Kapitel 21-30

Sebastian

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Das Böse kommt auf leisen Sohlen ist bis hierher weder ein klassischer Thriller, noch ein klassischer Fantasyroman. Bradbury mischt noch eine beträchtliche Portion Coming of Age bei, wie man sie in modernen Romanen oftmals bei King (ES) findet. Stellenweise wird es dabei sehr philosophisch (das Gespräch zwischen Will und seinem Vater).
 
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Helmut Pöll

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Stellenweise wird es dabei sehr philosophisch (das Gespräch zwischen Will und seinem Vater).
Ja, das hat mich auch gewundert. Der Vater scheint ja ein wenig schwermütig zu sein. Im weiteren Verlauf des Buches hatte ich auch stellenweise meine Schwierigkeiten. Durch die sehr kurzen Sätze wirkt die Sprache manchmal sehr abgehackt, seitenweise kommt überhaupt kein gewohnter Lesefluss auf. Manchmal musste ich mich sehr konzentrieren, um den Faden nicht zu verlieren. Aber dieses Wirre, Chaotische hat auch seinen Reiz.

Die beiden Jungen verfolgen den Neffen ihrer Lehrerin, hinter dem sie "Es" vermuten, auf das Zirkusgelände, wo der Neffe durch das Zauberkarussell in einen Greis verwandelt wird und - nach Ansicht der Jungen - stirbt. Sie alarmieren Polizei und Sanitäter, aber bei deren Eintreffen verkauft der Zirkusdirektor alles als Teil einer magischen Show.

Stellenweise dachte ich, dass im jett gleich aufwacht und alles in Ordnung ist, alles also nur ein Traum gewesen ist. Obwohl noch nicht wirklich etwas passiert ist - es gibt ja keinen Beweis für den Toten - ist die Stimmung der Geschichte doch sehr beklemmend.
 
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Querleserin

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30. Dezember 2015
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Dieses In-der-Schwebe-lassen, ob denn das, was die Jungen als ihre Wirklichkeit erlebt haben, auch wirklich passiert ist, ist schon sehr gut erzählt. Immer wieder wendet sich die Handlung und man glaubt, es gäbe eine reale Erklärung.
Das Gespräch zwischen Will und seinem Vater war schon sehr tiefgreifend, sehr anspruchsvoll für einen 13-Jährigen, aber Will scheint ja ein intelligenter Junge zu sein, der das "Böse" eher ablehnt, während sich Jim von ihm bzw. dem Karussell angezogen fühlt. Bin echt gespannt, ob und wie es sich auflöst.
 

Sassenach123

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Bradbury lässt irgendwie alles skurril und bizarr erscheinen. Ertappe mich häufig dabei, dass ich Sätze mehrfach lese, weil ich mir einfach nicht sicher bin, ob ich alles richtig verstanden habe. Er thematisiert oft auch scheinbar unwichtige Dinge, so unterhielten die Jungen sich beispielsweise lange über die Anzahl der Drehungen die das Karussell gemacht hat. Er schmückt dies meist dann auch sehr bildhaft aus.
Momentan kann ich weder sagen das es mir gefällt, noch das es mir nicht gefällt. Es hat seinen Reiz, mal sehen wie es weitergeht.
 

Renie

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19. Mai 2014
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Dieses In-der-Schwebe-lassen, ob denn das, was die Jungen als ihre Wirklichkeit erlebt haben, auch wirklich passiert ist, ist schon sehr gut erzählt. Immer wieder wendet sich die Handlung und man glaubt, es gäbe eine reale Erklärung.
Das ist ein Punkt, der mich ständig beschäftigt. Ich frage mich immer, wieviel Fantasie bei den Jungs in das Erlebte reinspielt. Sie scheinen Dinge zu sehen, die Erwachsene nicht wahrnehmen. Aber was ist davon jetzt Wirklichkeit? Die Szene mit der Hexe im Heißluftballon, z. B. Ist der Heißluftballon Realität? Ganz zu schweigen von der Hexe und ihrem Angriff auf Will. Ich denke die ganze Zeit "Das gibt's doch gar nicht". Und doch lass ich mich von der Geschichte fesseln.

Ich habe mich jetzt an den Schreibstil gewöhnt. Teilweise hat dieser doch einen sehr morbiden Charme, der einen gruseln lässt. Bsp. "Dann legte er sich kalt und gerade und steif aufs Bett." Bradbury's Wink mit dem Leichentuch?
 

