weil es bei ihr und ihrem Mann geklappt hat. Tolle Begründung!
- Auf Seite 21/22 beschreibt sie ihre Empfindungen/Gefühle als FÜNFjährige: ...Ich hatte das Gefühl, das Leben sei nicht echt. Ich beobachtete die Menschen und fragte mich, ob sie wohl alle Bescheid wüssten und nur ich keine Ahnung hätte. Ängstlich stellte ich mir vor, dass die Personen um mich herum vielleicht nur Schauspieler wären, die sich ein Theaterstück ausgedacht hätten....". Offenbar ein Wunderkind! Und dass sie sich daran auch so detailliert erinnern kann....
- Auf Seite 40 wird dargelegt, dass die Menschen, sozusagen genetisch bedingt, immer auf der Suche nach dem anderen Geschlecht sind: Nichts zwingt uns mehr als die Ehe zu erkennen, dass wir als Individuum keineswegs allumfassend sind, dass uns immer etwas -nämlich unsere bessere Hälfte- fehlt, dass wir nur Mann, nur Frau sind." Singles, Schwule, Lesben, Nonnen, Mönche... können daher wohl nie glücklich werden. Denn lt. Seite 76: Sozusagen das Urgefühl unserer Mangelhaftigkeit ist die Tatsache, dass wir als Mann oder als Frau auf die Welt gekommen sind."
- Auf Seite 176 wird dann noch ein weiterer Grund für viele der Problem dargestellt: "Die Frau ist wie ein See, der Mann wie ein Fluss, der in diesen See hineinfließt. Die Gesundheit, Lebendigkeit und Klarheit des Sees hängen vor allem von der Beschaffenheit des Flusses ab, der ihn speist. Wird der Fluss auf seinem Weg irgendwo verschmutzt, werden gar dauerhaft Gifte oder Abwässer in ihn eingeleitet, gelangt all dies unwillkürlich in den See. Jeder See ist nur so gut wie der Fluss, von dem er versorgt wird." Ich wusste doch schon immer, dass Frau ohne Mann einfach nicht existenzfähig ist....
- Auf Seite 239 wird es dann ernst: ...., dass ich heute behaupte, Gott sei die Lösung für alle Probleme." Was hat Gott denn in einer Therapie zu suchen? Als Therapeutin ist sie verpflichtet, zusammen mit ihren Patienten den für sie jeweils richtigen Weg zu finden. Und nicht ihre Vorstellung davon dem Patienten aufzudrücken.

Undsoweiter, undsofort. Es gibt zahlreiche weitere Beispiele, doch der Platz wird knapp.
Fazit: Lieber Die Kunst des Liebens" von Erich Fromm kaufen (von dem sich einiges bei Frau Zurhorst wiederfindet). Meiner Meinung nach das Standardwerk (?) zu diesem Thema. Und dazu auch noch in einer klaren und deutlichen Sprache geschrieben.

 

Helmut Pöll

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9. Dezember 2013
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München
Fazit: Lieber Die Kunst des Liebens" von Erich Fromm
Bei Fromm kann man im Grunde nichts falsch machen, @Xirxe . Ohne das Buch zu kennen ist mir eine Sache aufgefallen, die mir auch schon bei anderen Ratgebern anderer Autoren begegnet ist. Wer im ersten Beruf Journalist oder Kommunikationsberater ist, fühlt sich mitunter schnell mal berufen therapeutische Werke unters Volk zu bringen. Frei nach dem Motto: kann ja nicht so schwer sein, sind ja auch nur Wörter.

Spontan fällt mir auch ein Buch über verlassene Eltern ein, das vor einigen Monaten durch die Medien geisterte, wo ich sehr ähnliche Kritiken wie Deine gelesen habe. Auch hier ist das Buch aus journalistischer Feder. Fromm dagegen war primär und immer Psychoanalytiker. Der wäre sicher auch nicht auf die Idee gekommen einen Ratgeber zur Autoreparatur zu schreiben.
 

Xirxe

Bekanntes Mitglied
19. Februar 2017
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Wer im ersten Beruf Journalist oder Kommunikationsberater ist, fühlt sich mitunter schnell mal berufen therapeutische Werke unters Volk zu bringen. Frei nach dem Motto: kann ja nicht so schwer sein, sind ja auch nur Wörter.
Ja, vielleicht auch, weil sie im privaten Umfeld in dieser Hinsicht Erfolgserlebnisse hatten und nun denken: Na, dann kann ich ja auch die Menschheit beglücken ;)
Fromm dagegen war primär und immer Psychoanalytiker. Der wäre sicher auch nicht auf die Idee gekommen einen Ratgeber zur Autoreparatur zu schreiben.
Lach, der Vergleich ist herrlich :)