Den ersten Teil habe ich jetzt beendet. Bevor ich mich in den 2. Teil stürze, möchte ich zunächst meine Gedanken zu dem Gelesenen runterschreiben. Da einiges an Notizen zusammen gekommen ist, kann es sein, dass meine Kommentare ein wenig unstrukturiert wirken.
Mathias beginnt eine Ausbildung in Kempten. Von jetzt auf sofort ist seine Kindheit vorbei. Er durchläuft während der Ausbildung zum Gärtner eine harte Schule, die ihm anfangs Startschwierigkeiten bereitet. Aber langsam scheint er Fuß zu fassen, womit sicherlich auch sein Erfolg bei der Arbeit zu tun hat. Im Übrigen scheint Mathias das „Ehrgeiz-Gen“ seiner Mutter mitbekommen zu haben. Er ist sehr zielstrebig und es scheint, dass er das, was er sich in den Kopf gesetzt hat auch erreicht.
Bis jetzt hatte ich ehrlich gesagt Schwierigkeiten den Charakter von Mathias zu begreifen. Alle anderen Personen in dem Buch werden sehr detailliert beschrieben, so dass ich keine Probleme hatte, mir diese vorzustellen. Nur bei Mathias tue ich mich noch schwer, was aber nicht schlimm ist, weil eine Entwicklung zu merken ist. Ich vermute, dass ich Mathias im Verlauf der Handlung besser kennenlernen werde – ganz so, wie man einen fremden Menschen kennenlernt, der zum guten Bekannten wird und vielleicht irgendwann mal zum Freund. (Sorry, das ist schwulstig, ich wusste aber nicht, wie ich es sonst ausdrücken sollte.)
Während Mathias‘ Zeit in Kempten greift die braune Gesinnung um sich. Auch vor seinem Heimatdorf macht diese Bewegung leider nicht halt. Teilweise haben mich die Streitereien der Dorfbewohner um die „richtige“ politische Einstellung an die Rivalität von Fanclubs gegnerischer Fußballmannschaften erinnert.
Die Nationalsozialisten haben mit ihrer Politik „offene Tore eingerannt“. Sie haben es clever verstanden aus der Unzufriedenheit der Bevölkerung Profit zu schlagen. Dabei war die hohe Arbeitslosigkeit, die der Politik der Weimarer Republik anzukreiden war, nur ein Faktor. Unzufriedenheit gab es in allen Lebenslagen: die Kinder wollten vor ihrem harten Familienalltag, mit all seinen Pflichten entfliehen; die Lehrer hatten ein Problem mit ihrer schlechten Bezahlung; die Bauern hatten mit Misserfolgen zu kämpfen; und die Frauen suchten einfach nur gesellschaftliche Anerkennung. Und schon kamen die Nationalsozialisten und versprachen den Himmel auf Erden. Eigentlich erschreckend, wie einfach das geht. Manchmal habe ich auch in unserer heutigen Zeit den Eindruck, dass wir nicht weit von den damaligen Zuständen entfernt sind, zumal es in unserem Land leider zuviele Lamentierer und Nörgler gibt. Es braucht nur einer zukommen, der sich diese Einstellung zunutze macht und mit den richtigen Versprechungen zu überzeugen weiß….
Ob Mathias in der Lage war, sich vor dem braunen Spirit zu sperren, weil er während der Anfänge berufliche Erfolge und Anerkennung verzeichnen konnte? Zumindest hat es ihm die Verweigerung leichter gemacht. Heutzutage hat man die Vorstellung, dass jeder damals irgendwie von den Nazis indoktriniert worden ist. Insofern ist es wohltuend, zu erfahren, dass es auch Leute gab, die versuchten ihr Leben weiter zu leben und ihren Alltag zu gestalten, ohne auf der braunen Welle mitzureiten. Es war natürlich sehr schwierig, wenn nicht unmöglich, sich nicht von den Nazis vereinnahmen zu lassen. Aber zumindest war es einen Versuch wert, die politische Situation als nebensächlich zu behandeln.
Bei einer Textpassage aus dem Kapitel „Die Geschichte der Müller-Brüder“ wird der Begriff „Blutauffrischung“ verwendet, und zwar im Zusammenhang mit der Viehzucht. Einige Kapitel vorher geht es ebenfalls um „Blutauffrischung“ (Kap. „Eine Klettertour“) – allerdings in anderer Form: hier wird „die Allgäuer Inzucht“ mit „norddeutscher Jugend“ aufgefrischt („braune“ Familienpolitik). Bei diesen Parallelen zwischen Viehzucht und Rassenlehre musste ich doch sehr schmunzeln.
Abschließend habe ich noch einen Kritikpunkt: manchmal sind mir die Beschreibungen zur Natur oder auch Pflanzenpflege aus dem Gärtnerleben zu detailliert und ausführlich. Für mich war z. B. der Ausflug in die Pflanzenkunde, zur Vermehrung und Zucht von Gladiolen des Guten zuviel.
Oh je, jetzt habe ich mehr geschrieben, als ich wollte. Ich versuche mich bei den anderen beiden Teilen kürzer zu fassen.