Oliver Hassenkamp - Burg Schreckenstein

R. Bote

Autor
20. Dezember 2014
251
269
34
rene-bote.jimdo.com
Ich habe heute erstmals gelesen, dass im Oktober die Verfilmung von Oliver Hassenkamps Serie Die Ritter von Burg Schreckenstein in die Kinos kommen soll (geplanter Start: 27. Oktober). Das würde mich ja fast schon reizen, das war eine Lieblingsserie meiner Kindheit, aber was ich dann darüber gelesen hab, lässt mich doch zweifeln, ob der Film dem Charme der Bücher gerecht wird. Allein aufgrund der Besetzung mit Henning Baum als Rex* und Harald Schmidt als Graf Schreckenstein, genannt Mauersäge*, habe ich das Gefühl, dass der Film zu klamaukig werden könnte. Aber ich werd's mal im Auge behalten.

*Nichts gegen die Schauspieler an sich! Ich kann sie mir nur einfach nicht in den Rollen vorstellen.
 

R. Bote

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Ich frage mich gerade, warum mir jetzt erst auffällt, dass ich die Burg, die Burg Schreckenstein in der Außenansicht spielt, ziemlich gut kenne. Es handelt sich um Schloss Taufers bei Sand in Taufers (ital. Campo Tures) am Übergang des Tauferer Tals ins Ahrntal in Südtirol; man erkennt sogar beim Blick aus dem Auto die Brücke, die in Sand unterhalb der Burg über die Ahr führt. Die Straße, die am Anfang des Trailers zu sehen ist, könnte die von Kematen nach Sand sein, also tatsächlich unterhalb der Burg, aber um das zu erkennen, reicht die Auflösung nicht; so oder so, da muss ich doch glatt gucken, ob ich unter den Komparsen ein bekanntes Gesicht finde.
 

R. Bote

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So, obwohl ich die Trailer nicht so ermutigend fand, habe ich mir den Film gegeben. Um es vorwegzunehmen: Ich war angenehm überrascht. Ja, es ging nicht ohne einen Rapsong mit entsprechender Tanzeinlage (das geht ja bei Verfilmungen von Kinderbüchern heute offenbar gar nicht mehr) und den einen oder anderen eher derben Gag (auch die müssen für die Kids von heute offenbar sein, zumindest nach Meinung der Filmemacher). Insgesamt bleibt der Film aber überraschend nah an der Stimmung der Bücher, und die Handlung ist in sich stimmig und spannend erzählt. Die Schauspieler haben die Rollen zum größten Teil so verkörpert, wie man sie aus den Büchern kennt, das gilt für die Erwachsenen um Henning Baum (Rex), Harald Schmidt (Graf "Mauersäge" Schreckenstein) und Sophie Rois (hervorragend als Dr. Horn, da hatte ich nach dem Trailer das Schlimmste befürchtet) genauso wie für wie die Jungdarsteller; die Zerrissenheit zwischen "natürlicher" Feindschaft und persönlicher Anziehung von Stephan und Bea(trix), auch in den Büchern oft zentrales Thema, wird greifbar, Dampfwalze ist so poltrig und eifersüchtig und zugleich verlässlicher Freund, wenn man seine Freundschaft erst mal gewonnen hat, wie im Buch. Etwas abgefallen sind die Darsteller von Mücke (mehr kindisch als gewitzt), Ottokar (die Abgeklärtheit des streicherfahrenen Schulkapitäns kommt nur in einer Szene ansatzweise rüber) und Strehlau (dessen Rolle gegenüber dem Buchcharakter, der meistens seine Pianistenhände schont, aber auch völlig verändert wurde).

Ein ernster Kritikpunkt ist, dass die Ritter gelogen haben wie gedruckt. Wurde in den Büchern die Wahrheit allenfalls durch geschicktes Weglassen und kreative Ausdrucksweise in der Wahrnehmung des anderen anders wirken gelassen, so lügen die Schüler dem Rex im Film glattweg ins Gesicht. Da wird dem Erbe Oliver Hassencamps Unrecht getan, und ich frage mich, ob die Macher Angst hatten, dass Ehrlichkeit den Kindern von heute nicht mehr zu vermitteln ist.

Ich habe natürlich immer auch ein Auge auf den Drehort gehabt und freue mich, dass die Atmosphäre, die der Burg als solcher eigen ist, perfekt ausgenutzt wurde. Die Ausstattung der Räume wurde vielfach nur wenig verändert, Prunkstück ist in der Hinsicht die Bibliothek. Burg Taufers hat eine sehr schöne Bibliothek, die so unverändert im Film zu sehen ist, mit den Bücherregalen an den Stellen, an denen sie immer stehen, der schönen Kassettendecke, die leicht durchhängt, und sogar dem grünen Kachelofen, der nicht so ganz zum Rest passt - wunderbar!

Fazit: Gerade im Vergleich zu anderen Kinderbuchverfilmungen der letzten Zeit eine positive Ausnahme. Nicht ganz ohne Schwächen, aber nah genug an den Büchern und als Film selbst handwerklich hervorragend gemacht.