M/W/D: Wie gendergerecht habt ihr im Jahr 2021 gelesen?

Barbara62

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19. März 2020
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Ich habe genau 70 Bücher gelesen/gehört und rezensiert:

von Männern 30, von Frauen 39, ein Buch stammt von einem Autorenduo männlich/weiblich.

Das Ungleichgewicht könnte darin begründet sein, dass ich auch einige Kinderbücher rezensiert habe und die in der Mehrzahl von Frauen waren.

Ansonsten denke ich, dass ich einigermaßen ausgeglichen lese, ohne dass das bei mir bei der Auswahl im Vordergrund steht. Es ergibt sich einfach, vielleicht aufgrund der Themen?
 

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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ein Buch stammt von einem Autorenduo männlich/weiblich.
Das ist ein Punkt, zu dem vielleicht die Literaturcracks hier was sagen können. Wie steht es überhaupt mit Pseudonymen?
Lars Kepler ist ein Paar, Iny Lorentz ist ein Paar (soweit ich weiß). Vielleicht weiß auch nicht jeder, dass Fred Vargas eine Frau ist.
Krimis sind m.W. über lange Zeit hinweg fast ausschließlich mit Männernamen beworben worden, egal wer sie verfasst hat. Das dürfte sich inzwischen geändert haben, hoffe ich.
Ich habe jedenfalls nicht alle Namen auf meiner Leseliste daraufhin überprüft, wer sich dahinter möglicherweise versteckt ...
 

Barbara62

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19. März 2020
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Das ist ein Punkt, zu dem vielleicht die Literaturcracks hier was sagen können. Wie steht es überhaupt mit Pseudonymen?
Lars Kepler ist ein Paar, Iny Lorentz ist ein Paar (soweit ich weiß). Vielleicht weiß auch nicht jeder, dass Fred Vargas eine Frau ist.
Krimis sind m.W. über lange Zeit hinweg fast ausschließlich mit Männernamen beworben worden, egal wer sie verfasst hat. Das dürfte sich inzwischen geändert haben, hoffe ich.
Ich habe jedenfalls nicht alle Namen auf meiner Leseliste daraufhin überprüft, wer sich dahinter möglicherweise versteckt ...
Mit diesem Einwand hast du natürlich recht. Allerdings versuche ich vor einer Rezension immer, mich über den Autor/die Autorin zu informieren.
 

Helmut Pöll

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9. Dezember 2013
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Wie haltet ihr es mit der Gendergerechtigkeit?
Ich kann für mich sagen, dass ich da überhaupt nicht bewusst drauf achte. Mich muss die Geschichte interessieren. Wer diese Geschichte getippt hat ist mir dann einerlei.

Bei Krimis/Thrillern würde ich sagen liegen die Damen vorne: Fred Vargas, Camilla Läckberg, Yrsa Sigurdadottir und co.

Bei Romanen ist mein Lesegeschmack eindeutig noch männerlastig: Ian Mcewan, Julian Barnes, William Boyd, William Kent Krueger, Jean-Philippe Blondel .. aber natürlich auch die sensationelle Jane Gardam und Margareth Atwood.

Was mir gerade bei meiner Aufzählung auffällt: tendentiell sagen mir eher Bücher aus dem französischen und angelsächsischen Sprachraum zu.
 
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Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Bei Romanen ist mein Lesegeschmack eindeutig noch männerlastig:
Bei meiner Vorliebe für "Vorkriegsliteratur" habe ich naturgemäß weit mehr Männer als Frauen im Regal. Ich hatte mal einen Bekannten, Germanist und Kleinverleger, der sich gemeinsam mit seiner Schwester - eine Literaturprofessorin - für die Wiederentdeckung deutscher "Klassikerinnen" eingesetzt hat. Da gibt es, nach seiner Aussage, Frauen, die zu ihrer Zeit ebenso bekannt waren wie etwa Fontane oder Hauptmann, danach aber vergessen wurden, weil die deutsche Literaturgeschichte sie nicht in den Kanon erhoben hat.
Jener Kleinverleger hat in seinem damaligen Verlag - der schon lange nicht mehr existiert - eine Edition solcher vergessener Klassik-Autorinnen besorgt, gemeinsam mit seiner Schwester. Ich kann mich leider jetzt nur noch an Helene Böhlau erinnern, weil ich mir zwei Bücher von ihr gekauft habe. Helene Böhlau galt als eine der bedeutendsten Schriftstellerinnen ihrer Zeit (wobei "Schriftstellerinnen" hier die schreibenden Männer mit einschließt - ich mag kein Gendersternchen benutzen). Heute ist sie weitgehend vergessen aus den oben genannten Gründen. Die Edition weiblicher Klassiker in diesem Kleinverlag hat es m.W. auf etliche Bände gebracht, aber das Ganze ging in den späten Neunzigern leider über die Wupper.

