Leseabschnitt 3: Die Tochter I - Kap. 44 bis Kap. 62 (S. 311)

ElisabethBulitta

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8. November 2018
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Hier wird die Geschichte aus Sicht von Stella aufgerollt.

Und auch hier wird wieder abgewechselt zwischen der Gegenwart und den Gedanken, die Stella sich zu ihrer (Familien-)Geschichte macht.

Die Ansichten zum Knast lesen sich bedrückend, im Prinzip sogar recht brutal. Mich würde wirklich interessieren, inwiefern die Schilderungen von Isolationshaft und Beobachtungszelle realistisch sind. Klar, im Gefängnis geht es brutal zu, aber letztendlich hat Stella eventuell einen Mord begangen (was nicht bagatellisiert werden soll), ist jedoch keine Schwerestverbrecherin, die bestialisch mehrere Menschen umgebracht, gequält, vergewaltigt … hat. Außerdem ist sie 19 und, wie es scheint, nicht nur innerlich zerrissen, sondern auch gestört. Irgendwie finde ich die Art und Weise, wie sie behandelt wird, nach wie vor seltsam und wohl auch unverhältnismäßig. Allerdings fehlen mir da absolut die Einblicke.

Interessant finde ich die Aussagen, dass es ihrem Vater und auch ihrer Familie in erster Linie um Kontrolle (den Eindruck hatte ich bei der Schilderung des Vaters ja auch schon) und das Wahren des Gesichts geht. Auch die Einsicht, dass es darum geht, Geheimnisse mit sich herumzutragen und die Fassade aufrechtzuerhalten, spricht für Stellas analytische Fähigkeiten. Allerdings muss ich auch feststellen, wie Stella selbst es ja auch tut, dass gerade Letztere bei den meisten Familien eine Rolle spielen. Dazu passt auch m.E. gut der Titel „Die Lüge“: Ich frage mich auch manchmal, ob viele Menschen (mich selbst eingeschlossen) nicht sich selbst belügen, nur um vor sich und anderen gut dazustehen.

Ein wenig habe ich den Eindruck, dass Stella gegen ihre Eltern und auch die Gesellschaft opponiert und sich selbst damit Probleme verschafft. Ich denke, mit dem „Anbaggern“ von Robin wollte sie sowohl ihren Vater resp. ihre Eltern als auch Robin selbst provozieren, und dann ist die Sache aus dem Ruder gelaufen (was natürlich Robins Rolle in keiner Hinsicht besser macht, er als Schutzbeauftragter, ob Kirchenmitglied oder nicht, hätte sich natürlich von ihr distanzieren müssen).

Die Begegnung mit Chris ist schon ein wenig gruselig, finde ich. Aber auch hier wird wieder Stellas Zerrissenheit deutlich: Auf der einen Seite reagiert sie irritiert, auf der anderen verursacht sein Verhalten bei ihr eine Gänsehaut. Aber dieses zwiespältige Verhalten gegenüber ihren Mitmenschen, besonders gegenüber denen, die ihr (zu) nahe stehen, scheint sich durch Stellas Leben hindurchzuziehen. Ich finde teilweise auch ihren Umgang mit Amina sehr widersprüchlich, genau wie den mit ihren Eltern.

Interessant finde ich zudem, dass Stella sich selbst durchaus analysiert, aber offenbar nicht fähig ist, aus ihrem (Verhaltens-)Muster auszubrechen.

Jedenfalls bin ich sehr gespannt, ob wir nun Genaueres über den Mord erfahren.
 

Amena25

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23. Oktober 2016
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[QUOTE="ElisabethBulitta, post: 57452, member: 2321"

Interessant finde ich zudem, dass Stella sich selbst durchaus analysiert, aber offenbar nicht fähig ist, aus ihrem (Verhaltens-)Muster auszubrechen.
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Mir erscheint Stelle stellenweise sehr reif, auch wenn sie ja schon 19 ist. Aber ihre reifen Gedanken passen eben überhaupt nicht zu ihrem Verhalten, das wiederum recht wenig Reife zeigt. Ob das an ihrer psychischen Situation liegt? Oder an der Erziehung bzw. dem Verhalten ihrer Eltern im Hinblick auf ihre Ausbrüche?
 

