Kapitel 11-15

Momo

Aktives Mitglied
10. November 2014
995
1.264
44
Bis Seite 120

Arturo fragt sich nun selbst auch, was ihn zu dem gemacht hat, was er geworden ist? Auf Seite 104 ist er sich gegenüber für einen kurzen Augenblick selbstkritisch, klagt sich an, die Verantwortung nicht mehr von sich zu schieben und der Wahrheit endlich ins Gesicht zu schauen ... Er bezeichnet sich selbst als Lügner ... Nun geht aber wieder die Fantasie mit ihm durch, spricht mit einer jungen Palme, die ihm sagt, dass nicht er schuld an seinem Schicksal sei, sondern die Frauen ... Er geht nach Hause, riecht nach Fisch, und wird des Geruches wegen von seiner Schwester angewidert, es kommt zu einem heftigen Eklat ...

Arturo rächt sich an den Frauen, zieht sich in seinen Schrank zurück, in dem die vielen Zeitschriften mit den schönen Frauenfotos liegen. Er nimmt die Fotos zu sich, steigt mit ihnen in die Badewanne und zerreist die Fotos mit dem symbolischen Effekt, die Frauen zu vernichten. Frauen, die seinen Geist vergiftet haben sollen, Frauen, die die Schuld haben würden, dass er in einer Fischfabrik atbeiten musste, dort ausgelacht wurde, und zu einem Proletarier degradiert wurde ... Letztendlich nahm er mit Hilfe der Fotos stellvertretend Rache an seine Mutter und Schwester ...
 

Helmut Pöll

Moderator
Teammitglied
9. Dezember 2013
6.575
11.113
49
München
Auf Seite 104 ist er sich gegenüber für einen kurzen Augenblick selbstkritisch, klagt sich an, die Verantwortung nicht mehr von sich zu schieben und der Wahrheit endlich ins Gesicht zu schauen
Diese Selbsterkenntnis ist ja erstmal ganz positiv, führt aber bei ihm nicht zu einer Änderung im Verhalten. Mir kam der Gedanke, ob er diese Anflüge von Einsicht nicht nur wieder als Beweis für seine Schlauheit ansieht. Aber bei dieser Nabelschau bleibt es dann auch.
 
  • Like
Reaktionen: Literaturhexle

Momo

Aktives Mitglied
10. November 2014
995
1.264
44
Ja, Helmut, da stimme ich dir zu. Warten wir es ab, ich denke aber trotzdem, dass die unliebsame Selbsterkenntnis noch kommen wird.
 

Momo

Aktives Mitglied
10. November 2014
995
1.264
44
Bis Seite 135

Am schlimmsten schneiden Frauen bei ihm ab. Auch schöne, die er besitzen will, um sie im Anschluss zu vernichten. Was hat er für ein Problem? Welche Probleme projiziert er auf Frauen? Er behandelt sie in seiner fiktiven, in seiner fantasiewelt wie Insekten.
 

Momo

Aktives Mitglied
10. November 2014
995
1.264
44
Bis Seite 155

Diese Gewalt an Wehrlose nimmt einfach nicht ab. Den Tieren gegenüber wird er wiederholt sadistisch, den Menschen gegenüber konfrontiert er uns mit abstoßender verbaler Gewalt, s. Seite 146. Es staut sich grad ganz viel Wut in mir ...

Endlich sagt ihm einer die Meinung, Manuel, der sich wieder eine Schimpftirade über sich hat ergehen lassen müssen, ein Kotzbrocken, im gebrochenem deutsch (amerikanisch).

"Ja, kotz" (...). Du kein Schreiber. Du kotzt nur."

Auf Seite 148 ärgert Arturo sich über schmutzige Wörter, Obszönitäten, ohne sich bewusst zu sein, dass er selber diese Wörter gebraucht ...

Auf Seite 140f macht er einen hungrigen Arbeiter, einen Familienvater an, der keinen Mumm aufbringen kann, sich gewerkschaftlich zu organisieren, weshalb Arturo ihn als Feigling ... beschimpft. Er könnte für seine Rechte kämpfen ... Aber was tut Arturo? Er kämpft ja selbst auch nicht. Er ist genauso wenig gewerkschaftlich organisiert und verdient auch nicht mehr als die anderen.

Aber es gibt Szenen, über die ich einfach lachen muss, als er auf Seite 152f seinen Chef kompromitiert, der mit dem Begriff Hitlers Weltanschauung nichts anzufangen weiß. Trotzdem sehr traurig, wie er mit den Menschen umgeht.
 