Man kann dieses Buch (in einer anderen Ausgabe) heute noch bekommen. (Wer einen Blick in Böhlaus Werk tun möchte, kann das mittlerweile auch für umme beim Projekt Gutenberg.) Es handelt von den Problemen der Malerin Olly, ihre Kunst zu leben und gleichzeitig ihre Hausfrauenpflichten zu erfüllen - Helene Böhlau hat sich in mehreren ihrer Bücher mit Frauenproblemen auseinandergesetzt.


 
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Literaturhexle

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2. April 2017
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Frauen, die zu ihrer Zeit ebenso bekannt waren wie etwa Fontane oder Hauptmann, danach aber vergessen wurden, weil die deutsche Literaturgeschichte sie nicht in den Kanon erhoben hat.
Genau das schildert Nicole Seifert in dem von mir eingangs erwähnten Sachbuch sehr eindrücklich!
Ich bin sehr sicher, dass schreibende Frauen (wie alle anderen auch) jahrzehntelang benachteiligt wurden. Es war einfach Common Sense, dass sie nicht soviel drauf haben wie ihre männlichen Artgenossen.
Unglaublich: Man muss sich nur Werbung der 50er/60er Jahre anschauen - Dann bekommt man eine Vorstellung wie es z.B. 20/30/50 Jahre vorher ausgesehen hat mit der Gleichberechtigung bzw. der Ungleichbehandlung.
 

Die Häsin

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Eine kleine Plauderei zum Thema Diversität: Ich habe mir fast den ganzen Tag Mozart-Melodien und -inszenierungen reingezogen, es gab einen Thementag bei 3Sat. Abends lief die Aufzeichnung einer Zauberflöte-Aufführung von der Seebühne in Bregenz, ich weiß nicht mehr aus welchem Jahr, ist noch nicht allzu lange her.
Aufführungen der Zauberflöte bedürfen immer in irgendeiner Weise der Auseinandersetzung mit Vorurteilen: bei Monostatos "Alles fühlt der Liebe Freuden ... und ich soll die Liebe meiden, weil ein Schwarzer hässlich ist". Oder Sarastro zu Pamina: "Ein Mann muss eure Herzen leiten, denn ohne ihn pflegt jedes Weib aus ihrem Wirkungskreis zu schreiten". Man kann das natürlich stumpf so aufführen, wie es zu Mozarts Zeiten war, und sich nicht weiter drum kümmern. Aber wenn eine fruchtbare Auseinandersetzung damit gelingt, ist man doppelt zufrieden. Sarastro erwies sich am Ende ebenso als Verlierer wie die Königin der Nacht. Er nahm Monostatos seine Krücken weg, humpelte eine Weile damit herum und sank schließlich zu Boden, während das siegreiche junge Paar in regenbogenfarbiger Kleidung von der Bühne herunter ins Publikum trat. Chapeau, ein toller Einfall der Regie! Sorry für den Ausflug ins Musikalische, ich bin einfach immer noch begeistert.
 

otegami

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17. Dezember 2021
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Abends lief die Aufzeichnung einer Zauberflöte-Aufführung von der Seebühne in Bregenz, ich weiß nicht mehr aus welchem Jahr, ist noch nicht allzu lange her.
Aufführungen der Zauberflöte bedürfen immer in irgendeiner Weise der Auseinandersetzung mit Vorurteilen: bei Monostatos "Alles fühlt der Liebe Freuden ... und ich soll die Liebe meiden, weil ein Schwarzer hässlich ist". Oder Sarastro zu Pamina: "Ein Mann muss eure Herzen leiten, denn ohne ihn pflegt jedes Weib aus ihrem Wirkungskreis zu schreiten". Man kann das natürlich stumpf so aufführen, wie es zu Mozarts Zeiten war, und sich nicht weiter drum kümmern. Aber wenn eine fruchtbare Auseinandersetzung damit gelingt, ist man doppelt zufrieden. Sarastro erwies sich am Ende ebenso als Verlierer wie die Königin der Nacht. Er nahm Monostatos seine Krücken weg, humpelte eine Weile damit herum und sank schließlich zu Boden, während das siegreiche junge Paar in regenbogenfarbiger Kleidung von der Bühne herunter ins Publikum trat. Chapeau, ein toller Einfall der Regie! Sorry für den Ausflug ins Musikalische, ich bin einfach immer noch begeistert.
War eine Aufzeichnung aus dem Jahr 2013! (Wir haben's auch geschaut! ;) )
Oh ja, bei manchen Stellen hat's mir auch 'die Fußnägel hochgerollt'! (Der Mann als Krönung der Schöpfung und allein kann eine Frau nicht existieren!)
Wir waren auch begeistert von der Aufführung! By the way: hast Du neulich die Aufführung 'La Traviata' von der Wiener Staatsoper gesehen mit Violetta als Influencerin? :cool: (Mit Chatverläufen an der nackten Wand!) War schon sehr gewöhnungsbedürftig - gefallen hat mir allerdings Alfreds Vater: nicht als alter Tattergreis gezeigt, sondern als flotter 60iger mit modischer Umhängetasche!
Sorry, für das Abschweifen!
 

