Kapitel 6-10

Momo

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Bis Seite 57

Ich finde das Buch mittlerweile recht heftig. Nicht nur, dass Arturo mitunter auch die Frauen abwertet, ohne zu bedenken, dass er ohne die Frau gar nicht auf der Welt wäre. Sich beim Onkel vehement gegen das Schimpfwort Hurensohn gewehrt zu haben, ist nun selber dabei, ihn auf einen Geschäftsmann zu übertragen, nur weil er ihm keinen Job geben möchte, da er keine freie Stelle zur Verfügung haben würde. Eine explossive Schimpftirade ... Beschimpfungen und Abwertungen in jeder Facon. Doch von Arturo abgesehen gibt es für mich nicht eine Figur, die mir annähernd sympathisch ist.
 
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Momo

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Auf Seite 59 spricht Arturo von Gott, der ihm Füße geschenkt hat, "und bei Gott ich werde gehen, soweit mich meine Füße tragen." Wie ist denn dieser Gott hier zu verstehen?

Auf Seite 66 hat er ein literarisches Erlebnis mit einer bucklicken alten Frau, vor der er wegen ihres schweren Lebens soviel Ehrfurcht hat, dass sie ihn symbolisch dazu bringt, sich bei seiner Mutter für sein Verhalten zu entschuldigen. Aber vorerst identifiziert er sich mit der bucklicken Frau, dass auch er einen Buckel habe, und er es auch nicht leicht im Leben habe. Doch bevor er sich an seine Mutter wendet, lehnt er für eine kurze Zeit die intellektuellen Autoren und deren Bücher ab. Und hier wird für mich deutlich, dass er eigentlich Vorbilder sucht ...

Und wieder ist seine Mutter nicht in der Lage, ihn zu verstehen, sie begreift seine Entschuldigung nicht, und so verfällt Arturo enttäuscht wieder zurück in sein altes Muster, und wird abfällig der Mutter gegenüber.
 
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Momo

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Bis Seite 76 geht es weiter mit literarischen Ideen, die ich sehr interessant finde ...
 

Momo

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Onkel Frank hat ihm einen Job in einer Fischfabrik verschafft. Arturo macht sich auch hier unbeliebt, hebt sich den ausländischen ArbeiterInnen hervor, gibt dort an, er sei Schriftsteller und was Besseres als alle zusammen. Er verträgt den Fischgeruch nicht, muss würgen, während die anderen lachend sich über ihn amüsierten ... Neue gewaltvolle Szenen Insekten gegenüber ... Arturo möchte sich rächen darüber, dass sie alle über ihn lachten und beleidigt die Filippinos und die MexikanerInnen. Er erinnert sich dabei an seine Kindheit, als er in der Grundschule selber am eigenen Leib Rassismus erfahren hatte, indem er als Itaka und als Spaghettifresser beschimpft wurde. Ein Mädchen durfte von ihm keine Geschenke annehmen, da er Itaka sei und ihre Mutter den Umgang mit ihm verboten habe. Dieser Rassismus hatte ihn so tief verletzt, dass er nun denselben Rassismus an den ausländischen ArbeiterInnen gegenüber auslebte.

Liebe Querleserin, mir ist Arturo noch immer unsympathisch. Es wird nicht besser.
Und dennoch hoffe ich auf eine Wende ... Ich hänge noch immer an der Frage, was hat Arturo zu dem gemacht, was er ist? Ich bin sicher, dass die Antwort noch kommen wird, man muss sich nur gedulden.
 
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Querleserin

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@Momo hat die Ereignisse gut zusammengefasst und auch ich warte auf die Wende. Ich dachte, dass die buckelige Frau eine Art Verhaltensänderung bewirken könnte und ich gebe dir liebe Momo Recht, er scheint auf der Suche nach Halt zu sein. Nach Vorbildern und Menschen, zu denen er aufblicken kann. Die Szene mit dem Geschäftsmann, den er zunächst auf ein Podest stellt, dann aber wüst beschimpft, als er ihm keine Arbeit gibt, zeugt von seinem mangelnden Selbstbewusstsein. Alles, was er negativ erfahren hat (Schimpfwort Spaghettifresser), gibt er an andere weiter. Er ist ein echter "Kotzbrocken" und auch mir geht es inzwischen so, dass es, da er uns als Ich-Erzähler traktiert, kaum zu ertragen ist. Die Fixierung auf die Insekten, an denen er seine Aggressionen auslässt, beginnt ebenfalls zu "nerven". Ich kann nur hoffen, dass es irgendwann einen positiven Umschwung geben wird.
 