Sassenach123

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Auf den ersten Seiten hatte ich teilweise den Eindruck, das Charlie seinen Sohn Will ablehnt. Er schien mit dem Familienleben überfordert. Nach diesem Abschnitt denke ich anders über die Beziehung zwischen den beiden. Charlie plagen seine eigenen Geister, gepaart mit Unsicherheit. Dennoch hat er sehr viel Einfühlungsvermögen bewiesen, bei dem Gespräch mit Will in der Nacht, als klar wurde, dass er und Jim häufiger nachts unterwegs sind. Dieses Gespräch hat mir gezeigt, dass er ein guter Vater sein möchte, auf seine Art.
 

wal.li

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Ganz klasse finde ich dieses pubertäre auf und ab. Manchmal wirkt in diesem Abschnitt Will fast erwachsen, dann wieder sehr kindlich. Das Gespräch mit seinem Vater war sehr beeindruckend. Ich denke immer noch, dass der Vater noch eine Geschichte zu erzählen hat. Unheimlich sind dagegen die Ereignisse im Zirkus. Dieses Karussell, das beim vor- oder zurückdrehen auf das Alter der Benutzer wirkt. Obwohl, wenn man manchmal daran denkt, dass man die Zeit zurückdrehen möchte, ist das schon ein sehr treffendes Bild. Sehr geschickt, wie die Zirkusleute es schaffen sich selbst gut und die Jungen etwas dumm dastehen zu lassen. Ausgesprochen fies war das Verhalten von dem vermeintlichen Robert, der wollte Jim und Will tatsächlich des Diebstahls bezichtigen.
 

anne_weiss

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Das ist ein Punkt, der mich ständig beschäftigt. Ich frage mich immer, wieviel Fantasie bei den Jungs in das Erlebte reinspielt. Sie scheinen Dinge zu sehen, die Erwachsene nicht wahrnehmen. Aber was ist davon jetzt Wirklichkeit? Die Szene mit der Hexe im Heißluftballon, z. B. Ist der Heißluftballon Realität? Ganz zu schweigen von der Hexe und ihrem Angriff auf Will. Ich denke die ganze Zeit "Das gibt's doch gar nicht". Und doch lass ich mich von der Geschichte fesseln.

Ich habe mich jetzt an den Schreibstil gewöhnt. Teilweise hat dieser doch einen sehr morbiden Charme, der einen gruseln lässt. Bsp. "Dann legte er sich kalt und gerade und steif aufs Bett." Bradbury's Wink mit dem Leichentuch?
Mich erwischt Bradbury leider nicht - fühlte mich auch bei der Verfolgung der Hexe kein bisschen gegruselt. Vielleicht hätte das ein oder andere Opfer zwischendurch sein übriges getan. So habe ich wie du das Gefühl, es könnte sich weitgehend auch in der Fantasie der Jungen abspielen und das kickt mich leider gar nicht...
 
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Helmut Pöll

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Wenn Bradburys Buch Stephen King gut gefallen hat, dann vielleicht auch, weil dieser sich in der Zeit ständig im Drogenrausch befunden haben soll...
Das wäre natürlich auch eine Erklärung. Ich glaube man darf auch nicht vergessen, wann das geschrieben worden ist. Da gab's noch keinen King etc. Wir sind heute vermutlich mittlerweile so abgestumpft, dass uns kaum mehr etwas hinter dem Ofen vorlockt, geschweige denn kickt. Das merke ich immer, wenn ich einen älteren Krimi lese, da gibt's maximal eine Leiche mit ein paar Tropfen Blut - nicht zu vergleichen mit den monströsen Schlachtorgien aktueller Thriller. Bei der Gruselliteratur ist es vermutlich ähnlich.
 

anne_weiss

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Das wäre natürlich auch eine Erklärung. Ich glaube man darf auch nicht vergessen, wann das geschrieben worden ist. Da gab's noch keinen King etc. Wir sind heute vermutlich mittlerweile so abgestumpft, dass uns kaum mehr etwas hinter dem Ofen vorlockt, geschweige denn kickt. Das merke ich immer, wenn ich einen älteren Krimi lese, da gibt's maximal eine Leiche mit ein paar Tropfen Blut - nicht zu vergleichen mit den monströsen Schlachtorgien aktueller Thriller. Bei der Gruselliteratur ist es vermutlich ähnlich.
Stimmt - Lesegewohnheiten haben sich ebenso verändert wie Sehgewohnheiten. Dennoch kann ich auch Spannung empfinden, wenn etwas nicht ganz so reißerisch erzählt ist. Bestes Beispiel: Astrid Lindgren. Kein Blut, keine Leichen, aber megaspannend und gut konstruiert... Vielleicht sollte ich es noch etwas besser erklären: Bei mir will keine rechte Spannung aufkommen, weil es kaum eine Bedrohung für die Jungen zu geben scheint. Das Ganze hat etwas zu Traum-artiges, als dass ich die Sorgen, etwas könne passieren, als Leser ernst nehme. (Ich sprach ja schon von David Lynch, an den mich das erinnert, und dessen Filme finde ich meist auch nicht gruselig oder auch spannend, sondern eher irritierend...)
 

parden

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Bei mir will keine rechte Spannung aufkommen, weil es kaum eine Bedrohung für die Jungen zu geben scheint. Das Ganze hat etwas zu Traum-artiges, als dass ich die Sorgen, etwas könne passieren, als Leser ernst nehme.