Literaturhexle

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Ich kann mich leider jetzt nur noch an Helene Böhlau erinnern, weil ich mir zwei Bücher von ihr gekauft habe. Helene Böhlau galt als eine der bedeutendsten Schriftstellerinnen ihrer Zeit
Klingt sehr interessant! Bestimmt gibt es etliche talentierte Schriftstellerinnen, deren Werk aus den bekannten Gründen unterging. Nur die wenigsten erreichen Neuauflagen.

Sorry, für das Abschweifen!
Das macht gar nix und ist sogar gewollt;)
 

Die Häsin

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War eine Aufzeichnung aus dem Jahr 2013! (Wir haben's auch geschaut! ;) )
Oh ja, bei manchen Stellen hat's mir auch 'die Fußnägel hochgerollt'! (Der Mann als Krönung der Schöpfung und allein kann eine Frau nicht existieren!)
Wir waren auch begeistert von der Aufführung! By the way: hast Du neulich die Aufführung 'La Traviata' von der Wiener Staatsoper gesehen mit Violetta als Influencerin? :cool:
Nein, habe ich nicht geguckt ... ich mag die Stimme von Florez nicht ... :oops:


Aber es gibt schon tolle Regieeinfälle. Vor Jahren sah ich mal eine Aufführung des Don Giovanni aus Aix en Provence, da war Giovanni ein alternder Psychotiker, dem der Komtur geplant im Rahmen einer Art Familienaufstellung präsentiert wurde. Das war sehr cool. Solche überkommenen Opernplots zeitgemäß zu präsentieren, kann eine Plage sein und auch total in die Hose gehen.
 
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RuLeka

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30. Januar 2018
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Ich greife vorrangig zu Büchern, deren Thematik mich anspricht. Außerdem gibt es seit vielen Jahren Autoren / Autorinnen, von denen ich jedes neue Buch lese.
Vor einiger Zeit schon habe ich aber in meinem Lesekreis bewusst darauf geachtet, mehr Frauen zu lesen, da zuvor die männlichen Autoren in der Überzahl waren.
Mittlerweile werden auch in den Medien sehr viel mehr Schriftstellerinnen wahrgenommen, d.h. , dass man auf deren Bücher gestoßen wird und deshalb mehr von ihnen liest. So sieht meine Statistik dieses Jahr ganz gut aus:
67 Schriftsteller
60 Schriftstellerinnen
 

Literaturhexle

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Mittlerweile werden auch in den Medien sehr viel mehr Schriftstellerinnen wahrgenommen, d.h. , dass man auf deren Bücher gestoßen wird und deshalb mehr von ihnen liest.
Ich hatte immer angenommen, die Qualität entscheide. Dem tritt Nicole Seifert allerdings vehement entgegen. Die Verlage bekämen eine solche Flut von Manuskripten angeboten, dass man problemlos Gendergerechtigkeit walten lassen kann...
Dennoch bin ich überzeugt, dass z. B. die offenbar nicht eindeutig binäre Veranlagung (sagt man das so?) der diesjährigen Deutschen Buchpreisträgerin sicherlich kein Nachteil für die Verleihung gewesen ist....
Vollkommene Gerechtigkeit ist bei den schönen Künsten schwer zu erreichen, weil bei der Bewertung eine Vielzahl von Krierien zugrunde liegt und am Ende auch der Geschmack oder Proporz entscheidet.
 

otegami

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17. Dezember 2021
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Na, da bin ich gespannt, wie es dir gefällt. Mich haben die roten Kreuze ziemlich überzeugt, sein zweites Buch schon weniger. Das dritte muss ich deshalb nicht mehr lesen:D
'Die roten Kreuze' haben ja letzte Woche durch die Liquidierung der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial eine traurige Aktualisierung erfahren! Was hat Dir am 2. Buch nicht gefallen? Ufffff, das 3. ('Die Jagd') ist ein echter Filipenko! Ich habe nur meine Probleme bei manchen Szenen (z.B. bei der Bestrafung des Anwalts): ist das jetzt Fantasie oder weigert sich nur mein westliches Hirn, mir vorzustellen, dass dies sich so in der Realität abspielen könnte. (Ich hoffe schwer für ihn, dass er in St. Petersburg guten Personenschutz hat!)