Momo

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Ich versuche mich, was die Jobsache betrifft, in Arturo reinzuversersetzen. Nach dem Tod seines Vaters ist er das Familienoberhaupt, der dafür sorgen muss, dass das Essen auf den Tisch kommt. Er muss die Familie versorgen. Und wenn er mit 18 noch keine Berufsausbildung absolviert hat, dann ist er wohl gezwungen, niedere Arbeiten anzunehmen. Mich nervt, dass Arturos Mutter sich so sehr von den Almosen ihres Bruders abhängig macht. Sie könnte sich auch auf den Weg machen, einen Job zu finden. Auch damals gab es Frauen, die arbeiten gingen. Und so wird die gesamte Verantwortung dem Sohn übergeben, sodass er gar keine Möglichkeit hätte, sich weiterzubilden bzw. eine Ausbildung anzugehen. Als Elternteil trägt man für die Kinder Verantwortung bis zum Abschluss der Berufsausbildung. Zu dieser Zeit waren die jungen Leute mit 18 noch minderjährig.

Aber Arturo könnte auch eine Abendschule besuchen aber dafür zeigt er auch keinen Elan, außer, dass er sich als Schriftsteller gibt, allerdings ohne einen Text verfasst zu haben.
 
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Renie

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Die Szene mit der buckligen Frau hat mich überrascht. Irgendwie passte sie nicht so richtig in die Handlung rein. Ich hatte sogar den Eindruck, dass die Frau ein Produkt von Arturos Fantasie ist. Ob hier eine Symbolik dahinter steckt?
Arturo geht mir mittlerweile dermaßen auf die Nerven, dass ich mir wünschen würde, dass ihm endlich mal jemand seine Grenzen aufzeigt. Als er den Fillipino auf der Toilette beleidigt hat, habe ich insgeheim gehofft, dass dieser ihm eine runterhaut. Das hätte mir gutgetan ;)

Jetzt mal etwas anderes:
Ich muss mir immer wieder in Erinnerung rufen, dass der Roman in den 30ern spielt. Stellenweise würde ich ihn 20 bis 30 Jahre später ansiedeln. Geht es euch genauso?
 

Momo

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@ Renie,

Die bucklige Frau ist für mich auch nur eine Produkt seiner Fantasie, aber eine wichtige Metapher. Diese Fantasiewelt vermischt sich sehr oft mit der realen ... Was die Zeit betrifft, habe ich auch das Gefühl, dass sie in den Zwanzigern/Dreißigern sich abspielt ...

Mich nervt noch zusätzlich sein Rassismus. Ich hatte auch gedacht, dass ihm endlich mal jemand ordentlich eine reinhaut ...
 
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Literaturhexle

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Auf Seite 66 hat er ein literarisches Erlebnis mit einer bucklicken alten Frau,
Diese" literarischen" Ereignisse häufen sich ja. Ich finde es schön, wenn ihr da was rauslesen könnt, für mich ist Arturo eher ein überspannter, unausgelasteter 18-jähriger, der mit sich nichts anzufangen weiß.
Diese ganzen Phantasien...
Dieses unnütze Piesacken von Tieren...
Völlig eskaliert er in der Fischfabrik. Erst ist er zart besaitet und kann den Geruch nicht vertragen. Anschließend beißt er einem Fisch den Kopf ab, zerkaut eine Schmeißfliege. Dann muss er andere Volksgruppen diffamieren, um sich selbst zu erhöhen. Igitt!
Erst beleidigt er den Filipino, dann raucht er gierig dessen weggeworfene Zigarette. Stinkstiefel! Völlig verkorkst der Knabe. Der ist so blöd, dass er mich auch literarisch gar nicht interessiert.
 