Das trifft es auch in etwa bei mir. Eine surreale Mischung aus Gruseligem und Surrealem, das den Gruseleffekt wieder verwischt. Dazu Coming-of-Age, wie schon von jemandem erwähnt, und ein Quäntchen Philosophie über 'Gut' und 'Böse' und das Glücklichsein. Und immer noch all die Metaphern, auch wenn ich mich inzwischen an den Schreibstil gewöhnt habe.

Dennoch lese ich das Buch nicht ungerne - für die 60er Jahre doch wohl ein recht ungewöhnlicher und gewagter 'Stoff', könnte ich mir vorstellen... :)
 

Sebastian

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Na ja, ob das Buch so ungewöhnlich ist, weiß ich nicht. Dafür fehlt mir der Vergleich. Die Sprache ist es aber anscheinend schon. Ich habe im vergangenen Jahr auch "Psycho" gelesen, welches ja bereits '59 veröffentlicht wurde. Das ist deutlich gradliniger und weniger "verschwurbselt". Gut, es handelt sich um die Übersetzung von Hannes Riffel, die Mitte der 90er entstanden ist, aber ich bezweifele, dass das wirklich einen derartigen Einfluss auf die Sprache als solches hat.
 
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anne_weiss

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Na ja, ob das Buch so ungewöhnlich ist, weiß ich nicht. Dafür fehlt mir der Vergleich. Die Sprache ist es aber anscheinend schon. Ich habe im vergangenen Jahr auch "Psycho" gelesen, welches ja bereits '59 veröffentlicht wurde. Das ist deutlich gradliniger und weniger "verschwurbselt". Gut, es handelt sich um die Übersetzung von Hannes Riffel, die Mitte der 90er entstanden ist, aber ich bezweifele, dass das wirklich einen derartigen Einfluss auf die Sprache als solches hat.
Hannes Riffel ist ein super Übersetzer :) Vor allem seine Gaiman-Übersetzungen gefallen mir sehr...
 
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Dennoch lese ich das Buch nicht ungerne - für die 60er Jahre doch wohl ein recht ungewöhnlicher und gewagter 'Stoff', könnte ich mir vorstellen... :)
Mich nervt das Buch leider langsam, bin froh, dass ich jetzt im letzten Teil bin... ;-) Für die Zeit wahrscheinlich schon ungewöhnlich, aber davor existierte schon der Roman "I am Legend" und, wie @Sebastian schreibt, "Psycho", außerdem die Erzählungen von Roald Dahl, und in die Siebziger fallen dann die Vampirromane von Anne Rice, die, wie ich finde, auch eher straight erzählt sind.
 
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anne_weiss

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Auch die King-Übersetzungen sind gut. Auch wenn ich da wohl immer Joachim Körber als die deutsche Stimme sehen werde :)
:) Schön, wenn mal jemand Übersetzer so zur Kenntnis nimmt! Hannes Riffel ist ja bei Fischer Programmverantwortlicher, der kennt sich also mit Fantasy auch von der verlegerischen Seite aus. Und Körber hat auch mal Bradbury übersetzt :)
 
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Sebastian

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:) Schön, wenn mal jemand Übersetzer so zur Kenntnis nimmt! Hannes Riffel ist ja bei Fischer Programmverantwortlicher, der kennt sich also mit Fantasy auch von der verlegerischen Seite aus. Und Körber hat auch mal Bradbury übersetzt :)

Ich habe vor einiger Zeit eine Artikelreihe zum Thema Übersetzer und Übersetzungen im Blog gebracht, inklusive Interviews mit Körber, Riffel, Andreas Brandhorst (war ja lange Stammübersetzer für Terry Pratchett) und Markus Mäurer. Das Thema beschäftigt mich schon eine ganze Weile :).

Riffel ist nicht nur programmverantwortlich bei Fischer Tor, sondern war/ ist (bin mir nicht sicher) auch Verleger bei Golkonda. Da ist ja auch einiges aus dem Bereich der Phantastik erschienen.
 
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anne_weiss

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Ich habe vor einiger Zeit eine Artikelreihe zum Thema Übersetzer und Übersetzungen im Blog gebracht, inklusive Interviews mit Körber, Riffel, Andreas Brandhorst (war ja lange Stammübersetzer für Terry Pratchett) und Markus Mäurer. Das Thema beschäftigt mich schon eine ganze Weile :).

Riffel ist nicht nur programmverantwortlich bei Fischer Tor, sondern war/ ist (bin mir nicht sicher) auch Verleger bei Golkonda. Da ist ja auch einiges aus dem Bereich der Phantastik erschienen.
Bei Golkonda ist er meines Wissens immer noch GF - er hat den Verlag gegründet, das ist wie ein Baby ;-)