ElisabethBulitta

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8. November 2018
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Mir erscheint Stelle stellenweise sehr reif, auch wenn sie ja schon 19 ist. Aber ihre reifen Gedanken passen eben überhaupt nicht zu ihrem Verhalten, das wiederum recht wenig Reife zeigt. Ob das an ihrer psychischen Situation liegt? Oder an der Erziehung bzw. dem Verhalten ihrer Eltern im Hinblick auf ihre Ausbrüche?

Ich kann mir gut vorstellen, dass es an der Erkrankung liegt. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, Verhaltensmuster zu durchbrechen, von denen man weiß, dass sie nicht gut sind, aber man hat einfach nicht die Kraft, sie zu ändern. Oder eben: Wie die Psyche den Intellekt dominieren kann.
 

Amena25

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23. Oktober 2016
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Mir ist auch noch nicht ganz klar, ob Stella wirklich krank ist, wie manche meinen, z.B. ADS oder borderline. Oder ob es einfach starke Provokationen oder Ausbruchsversuche einer überbehüteten Jugendlichen sind.
 

Amena25

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23. Oktober 2016
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Die Begegnung mit Chris und die Zweifel, die seine Ex bei Stella streuen, erinnern mich an so manchen Thriller. Keiner weiß, wer eigentlich der Psychopath ist...... uah!
Hier finde ich wirkt Stella gar nicht so behütet und kontrolliert durch ihre Eltern. Immerhin habe diese ja von ihrem Liebesleben überhaupt keine Ahnung! Erstaunlich, dass sie so viel Zeit mit Chris verbringen konnte, ohne dass die Eltern etwas bemerkt haben. Musste immer Amina als Alibi herhalten?
 

ulrikerabe

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14. August 2017
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Stella sagt über sich selbst, dass sie schon sehr viele Etiketten bekommen hat. ADS, Borderline, schizoide Persönlichkeitsstörung, bipolar. Und alles ist zutreffend oder nichts. Sie ist Stella. Nichts an ihr ist "normal". Sie entspricht einfach nicht dem Bild, das in eine perfekte Famile passt. Pfarrer, Rechtsanwältin, Stella, tatsächlich ein Musterbeispiel für Fallanalysen. Und sie bleibt immer Stella, gleich welches Etikett gerade an ihr haftet.

Ich glaube auch wenn Stella oft mit sich selbst nicht zurecht kommt, heißt das noch lange nicht, dass sie sich ändern möchte. Sie möchte abseits der Norm stehen, kann gar nicht anders.

Spannend ist, dass wir immer noch nicht wissen, was in der Mordnacht tatsächlich passiert ist. Stella lässt darüber noch nichts aus. Dass sie gut lügen kann, sagt sie über isch selbst, aber lügt sie hier. Was verschweigt sie.
Hach ist das spannend!
 

Xanaka

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Die Begegnung mit Chris ist schon ein wenig gruselig, finde ich. Aber auch hier wird wieder Stellas Zerrissenheit deutlich: Auf der einen Seite reagiert sie irritiert, auf der anderen verursacht sein Verhalten bei ihr eine Gänsehaut. Aber dieses zwiespältige Verhalten gegenüber ihren Mitmenschen, besonders gegenüber denen, die ihr (zu) nahe stehen, scheint sich durch Stellas Leben hindurchzuziehen. Ich finde teilweise auch ihren Umgang mit Amina sehr widersprüchlich, genau wie den mit ihren Eltern.

Interessant finde ich zudem, dass Stella sich selbst durchaus analysiert, aber offenbar nicht fähig ist, aus ihrem (Verhaltens-)Muster auszubrechen.

Jedenfalls bin ich sehr gespannt, ob wir nun Genaueres über den Mord erfahren.

Da gebe ich Dir Recht. Es sind diese Widersprüche an sich, die sie anziehen und zu denen sie ja auch neigt. Gerade ihr Verhalten Aminas gegenüber macht das sehr deutlich. Die Stelle, als sie Amina richtig heftig geschlagen hat, war doch unglaublich. Auch wenn es ihr hinterher leid tat, fühlte sie sich anscheinend hinterher gut.
 

Xanaka

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Spannend ist, dass wir immer noch nicht wissen, was in der Mordnacht tatsächlich passiert ist. Stella lässt darüber noch nichts aus. Dass sie gut lügen kann, sagt sie über isch selbst, aber lügt sie hier. Was verschweigt sie.
Hach ist das spannend!
Auf jeden Fall. Ich will auch gar nicht zu viel schreiben, da es mich unbedingt zum Buch zurück zieht. Ich hoffe nur, dass wir ein wenig mehr erfahren.