Querleserin

Bekanntes Mitglied
30. Dezember 2015
4.048
11.068
49
50
Wadern
querleserin.blogspot.com
Die Selbsterkenntnis (S.104), die @Momo beschrieben hat, passt zur Metapher der buckligen Frau. Aber sie währt auch nur einen Moment. Seine "Großkotzigkeit" scheint zunächst etwas weniger zu werden, bevor er dann den Familienvater verhöhnt und sich über die mangelnde Bildung seines Chefs lustig macht.
Obwohl er die Ausbeutung durchaus richtig beurteilt, zieht er keine Konsequenzen darauf. Wahrscheinlich wird er kündigen...aber er strebt nicht danach, die Arbeitsbedingungen zu verbessern - träumt immer wieder davon, seine persönliche Situation zu verbessern.
Die Fantasien über die Frauen sind da noch das Normalste, oder? Er ist schließlich ein junger Mann ;) Was ich jedoch bedenklich finde, ist dass seine "Lieblings-Frau" diejenige ist, die er in seinen Träumen quält und erniedrigt. Das passt wieder zu den Insekten...und zu seinem Sadismus, ebenso wie der Wunsch eines der Flugzeuge möge abstürzen. Das ist schon irgendwie krank...
 

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.250
49.186
49
Eine Frage, die ich mir stelle: Arturo ist weit und breit der einzige Italiener in der Fischfabrik. Im Amerika der damaligen Zeit gab (und gibt es verbreitet noch heute) es eine strikte Rangordnung der Volksgruppen. Insofern war es für Arturo sicher frustrierend, es nicht weiter als bis in eine Fischfabrik zu den einfachen Arbeitern geschafft zu haben.
Warum ist das so? Sein Vater ist gestorben. Arturo ist an Büchern interessiert. Da läge doch nahe, dass er ein guter Schüler war mit gutem Abschluss, der ihn wenigstens irgendwo ins Büro katapultiert hätte?
Solche Chancen (sofern es sie gab) macht er sich mit seinem renitenten, überheblichen Wesen kaputt. Welcher Chef lässt sich schon beschimpfen wie Shorty?

Arturo hat Minderwertigkeitskomplexe ohne Ende. Er wäre so gerne mehr als er ist. Da er keine Anstrengungen unternimmt, sich durch Leistung hervorzutun, bleibt ihm nur die Flucht in Phantasien. Darüber hinaus diffamiert er alle anderen Menschen: Frauen, Kollegen, Familie...egal. Warum der Chef ihn nach seinen "Auftritten" nicht rausschmeißt, wundert mich.
Lachen kann ich über Arturo überhaupt nicht. Ich finde die Figur einfach lächerlich. Selbst seine Aufrufe zum Kommunismus kommen mir gestellt und unehrlich wie eine schnelle Laune vor. "Hitlers Weltanschauung", auf Deutsch vorgetragen, ist nun wahrhaft kein Beweis einer guten Bildung. Arturo verfügt,wenn überhaupt, über ein Nischenwissen, mit dem er andere zwar vorführen kann, was aber in Wahrheit nichts ist, was einen vorwärts bringen kann.

Man kann sich natürlich fragen: wie ist Arturo so geworden, wie er ist. Vielleicht erfahren wir es noch, wirklich interesseren tut es mich nicht: egal, wie schlimm seine Kindheit war, niemand hat das Recht, andere Menschen/Tiere dermaßen herabwürdigend und rücksichtslos zu behandeln. Für mich bleibt er ein schlichter Spinner.

Selten habe ich so viele Schimpfworte in einem Buch gelesen. Ich bin wahrlich nicht zart besaitet, aber zuviel ist zuviel. Arturo ist ein extrem grobschlächtiger Charakter, ich kann keine Tiefe in ihm erkennen. Er ist böse auf sich und die Welt- hinterfragt aber keine Minute, inwiefern er selbst Verantwortung für sein Leben hat. Bezeichnend auch, dass er keine Freunde oder gar eine Freundin hat. Wen wundert's???
 

Helmut Pöll

Moderator
Teammitglied
9. Dezember 2013
6.575
11.113
49
München
Man kann sich natürlich fragen: wie ist Arturo so geworden, wie er ist. Vielleicht erfahren wir es noch, wirklich interesseren tut es mich nicht: egal, wie schlimm seine Kindheit war, niemand hat das Recht, andere Menschen/Tiere dermaßen herabwürdigend und rücksichtslos zu behandeln.
Nein, da stimme ich Dir zu. Die Situation mit dem Filippino ist unsäglich, vor allem,weil der sich ja auch noch erkundigt, wie es ihm geht.
Lachen kann ich über Arturo überhaupt nicht. Ich finde die Figur einfach lächerlich.
Nein, das kann ich auch nicht. Ich empfinde ihn auch nicht als witzig, weil er ja alle ohne Unterschied brüskiert.
 