Querleserin

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Das erinnert ja irgendwie an Franz Kafka. Wenn man an die Verwandlung denkt. Aber auch diesem Autor könnte ich nie was abgewinnen. Siehst du da was @Querleserin ?
Ehrlich gesagt lese ich da nur seinen Sadismus hinein und sein mangelndes Selbstvertrauen. Er nimmt es mit Insekten auf, weil er im wirklichen Leben nicht bestehen kann, so kommt es mir vor.
Eine gehörige Tracht Prügel würde ihm tatsächlich helfen ;)

@Renie, wie kommst du darauf, dass der Roman später, also in den 50ern spielen könnte?
Ich sehe dieses Erlebnis mit der buckligen Frau auch als Metapher, im nächsten Kapitel (11) gibt es auch eine Stelle, in der er sein Handeln kritisch reflektiert...dazu mehr später.
Die Frau ist ein Symbol dafür, wie er sich selbst sieht...und um sich zu erhöhen muss er andere erniedrigen. Das ist zwar nachvollziehbar - teilweise - macht ihn aber nicht sympathischer.
 

Leseglück

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Bis Kapitel 10 habe ich gelesen.
Jetzt erst finde ich den Inhalt ein bisschen nervig. Mich nervt inzwischen, dass sich alles immer wiederholt: Unser Held wird frustriert, er reagiert mit extremen Hass und auch mit Selbsthass. Und das immer wieder...erst schießt er auf Krabben, dann quält er Insekten... Fast könnte man sagen, dass er Gott sei Dank seinen Hass "nur" an Krabben oder Insekten auslässt. Jedenfalls was die handgreifliche Aggression betrifft. Verbal aggressiv ist er allen Menschen gegenüber. Er weiß genau wie er Menschen beleidigen kann. Dunkelhäutige bezeichnet er als Nigger und Frauen als Huren usw. Allerdings sagt er, dass er genau weiß wie man so was macht weil er selbst oft Beleidigungen erlebt hat: "Spaghettifresser, Itaker..." Er kann sich auch selbst sehr gut runtermachen.

In den ersten Kapiteln hab ich mich noch amüsiert. Man muss doch oft grinsen über die Sprüche des Jugendlichen. Seine Schwester ist in der Kirche und er sagt: "Mein eigen Fleisch und Blut gibt sich im Gebetshaus dem Aberglauben hin." Finde ich witzig. Er zitiert da sicher sinngemäß irgendeinen Philosophen.
Oder wenn er den Schrank in dem er onaniert als sein "Studierzimmer" bezeichnet. Dieser Kontrast zwischen banaler und trister Wirklichkeit und seinen hochgestochenen Sprüchen! Muss man das nicht als Ironie lesen?? Am Anfang dachte ich schon.
Je länger ich lese um so ernster erscheint mir allerdings der Hass dieses Jungen. Warum ist er so voller Hass?
Aufgefallen ist mir dass er sich selbst verletzt nach seinem Aufenthalt im "Studierzimmer" Hier ist der Ekel der Mutter diesen Dingen gegenüber sicher die Ursache für den Selbsthass.

Auf S. 17 Ist ein schöner Absatz: Ab: In unserem Haus quietschte die Treppe auf jeder Stufe wie ein Mäusenest...bis" Ich hatte schon immer weggehen und alles verändern wollen, und schon immer hatte ich mir vorzustellen versucht, wie das wohl wäre, wenn alles anders wäre. Aber was ich hätte machen können, damit sich etwas ändert, wusste ich nicht,"

Womit ist er unzufrieden in seiner Familie? Auf S. 26 geht es um einen Vergleich mit einer Schlange, wobei sich Arturo mit der Schlange identifiziert. Die Schlange kämpft tapfer und kontrolliert gegen drei Hunde, obwohl sie keine Chance hat. "Ganz ähnlich wie mit dieser Schlange ging es mir mit meiner Schwester und meinem Vater"

@Renie
du schreibst dass du den Roman später ansiedeln würdest. Geht mir auch so
Ich denke es liegt an der Brutalität der Sprache, die ist ja teilweise vulgär, politisch total unkorrekt...das assoziiere ich eher mit der Moderne.
 
