Hi people,
was in eurer Lesezeit los ist, teilt ihr normalerweise im Lesemontag mit. Dennoch denke ich heute hier über die Romane nach, die ich mehr oder weniger gleichzeitig lese. Was haben wir? Einen umfassenden tiefsinnigen und waghalsigen Roman über China, eine Liebesgeschichte, die mehr ist als nur das, weil sie nämlich gar keine Liebesgeschichte ist, ein Roman der gescheitert ist und ich frage mich, warum um Himmels Willen ist das passiert und einen Roman eines der wenigen begnadeten Erzähler dieses und des letzten Jahrhunderts.
Das erste ist- ihr wisst es:
Ich weiß einfach nicht, was ich von diesem Roman halten soll. Eigentlich ist es gar kein Roman, denn die Handlung dieses mehr als 800 Seiten langen Werks ist wahrlich spärlich. Es ist ein Buch der Gedanken und ein Buch über Diktaturen. Es ist ein großartiges Gedankenwerk. Philosphisch. Oder ist es ein Flickenteppich?
Wir sind in China, Peking, oder in Prag. Allerdings bewegen wir uns immer in der Oberschicht. In privilegierten Sphären. Das macht es schwer, finde ich, das Buch sofort zu goutieren. China. Eine tschechische Schriftstellerin (S) befindet sich im Land, wird von chinesischer Seite "betreut" und wird auf allerhand Empfänge eingeladen. Einmal macht sie auch eine Überlandfahrt. Aber so richtig in Beziehung mit den Chinesen, den Normalos, kommt sie nicht. Das ist unerwünscht. Man hat viele kurze Hauptsätze. Und ganz viele Essays. Die S verschwimmt mit der A (Autorin). Mehr als eine Stunde am Stück kann ich das Werk nicht aushalten, die Schreibweise ist zu monoton, um mich länger am Buch zu halten. Dennoch: auf irgendeine Weise ist es genial. S redet und denkt über alles nach. Das sind manchmal 5 Sätze und manchmal 5 Seiten. Die Protagonisten bleiben bis auf wenige Ausnahmen namenlos. Eine Annäherung an diese ist nicht gewünscht. Sie müssen Hüllen bleiben, die mit Jedermann gefüllt werden können.
Ich frage mich, was soll das? Wir wissen alle, was eine Diktatur ist. Und wie es läuft, auch. Hm. Hm. Und nochmals hm.
Dazu, zur Entschleunigung und Entspannug habe ich den wilden Roman
gelesen. "Brick Lane", sagt eine Lesefreundin, ein früherer Roman von ihr, sei ganz toll gewesen. (Ich bezweifle es). "Liebesheirat" hat für einen Roman in der Unterhaltungssparte viele interessante Themen. Es gibt zum Beispiel eine Emanzipationsgeschichte. Wir haben eine wilde und blutige Liebesnacht. Die wohl schocken soll. Der Roman "Liebesheirat" hat eigentlich alles, was ein großer Roman bräuchte. Eine Handlung, die nach vorne strebt. Interessante Charaktere. Die Themen Emanzipation, Integration, Kulturen, die sich treffen. Aber was macht die Autorin daraus? Eine Krankenhausserie? "Ich glaub, mich trifft der Schlag" als wir im Krankenhaus sind und sich EmergencyRoom öffnet. Gut, es waren keine Notfälle. Aber trotzdem. Vorabendserie? Und die Charaktere werden nicht entwickelt. Sie verwirren mich mit ihren Handlungen. Gedanken haben sie leider fast gar keine. Sie machen und reden. Verschenkt.
Am Schlimmsten sind die langwierigen Beschreibungen, die das Buch hochschreiben sollen, aber zumindest bei mir, das Gegenteil bewirken. Sie haben nämlich gar nichts mit der Handlung zu tun. Aber auch gar nichts. Zu Gute halten wir dem Buch, dass es nicht süßlich ist; es hat andere Schwächen.
"Liebesheirat" hat das Pech, dass ich auf meinen Spaziergängen "Vernichten" höre. Hm. Wie macht der Autor es, dass ich gleich sehe, dass sein Buch ein großartiges ist und dass Alis Buch kein großartiges ist? Houellebecq hat sich eigentlich viel weniger Handlungsspielraum gegeben.