  • Stimme zu
Reaktionen: Literaturhexle

Momo

Aktives Mitglied
10. November 2014
995
1.264
44
Eine Frage, die ich mir stelle: Arturo ist weit und breit der einzige Italiener in der Fischfabrik. Im Amerika der damaligen Zeit gab (und gibt es verbreitet noch heute) es eine strikte Rangordnung der Volksgruppen. Insofern war es für Arturo sicher frustrierend, es nicht weiter als bis in eine Fischfabrik zu den einfachen Arbeitern geschafft zu haben?

Er selbst bezeichnet sich aber nicht als Italiener. Er bezeichnet sich als Amerikaner. Der einzige in der Fischfabrik. Er kennt Italien ja gar nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.250
49.186
49
Er selbst bezeichnet sich aber nicht als Italiener. Er bezeichnet sich als Amerikaner. Der einzige in der Fischfabrik. Er kennt Italien ja gar nicht.
Da hast du Recht! Andererseits sind die anderen ja auch eingewandert und würden sich (zumindest teilweise) als Amerikaner bezeichnen, wenn man sie fragen würde. Wir erfahren ja nur und ausschließlich Arturos Wertung.

Umso schlimmer ist sein persönliches Versagen, als echter Amerikaner das unterste Rädchen im einer Fischfabrik zu sein....
 

Momo

Aktives Mitglied
10. November 2014
995
1.264
44
Da hast du Recht! Andererseits sind die anderen ja auch eingewandert und würden sich (zumindest teilweise) als Amerikaner bezeichnen, wenn man sie fragen würde. Wir erfahren ja nur und ausschließlich Arturos Wertung.

Umso schlimmer ist sein persönliches Versagen, als echter Amerikaner das unterste Rädchen im einer Fischfabrik zu sein....

Ja, aber Arturo selbst ist ja nicht eingewandert. Aber egal, ich weiß was du meinst.

Was seine berufliche Orientierung betrifft, nun, seine Schulabschlüsse sind aber nicht schlecht gewesen. (Sorry, wenn ich jetzt etwas verrate, ist nicht immer zu umgehen, sonst kann man sich nicht austauschen.) Er und seine Schwester haben ziemlich gute Zeugnisse von der High-School. ich denke, der Vater ist gestorben und er als das männliche Glied zum Familienoberhaupt ernannt, und war gezwungen, in die Fussstapfen seines Vaters zu treten. Arturo musste für die Familie sorgen, obwohl er gar nicht reif dafür ist. Er kommt mir wie ein 15-jähriger vor. Ich finde das eine schwere und verantwortungsvolle Aufgabe, für einen jungen Mann, der noch nicht fertig ist mit seiner Entwicklung. In dieser Beziehung bin ich eher wütend auf die Mutter, dass sie selbst nicht den Ehrgeiz hat, für sich und für ihre minderjährigen Kinder zu sorgen. Naja, man darf nicht vergessen, in welcher Zeit das Buch sich abspielt.
 

Helmut Pöll

Moderator
Teammitglied
9. Dezember 2013
6.575
11.113
49
München
In dieser Beziehung bin ich eher wütend auf die Mutter, dass sie selbst nicht den Ehrgeiz hat, für sich und für ihre minderjährigen Kinder zu sorgen. Naja, man darf nicht vergessen, in welcher Zeit das Buch sich abspielt.
Das habe ich mich auch gefragt @Momo , aber Du gibst die Antwort ja gleich selber. In den 1930er Jahren war es eher unüblich, dass Frauen eine Berufsausbildung machten und nicht "nur" Hausfrau waren. Insofern war die Alternative wohl nur Sozialhilfe, wobei ich mir nicht sicher bin, ob es die schon gab.
 

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.250
49.186
49
Das habe ich mich auch gefragt @Momo , aber Du gibst die Antwort ja gleich selber. In den 1930er Jahren war es eher unüblich, dass Frauen eine Berufsausbildung machten und nicht "nur" Hausfrau waren. Insofern war die Alternative wohl nur Sozialhilfe, wobei ich mir nicht sicher bin, ob es die schon gab.
So ganz sicher bin ich mir da nicht. Man liest doch oft von verwitweten Frauen, die dann Wäsche- und Bügelarbeiten übernommen haben, um die Familie durchzubringen. Arturos Mutter könnte ja auch in die Fabrik gehen, die Kinder sind groß...