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Ich hatte schon immer weggehen und alles verändern wollen, und schon immer hatte ich mir vorzustellen versucht, wie das wohl wäre, wenn alles anders wäre. Aber was ich hätte machen können, damit sich etwas ändert, wusste ich nicht,"
Du hast hier wirklich Stellen aufgeführt, die doch auf mehr Tiefe hindeuten, als ich bisher gelesen habe @Leseglück!
Ich gebe zu, ich habe sie überlesen, obwohl ich keinesfalls oberflächlich mit diesem Buch umgehe. Diese schönen Passagen werden einfach überlagert von einer ganz anderen, rüden Grundstimmung, die Arturo verbreitet. Bisher kann ich an Mutter und Schwester auch noch nichts Schlimmes entdecken und frage mich, ob sein Hass nicht auch Frucht seiner Einbildung und seiner Phantasien ist. Ob die Frauen in der Zeit selbst Möglichkeiten hatten zu arbeiten? Keine Ahnung.
 

Helmut Pöll

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Arturo geht mir mittlerweile dermaßen auf die Nerven, dass ich mir wünschen würde, dass ihm endlich mal jemand seine Grenzen aufzeigt. Als er den Fillipino auf der Toilette beleidigt hat, habe ich insgeheim gehofft, dass dieser ihm eine runterhaut.
Ja, da stimme ich Dir zu. Mir ist selten jemand schneller unsympathisch geworden als Arturo. Jetzt ist er an einem Punkt angekommen, wo er mir schlicht egal ist, @Renie
 
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Helmut Pöll

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und schon immer hatte ich mir vorzustellen versucht, wie das wohl wäre, wenn alles anders wäre. Aber was ich hätte machen können, damit sich etwas ändert, wusste ich nicht
Ich glaube, dass sein Hass daher kommt, @Leseglück . Er hat eine Vorstellung davon, wo er hin will, sieht aber aufgrund seiner Herkunft und den Perspektiven, die sich zu dieser Zeit für ihn daraus ergeben, keine Chance, dass er das schafft.
 

Tiram

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Dieses Zitat erscheint ja schon auf Seite 17. Und diese Sätze sind von allen vier Büchern die tiefgehendsten, die Arturo von sich gibt.

Diesen Hass, wie Du schreibst,@Helmut Pöll , hat er schon von jung an in sich. Und ich glaube nicht mal, dass es Hass ist. Er ist ein ganz unausgegorener Charakter.
Selbst Menschen, von denen er etwas möchte, stößt er permanent gegen den Kopf. Ihm fehlen die einfachsten Benimmregeln, die ihm in der Kindheit nicht beigebracht wurden.

Ich kann mich an eine Szene aus dem ersten Buch erinnern: Da war er in eine Mitschülerin verliebt, die von einem Tag auf den anderen nicht mehr in die Schule kam. Er wollte unbedingt wissen, was mit ihr ist und hat eine Freundin von ihr gefragt. Aber statt freundlich zu fragen, tat er das auf die bekannte beleidigende Art, sodass sie ihm die Antwort natürlich vorenthielt. Was ihn noch unflätiger werden ließ.
 

Literaturhexle

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Dieses Zitat erscheint ja schon auf Seite 17. Und diese Sätze sind von allen vier Büchern die tiefgehendsten, die Arturo von sich gibt.

Diesen Hass, wie Du schreibst,@Helmut Pöll , hat er schon von jung an in sich. Und ich glaube nicht mal, dass es Hass ist. Er ist ein ganz unausgegorener Charakter.
Selbst Menschen, von denen er etwas möchte, stößt er permanent gegen den Kopf. Ihm fehlen die einfachsten Benimmregeln, die ihm in der Kindheit nicht beigebracht wurden.

Ich kann mich an eine Szene aus dem ersten Buch erinnern: Da war er in eine Mitschülerin verliebt, die von einem Tag auf den anderen nicht mehr in die Schule kam. Er wollte unbedingt wissen, was mit ihr ist und hat eine Freundin von ihr gefragt. Aber statt freundlich zu fragen, tat er das auf die bekannte beleidigende Art, sodass sie ihm die Antwort natürlich vorenthielt. Was ihn noch unflätiger werden ließ.
Das ist super interessant, dass du uns da etwas voraus hast @Tiram.
Einige Leser warten ja gespannt auf die Auflösung, warum Arturo so ist wie er eben ist. Ich denke auch, da liegt gar nichts in der Tiefe verborgen. Man kann auch nicht alles auf die Jugend schieben: mit 18 weiß man, wie die Dinge laufen....

Und @Helmut Pöll : mir ergeht es wie dir: Arturo interessiert mich einfach nicht mehr. Er ist so ein platter Knochen - einfach nur blöd ;)