Literaturkritiker als Richter - in Frankreich nicht

Helmut Pöll

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9. Dezember 2013
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München
Buchkritik hat in deutschen Feuilletons manchmal etwas Päpstliches. Urteile gültig bis ans Ende der Zeit, verkündet wie Dogmen und umweht vom Hauch der Unfehlbarkeit.

Ist diese Absolutheit typisch deutsch? Und wie verhält sich das eigentlich in anderen Ländern? In Frankreich zum Beispiel, das in diesem Jahr Ehrengast der Frankfurter Buchmesse ist.

Tanya Lieske vom Deutschlandfunk ist dieser Frage nachgegangen und hat mit dem in Paris lebenden Kulturjournalisten Joseph Hanimann gesprochen.
[zitat]In Deutschland ist doch immer noch sehr wichtig in der Literaturkritik das Urteil, also, was denkt der Kritiker vom Buch? Ist es nun ein gutes Buch oder ist es ein schlechtes Buch? In Frankreich spielt das eine kleinere, geringere Rolle.[/zitat]
sagt Hanimann. Das Buch sei eher Anlass zum Plaudern. Es geht um Austausch, schnelle Replik und um die Eleganz der Sprache.
Ein Literaturkritiker mit Kultstatus, wie ihn etwa Marcel Reich-Ranicki in Deutschland hatte, sei in Frankreich kaum denkbar. Die Perspektive eines Kritikers als Kunstrichter sei in Frankreich nicht vorhanden.

Dagegen werde Lesen als kollektiver Akt in Frankreich mehr gepflegt.

Mehr Infos:
http://www.deutschlandfunk.de/liter...anlass-zum.700.de.html?dram:article_id=395957