Nélida Piñon

Tiram

Bekanntes Mitglied
4. November 2014
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Nélida Piñon (* 3. Mai 1937 in Rio de Janeiro) ist eine brasilianische Schriftstellerin. Die Tochter spanischer Einwanderer aus Galizien wurde am 27. Juli 1989 zum Mitglied der Academia Brasileira de Letras (Sitz 30) gewählt, von 1996 bis 1997 war sie die erste weibliche Präsidentin der Akademie. Sie gilt heute als eine der führenden SchriftstellerInnen Brasiliens.

Sie arbeitete für die Zeitung O Globo und die Zeitschrift Cadernos Brasileiros als Journalistin und gab Schreib-Workshops an verschiedenen Universitäten.

1961 erschien ihr erster Roman: Guia-Mapa de Gabriel Arcanjo. Er handelt von einer Protagonistin, die mit ihrem Schutzengel über die christliche Lehre diskutiert. Richtig bekannt wurde sie durch zwei erotische Romane in den 1970er Jahren: A casa de paixão (Das Haus der Leidenschaft) und A força do destino (Die Macht des Schicksals).

Ihren vielleicht größten Erfolg erzielte sie 1984 mit dem Buch A Republica dos Sonhos (Die Republik der Träume). Hier geht es um Generationen einer Familie, die nach Brasilien ausgewandert sind; sie konnte auf die Erfahrungen ihrer eigenen Familie zurückgreifen.

Leseprobe aus "Erkundungen - 38 brasilianische Erzähler", Verlag Volk und Welt Berlin 1988:

Natürliche Grenze

Er brach mittags zur Hölle auf. Ein bekannter Weg, das ganze Dorf kannte ihn. Er war schon immer die natürliche Grenze. Kein Wächter hielt die eigensinnigen auf. Im Gegenteil, von dort strömte ein harmonischer Duft aus. Die sich schließlich entschlossen, sie zu besuchen, gaben Unternehmungslust als Grund an, oder einfache Neugierde. Obwohl viele widerstanden, zwischen inneren Stürmen und Fluchten.

Bei dieser Überschreitung, dem meistdiskutierten Ereignis dieser Regionen, wurde Vorsicht angeraten. Jene, die beabsichtigten, ihre Grenzen zu überschreiten, womöglich dem Zwang gehorchend, andere Gegenden zu erforschen, wußten sehr wohl, was sie erwartete.

Die meisten blieben dort für immer. Vielleicht dem Tode verfallen, zumal alles darauf hindeutete. Welch andere Existenzberechtigung sollte dieses seltsame Reich haben, wenn man sogar daran zweifelte, daß es dort ein gewalttätiges Leben gab?...