Bei den Italienern werden aber die Familenbande enorm hoch geschätzt: der Onkel gibt ja auch klaglos immer wieder Geld, auch wenn er möchte, dass Arturo diesen Part übernimmt. Mein Eindruck ist, dass dieses "vom Manne versorgt werden" so tief in der Mutter verwurzelt ist, dass sie über andere Varianten gar nicht nachdenkt.
Leider ist Arturo dermaßen unsympathisch, dass er mir nicht ein Stückchen leid tut. Wie würde er sich wohl ohne anstrengende Arbeit aufführen...:mad:
 

Momo

Aktives Mitglied
10. November 2014
995
1.264
44
Ich würde das jetzt nicht auf alle Italienerinnen beziehen. Es gibt viele Frauen, die zu dieser Zeit hart gearbeitet haben. In Italien zumindest. Wie es bei Italo/Amerikanerinnen ist, weiß ich nicht.

P.S. ich habe mich mal umgehört. Es kommt darauf an, was die Italienerinnen in Italien beruflich zu tun hatten zu dieser Zeit. Die einfachen und jungen Frauen z.B. ohne Qualifikationen wurden von den Eltern in große Städte geschickt, um sich für wenig Geld als Dienstmagd und Kindermädchen nützlich zu machen. Das war ein rund um die Uhr Job. Ich würde das aber jetzt nicht auf Amerika beziehen. Für mich ist Arturo immer noch Amerikaner ...
 
Zuletzt bearbeitet:

Sassenach123

Bekanntes Mitglied
27. Dezember 2015
4.295
10.430
49
49
Mittlerweile muss ich mich fast zum lesen zwingen. Ich kann dem allem nicht viel abgewinnen. Es liegt nicht nur daran, dass Arturo so verkorkst ist, ich sehe hinter allem auch keinen Sinn. Bin auf das Ende gespannt, habe zur Zeit keine Idee in welche Richtung es gehen mag.

Arturo hält durch und arbeitet nun schon länger in der Fischfabrik, das habe ich nicht erwartet. Er macht aus seiner Abneigung der Arbeit und den Menschen gegenüber keinen Hehl. Weiß alles besser und richtet damit teilweise großen Schaden an. Ist Shorty Naylor seinem Onkel Frank so verbunden? Fände es nachvollziehbar ihn zu entlassen, Gründe gäbe es genug.
Die Art und Weise wie er über Frauen denkt ist schwer zu ertragen. Frage mich immer wieder worin dieser begründet ist. Und über allem schwebt die Schuldfrage! Alles was in Arturos Leben schief geht wird abgewälzt auf andere, obwohl er fast alles selbstverschuldet. Er versteckt sich hinter dem erworbenen Wissen, menschlich fehlt ihm eine ganze Menge.......
 
  • Like
Reaktionen: Literaturhexle

Sassenach123

Bekanntes Mitglied
27. Dezember 2015
4.295
10.430
49
49
Diese Selbsterkenntnis ist ja erstmal ganz positiv, führt aber bei ihm nicht zu einer Änderung im Verhalten. Mir kam der Gedanke, ob er diese Anflüge von Einsicht nicht nur wieder als Beweis für seine Schlauheit ansieht. Aber bei dieser Nabelschau bleibt es dann auch.


Bei dieser Szene keimte auch in mir Hoffnung. Bis zur Hasstirade, dass alle Frauen Schuld sind. Habe ein wenig gebraucht zu begreifen, dass sein Zorn sich an seine Bildchen richtete, wobei es ja sein Frauenbild im allgemeinen widerspiegelt.
 
  • Like
Reaktionen: Literaturhexle

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.250
49.186
49
Mittlerweile muss ich mich fast zum lesen zwingen. Ich kann dem allem nicht viel abgewinnen.
Da bist du nicht allein. Das ist uns allen so gegangen. Ich habe noch nie ein Buch erlebt, das von niemandem in einer Leserunde verteidigt wurde.
Bei Amazon gibt es zwei Rezis, die den Humor des Werkes preisen. Ich finde de da gar nichts komisch dran....o_O
 
  • Stimme zu
Reaktionen: Sassenach123

Sassenach123

Bekanntes Mitglied
27. Dezember 2015
4.295
10.430
49
49
Da bist du nicht allein. Das ist uns allen so gegangen. Ich habe noch nie ein Buch erlebt, das von niemandem in einer Leserunde verteidigt wurde.
Bei Amazon gibt es zwei Rezis, die den Humor des Werkes preisen. Ich finde de da gar nichts komisch dran....o_O


Momentan bin ich auch noch nicht über etwas humorvolles gestolpert..........
 
  • Haha
Reaktionen: Literaturhexle