Wir haben eine einzige erzählende Figur und nicht mehrere wie bei "Liebesheirat". Das ist Paul. Er ist persönlicher Assistent von Bruno, einem Minister (oder Vizekanzler, no idea), der entweder selber Präsidentschaftskandidat werden wird oder ein Kollege von ihm. Ich wills nicht verraten, wer aufgestellt wird. Jedenfalls befinden wir uns kurz vor dem Wahlkampf. Der regierende Präsident tritt nicht mehr an. Was stört und beunruhigt, sind seltsame bedrohliche Videos, die im Netz auftauchen und deren Verursacher nicht ermittelt werden können. Das ist die Rahmenhandlung. Innerhalb der Rahmenhandlung finden wir, wie ich interpretiere, eine Liebeserklärung an Frankreich. Landschaft, Familie, Gedanken. Nicht zu allem wie bei "Stunden aus Blei", aber zu vielem. Vllt mag ich das einfach, wenn man über Dinge nachdenkt. Andere langweilen solche Exkurse vielleicht. Tscha. Wer weiß.
Ich habe etwas weniger als die Hälfte gelesen. Als ich gestern darüber nachsann, was wohl die ganzen Träume zu bedeuten haben, die Paul träumt (ich verabscheue Träume in Büchern), die jeweils ein Element Horror und ein Element dezenten Eros beinhalten (dezent und Houellebecq, das sollte sich eigentlich ausschließen) - da fiel es mir wie Schuppen vor den Augen.
So - und jetzt hört weg: ich sage euch, wie das Buch enden wird nach meinen Überlegungen ohne es fertig gelesen zu haben.
Meine These. Paul liegt im Sterben. Er hat Flashbacks. Dazu gehören auch die komischen Träume. Aber auch der Rest, seine Arbeit, seine Familie, sein Alles. Was ist passiert? Es muss ein Attentat gegeben haben. Bei der Wahl? Einen Anschlag auf den Präsidenten. oder so. Das würde auch den Titel erklären.
Also das lese ich alles. Was ich damit sagen will, man kann Romane durchaus vergleichen. Man erkennt ihre Qualität sogar (oft) nur im Vergleich. Ein großartiger Erzähler (was immer man über M.H. denken mag, das ist er, ein begnadeter Erzähler) hat Humor, Eleganz und lässt einen Text leuchten, selbst wenn er nur über etwas ganz Banales spricht. Und alles, was er schreibt, hat eine Bedeutung. Wie machen sie es nur, die begnadeten Erzähler.
Wisst ihr es?
Eure nachdenkliche Donnerstagswanda
was in eurer Lesezeit los ist, teilt ihr normalerweise im Lesemontag mit. Dennoch denke ich heute hier über die Romane nach, die ich mehr oder weniger gleichzeitig lese. Was haben wir? Einen umfassenden tiefsinnigen und waghalsigen Roman über China, eine Liebesgeschichte, die mehr ist als nur das, weil sie nämlich gar keine Liebesgeschichte ist, ein Roman der gescheitert ist und ich frage mich, warum um Himmels Willen ist das passiert und einen Roman eines der wenigen begnadeten Erzähler dieses und des letzten Jahrhunderts.
Das erste ist- ihr wisst es:
Ich weiß einfach nicht, was ich von diesem Roman halten soll. Eigentlich ist es gar kein Roman, denn die Handlung dieses mehr als 800 Seiten langen Werks ist wahrlich spärlich. Es ist ein Buch der Gedanken und ein Buch über Diktaturen. Es ist ein großartiges Gedankenwerk. Philosphisch. Oder ist es ein Flickenteppich?
Wir sind in China, Peking, oder in Prag. Allerdings bewegen wir uns immer in der Oberschicht. In privilegierten Sphären. Das macht es schwer, finde ich, das Buch sofort zu goutieren. China. Eine tschechische Schriftstellerin (S) befindet sich im Land, wird von chinesischer Seite "betreut" und wird auf allerhand Empfänge eingeladen. Einmal macht sie auch eine Überlandfahrt. Aber so richtig in Beziehung mit den Chinesen, den Normalos, kommt sie nicht. Das ist unerwünscht. Man hat viele kurze Hauptsätze. Und ganz viele Essays. Die S verschwimmt mit der A (Autorin). Mehr als eine Stunde am Stück kann ich das Werk nicht aushalten, die Schreibweise ist zu monoton, um mich länger am Buch zu halten. Dennoch: auf irgendeine Weise ist es genial. S redet und denkt über alles nach. Das sind manchmal 5 Sätze und manchmal 5 Seiten. Die Protagonisten bleiben bis auf wenige Ausnahmen namenlos. Eine Annäherung an diese ist nicht gewünscht. Sie müssen Hüllen bleiben, die mit Jedermann gefüllt werden können.
Ich frage mich, was soll das? Wir wissen alle, was eine Diktatur ist. Und wie es läuft, auch. Hm. Hm. Und nochmals hm.
