Ich habe heute erst "Vom Ende einer Geschichte" zu Ende gelesen. Eure Kommentare habe ich mit großem Interesse gelesen.
Mich hat die Novelle, die ohne Zweifel vom Stil her ganz toll geschrieben ist, etwas ratlos zurückgelassen. Ich finde es geht ein bisschen um zu viel in dem Buch.
Da ist zum einen das Thema, das von euch diskutiert wurde: inwieweit stimmt die Geschichte, die ich mir selbst über mich und mein Leben erzähle, mit der "Wirklichkeit" überein. Inwieweit stimmen Fremdbild und Selbstbild überein. Diesen Teil stellt Barnes toll dar. Bei seinen Rückblenden deutet er immer wieder an, dass es nur seine Erinnerung ist bzw. dass das alles ganz anders gewesen sein könnte usw. Das Bild vom eigenen Leben wird immer unschärfer. Er selbst erlebt sich als "Leisetreter" aber der Brief aus seiner Vergangenheit zeigt einen sehr emotionalen, aufbrausenden und rachesüchtigen Mann. Später stellt sich heraus, dass er auch das Bild, das er ein Leben lang von seinem verehrten Freund Adrian hatte, neu zeichnen muss!
In dem Buch wird aber noch ein anderes Thema angesprochen: das Thema der Schuld. Hier wird es mir zu kompliziert. Es soll dargestellt werden, dass selbst ein so zurückhaltender Mann wie Tony dramatisch in das Leben Anderer eingreifen kann, eher unbeabsichtigt. Also im Sinne: Wenn wir leben heißt das automatisch, dass wir andere Leben beeinflussen...z.B. wenn wir eine Beziehung beenden oder jemanden verletzend kritisieren usw. Ja das stimmt alles, aber in dieser Geschichte ist die Schuld, die Tony aus der Sicht von Veronika hat, für mich nicht nachvollziehbar. Nur weil er Adrian geraten hat, sich an die Mutter Veronikas zu wenden oder das Paar Veronika/Adrian verflucht hat???Das erscheint mir zu weit hergeholt...oder ist es die Absicht des Autors so subtil zu sein?
Insgesamt gibt das Buch auf jeden Fall Anlass zum Nachdenken über das eigene Bild, das wir von uns selbst und von unserem Leben haben. Es macht Lust noch weitere Bücher von Barnes zu lesen.