Leseabschnitt 1: Der Vater I - Prolog bis Kap. 22 (S. 102)

ElisabethBulitta

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Da ich das Buch selber noch nicht kenne, habe ich versucht, es in einigermaßen gleichmäßige, übersichtliche Leseabschnitte zu unterteilen und dabei die drei Perspektiven zu berücksichtigen.
 

ElisabethBulitta

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8. November 2018
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Der Prolog spielt in der Gegenwart, d.h. während des Prozesses, anschließend rollt der Autor als erstes die Ereignisse aus Sicht des Vaters aus.

Den Anfang empfinde ich sehr gemächlich: Anfangs konnte ich nicht so recht nachvollziehen, weshalb sich Adam so viele Gedanken um Stella macht. Ich glaube auch nicht, dass ich meine Eltern mit 19 über jeden Schritt informiert habe, den ich gegangen bin … wobei ich allerdings auch zugeben muss, dass es damals noch keine Handys gab, sodass die ständige Kontrolle ein wenig schwieriger war.

Mit der Handballszene und dem Vergleich mit Amina kommen die ersten Risse in die Fassade. Und nach und nach treten immer mehr Probleme zutage, und Stella zeigt durchaus Anzeichen vom Verlust der Impulskontrolle und Raserei. Ich hatte hier schon den Gedanken, sie könne Borderlinerin sein.

Mit dem Mord nimmt das Geschehen an Fahrt auf und wird noch dadurch gesteigert, dass Adam die blutige Kleidung findet. Als dann die Bluse verschwunden ist, während Adam sie seinerseits wegen der Hausdurchsuchung verschwinden lassen will, steigert sich der Spannungsbogen noch einmal. Allerdings ist man selten gut beraten damit zu lügen. Ich frage mich allerdings, wer das Kleidungsstück entsorgt hat. Ich tippe da auf Ulrika.

Dieses Hin- und Herspringen zwischen Gegenwärtigem und Vergangenem hat mich anfangs ein wenig irritiert, jetzt komme ich allerdings gut damit zurecht, denn diese häppchenweise Preisgabe von Informationen sorgt doch für Spannung.

Am Ende des ersten Leseabschnitts bin ich gut im Buch angekommen.

Sprachlich lässt sich das Buch gut lesen, und auch ein paar „philosophische“ Ansätze gibt es, wenn Adam z.B. über das Verhältnis zwischen Glauben und Wissen nachdenkt.

Ob mich das Buch vollends packen wird, weiß ich noch nicht, aber auf jeden Fall wird es zu den Schwedenkrimis gehören, mit denen ich gut klarkomme.
 
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Reaktionen: Xanaka

Xanaka

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12. Juli 2015
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Also ich bin dann auch bereits durch den ersten Abschnitt hindurch. Man wird ja mit dem Geschehenen relativ schnell und abrupt konfrontiert. Auf der anderen Seite ist es eine sehr angenehme Erzählweise von Adam. Er lässt sein Leben Revue passieren und nebenbei erfahren wir viel über ihn, seine Frau Ulrika und natürlich Stella. Stella nicht unbedingt das Wunschkind der Eltern, aber im Nachhinein deren größtes Glück. Das zeigte sich mir z.B. sehr deutlich, als der Vater seiner Tochter voller Stolz und Freude die Vespa zum Geburtstag präsentierte. Bei Stella bekam man da schon sehr schnell den Verdacht, dass sie sich diese Vespa eigentlich nicht gewünscht hätte.

Stellas jugendliches Leben verläuft relativ wohlbehütet. Aber man kann beim Lesen schon sehr früh ihr aufbrausendes, wahrscheinlich cholerisches Temperament erkennen. Auch die Geschichte mit den Drogen zeigt, dass aus dem einstmals unkomplizierten Mädchen ein Mensch mit eigenen Vorstellungen und offensichtlich vielen Wünschen und einem großen Erlebnishunger geworden ist.

Das Buch liest sich sehr angenehm. Ich empfinde es als ein Durchgleiten durch die Seiten. Obwohl ja nicht so viel passiert, fand ich es trotz allem sehr interessant. Gerade die Lebensweisheiten und Vergleiche die Adam immer mal wieder anbringt, regen einem auch zum eigenen Nachdenken an.

Ich bin jetzt gespannt, wie es sich weiterentwickelt und vor allem was noch passiert. Denn das Wesentliche haben wir ja bereits erfahren.
 

Xanaka

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Mit der Handballszene und dem Vergleich mit Amina kommen die ersten Risse in die Fassade. Und nach und nach treten immer mehr Probleme zutage, und Stella zeigt durchaus Anzeichen vom Verlust der Impulskontrolle und Raserei. Ich hatte hier schon den Gedanken, sie könne Borderlinerin sein.
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Vielleicht könnte man die Verhaltensweisen von Stella auch als eine Art Ausbruch sehen. Auf jeden Fall steckt offensichtlich ein Stück Gewaltpotential in ihr drin.
 

ElisabethBulitta

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8. November 2018
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Vielleicht könnte man die Verhaltensweisen von Stella auch als eine Art Ausbruch sehen. Auf jeden Fall steckt offensichtlich ein Stück Gewaltpotential in ihr drin.

Sicher war es eine Art Ausbruch. Und ein Ausbruch ist auch normal, muss sogar sein. Aber es gibt doch noch einen Unterschied zwischen Ausbruch oder "die Sau rauszulassen" und andere zu verletzen/anderen zu schaden. Auf jeden Fall hat Stella ein Problem damit, ihre Impulse zu kontrollieren - warum auch immer. Und das ist nicht gut.