Dazu, zur Entschleunigung und Entspannug habe ich den wilden Roman
gelesen. "Brick Lane", sagt eine Lesefreundin, ein früherer Roman von ihr, sei ganz toll gewesen. (Ich bezweifle es). "Liebesheirat" hat für einen Roman in der Unterhaltungssparte viele interessante Themen. Es gibt zum Beispiel eine Emanzipationsgeschichte. Wir haben eine wilde und blutige Liebesnacht. Die wohl schocken soll. Der Roman "Liebesheirat" hat eigentlich alles, was ein großer Roman bräuchte. Eine Handlung, die nach vorne strebt. Interessante Charaktere. Die Themen Emanzipation, Integration, Kulturen, die sich treffen. Aber was macht die Autorin daraus? Eine Krankenhausserie? "Ich glaub, mich trifft der Schlag" als wir im Krankenhaus sind und sich EmergencyRoom öffnet. Gut, es waren keine Notfälle. Aber trotzdem. Vorabendserie? Und die Charaktere werden nicht entwickelt. Sie verwirren mich mit ihren Handlungen. Gedanken haben sie leider fast gar keine. Sie machen und reden. Verschenkt.
Am Schlimmsten sind die langwierigen Beschreibungen, die das Buch hochschreiben sollen, aber zumindest bei mir, das Gegenteil bewirken. Sie haben nämlich gar nichts mit der Handlung zu tun. Aber auch gar nichts. Zu Gute halten wir dem Buch, dass es nicht süßlich ist; es hat andere Schwächen.
"Liebesheirat" hat das Pech, dass ich auf meinen Spaziergängen "Vernichten" höre. Hm. Wie macht der Autor es, dass ich gleich sehe, dass sein Buch ein großartiges ist und dass Alis Buch kein großartiges ist? Houellebecq hat sich eigentlich viel weniger Handlungsspielraum gegeben.
Kurz vor den französischen Präsidentschaftswahlen 2027 taucht im Netz ein Video auf, das die Hinrichtung des möglichen Kandidaten Bruno Juge zu zeigen scheint. Paul Raison ist Absolvent einer Elitehochschule und arbeitet als Spitzenbeamter im Wirtschaftsministerium. Als Mitarbeiter und Vertrautem Juges fällt ihm die Aufgabe zu, die Urheber des Videos ausfindig zu machen. Im Laufe seiner Nachforschungen kommt es zu einer Serie mysteriöser terroristischer Anschläge, zwischen denen kein Zusammenhang zu erkennen ist. Aber nicht nur die Arbeit, auch das Privatleben von Paul Raison ist alles andere als einfach. Er und seine Frau Prudence leben zwar noch zusammen, aber sie teilen nichts mehr miteinander. Selbst die Fächer im Kühlschrank sind getrennt. Während Juge um seine Kandidatur kämpft, kann Paul entscheidende Hinweise für die Aufklärung der Anschläge liefern. Doch letztlich verliert Juge gegen einen volksnahen ehemaligen Fernsehmoderator, und die Erkenntnisse aus Pauls Recherche sind nicht minder niederschmetternd für die Politik des Landes.
Als Paul von seiner Arbeit freigestellt wird, kommt es zu einer Annäherung zwischen ihm und seiner Frau und die beiden finden wieder zueinander. Ein unerwartetes, wenn auch fragiles Glück …
Die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten der Liebe, das komplexe Zusammenspiel von Gesellschaft und Politik und die weitreichende, oftmals kaum wahrnehmbare Verknüpfung von Politischem und Privatem – das sind die Themen des neuen Romans von Michel Houellebecq, dem großen Visionär der französischen Literatur.Kaufen
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Ich habe etwas weniger als die Hälfte gelesen. Als ich gestern darüber nachsann, was wohl die ganzen Träume zu bedeuten haben, die Paul träumt (ich verabscheue Träume in Büchern), die jeweils ein Element Horror und ein Element dezenten Eros beinhalten (dezent und Houellebecq, das sollte sich eigentlich ausschließen) - da fiel es mir wie Schuppen vor den Augen.
So - und jetzt hört weg: ich sage euch, wie das Buch enden wird nach meinen Überlegungen ohne es fertig gelesen zu haben.
Meine These. Paul liegt im Sterben. Er hat Flashbacks. Dazu gehören auch die komischen Träume. Aber auch der Rest, seine Arbeit, seine Familie, sein Alles. Was ist passiert? Es muss ein Attentat gegeben haben. Bei der Wahl? Einen Anschlag auf den Präsidenten. oder so. Das würde auch den Titel erklären.
Also das lese ich alles. Was ich damit sagen will, man kann Romane durchaus vergleichen. Man erkennt ihre Qualität sogar (oft) nur im Vergleich. Ein großartiger Erzähler (was immer man über M.H. denken mag, das ist er, ein begnadeter Erzähler) hat Humor, Eleganz und lässt einen Text leuchten, selbst wenn er nur über etwas ganz Banales spricht. Und alles, was er schreibt, hat eine Bedeutung. Wie machen sie es nur, die begnadeten Erzähler.
Wisst ihr es?
Eure nachdenkliche Donnerstagswanda