Was das "Wohlbehütet" angeht: Man kann es so sehen. Aber andererseits finde ich Adam auch schon ziemlich übergriffig, auf jeden Fall was seinen Umgang mit der Neunzehnjährigen angeht.
 

ElisabethBulitta

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Das Buch liest sich sehr angenehm. Ich empfinde es als ein Durchgleiten durch die Seiten. Obwohl ja nicht so viel passiert, fand ich es trotz allem sehr interessant. Gerade die Lebensweisheiten und Vergleiche die Adam immer mal wieder anbringt, regen einem auch zum eigenen Nachdenken an.

Die Kürze der Kapitel gefällt mir auch sehr gut, da kann man auch mal, wenn man nur ein paar Minuten Zeit hat, schnell mal ein Stückchen weiterlesen, ohne den Faden zu verlieren.
 

ulrikerabe

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Gute finde ich, dass der Verlag das Buch als "Roman" verlegt und nicht als "Thriller". Ich finde es dennoch extrem spannend, nicht diese Spannung, die einem bei jedem kleinsten Geräusch aufschrecken lässt. Sondern so ein ganz leises unterschwelliges Grauen, weil ich mich frage, was ist da falsch gelaufen.
Mich erinnert die Art zu schreiben ganz stark an Hakan Nesser.

Gute gemacht ist auch die Erzählsicht, zunächst aus der Perspektive des Vaters. Zum einen weil er nur berichten kann, von dem er weiß. Zum anderen, weil ich ihn für einen absolut unzuverlässigen Erzähler halte. So oft wie er betont, dass er als Pfarrer ein absolut glaubwürdiger Mensch sei, dennoch vor der Polizei ohne mit der Wimper zu zucken lügt. Wer so lügt, macht das vielleicht nicht zum ersten Mal. Ich bin fast sicher, dass Adam einiges zu verbergen hat.
 

Amena25

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Mir geht es ganz ähnlich wie euch. Zunächst fängt es eher beschaulich und sogar fast ein bisschen zu ruhig an, sodass man sich fragt, was denn daran ein Pageturner sein soll. Doch so ganz allmählich beschleicht einen das Gefühl, dass mit Stella etwas nicht stimmt. Ihre Ausbrüche empfinde ich als mehr als bloßen Protest gegen die Eltern oder die Erwachsenenwelt. Und gleichzeitig nimmt das Vertrauen Adam gegenüber immer mehr ab. Man merkt, dass er Situationen und Ereignisse so wahrnimmt und darstellt, dass sie in sein Weltbild passen. Zuerst hält man ihn für einen sehr weltoffenen und vertrauenerweckenden Menschen, nicht nur wegen seines Berufs. Doch nach und nach ändert sich das, was die Spannung langsam, aber deutlich steigert.
 

ElisabethBulitta

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Mich erinnert die Art zu schreiben ganz stark an Hakan Nesser

An ihn habe ich mich auch erinnert gefühlt.

Gute gemacht ist auch die Erzählsicht, zunächst aus der Perspektive des Vaters. Zum einen weil er nur berichten kann, von dem er weiß. Zum anderen, weil ich ihn für einen absolut unzuverlässigen Erzähler halte.

In Ersterem stimme ich dir voll und ganz zu. Deshalb bin ich auch auf die Sicht der anderen Familienmitglieder gespannt. In Zweiterem nur bedingt, denn letztlich ist alles, was wir sehen, lesen und wahrnehen absolut subjektiv. D.h. im Prinzip sind wir alle unzuverlässige Erzähler/innen. Und es gibt jeden Tag viele Gründe, weshalb wir uns bewusst oder unbewusst von der Wahrheit distanzieren. Meist, um selbst besser vor uns und anderen dazustehen - oder eben um dasselbe für uns Nahestehende zu erreichen.
 

ulrikerabe

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An ihn habe ich mich auch erinnert gefühlt.



In Ersterem stimme ich dir voll und ganz zu. Deshalb bin ich auch auf die Sicht der anderen Familienmitglieder gespannt. In Zweiterem nur bedingt, denn letztlich ist alles, was wir sehen, lesen und wahrnehen absolut subjektiv. D.h. im Prinzip sind wir alle unzuverlässige Erzähler/innen. Und es gibt jeden Tag viele Gründe, weshalb wir uns bewusst oder unbewusst von der Wahrheit distanzieren. Meist, um selbst besser vor uns und anderen dazustehen - oder eben um dasselbe für uns Nahestehende zu erreichen.

Der "unzuverlässige Erzähler" ist eine literarische Form des Erzählers, Adam geht aus meiner Sicht über den personalen Erzähler hinaus.
 

Xanaka

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Was das "Wohlbehütet" angeht: Man kann es so sehen. Aber andererseits finde ich Adam auch schon ziemlich übergriffig, auf jeden Fall was seinen Umgang mit der Neunzehnjährigen angeht.

Da gebe ich Dir Recht. In dem Falle bezieht sich das "wohlbehütet" natürlich auf den Vater. Er ist es ja, der alles erzählt. Wie sich Stella damit führt, erfahren wir ja dabei von ihr nicht. Schlussfolgerungen zu ihrem möglichen Abwehrverhalten kann man ja nur aus seinen Erzählungen ziehen.