Jane Austens "Persuasion" (2022)

Die Häsin

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Ich habe mir einen Teil davon bei Netflix angesehen .... hm.
Also vorweg, ich kenne sowohl den Roman als auch die ältere Verfilmung aus 2007. In diesem (älteren) Film hat mir die Darstellung der Hauptperson Anne unglaublich gut gefallen. Ein Problem des Films ist indessen, dass man ihn, wenn man das Buch nicht kennt, nicht versteht. Es ist doch alles sehr verwickelt mit den Verwandtschafts- und Erbverhältnissen, und der Film hat es leider nicht geschafft, das zu vereinfachen, so dass man sich auf die Hauptmotive konzentrieren kann.
Aber wie gesagt - die Hauptfigur und auch die Ausstattung sind großartig.

Und nun habe ich mir heute abend die erste Hälfte der Neuverfilmung aus 2022 angeschaut.
Ich will gar nicht erst versuchen, den Film zu beurteilen. Dakota Johnson ist sicher eine tolle Schauspielerin und auch die Ausstattung gefällt mir. Nur zwei Dinge, die mir in dieser ersten Hälfte aufgefallen sind.
Erstens gab es da eine Szene, als Anne und ihr Ex am Strand in Lyme stehen. Er sagt "Schwimmen Sie nicht zu weit hinaus" (im Hinblick auf die Strömung) und geht weg, beobachtet sie aber von weitem. Sie ist barfuß, wirft ihren Umhang ab und geht im fußlangen Kleid, es ist ein einfach geschnittenes Leinenkleid, ins Meer schwimmen.
Ich finde das für eine Jane Austen-Verfilmung unglaublich verwegen. Gab es so etwas tatsächlich?
Und das zweite ist die berühmte Diversität. Geschätzt gut ein Drittel der Schauspieler sind Farbige. Zum Beispiel Annes Schwager (und entsprechend sehen auch die Kinder aus). Ich weiß, dass man über Bridgerton gesagt hat, das sei damals die Realität gewesen. Es habe in England auch in der gehobenen Gesellschaft sehr viele Farbige gegeben, in dem angesprochenen Film sind sie völlig "normale" Personen der Gesellschaft. Wohlgemerkt, es sei fern von mir, mich daran zu stören, ich frage mich nur, wie wirklichkeitsgetreu das ist.
Charles Dickens' letzter Roman, "Edwin Drood", hat zum Beispiel als eines der Hauptmotive die Ressentiments der Gesellschaft gegenüber einem indischstämmigen Briten. Das war lange nach Jane Austen.
Kann mir jemand etwas dazu sagen, wie wirklichkeitsnah eine solche Verfilmung ist? Einmal in bezug auf Annes Schwimmen, zweitens in bezug auf die beschriebene "Diversität"?
 
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Die Häsin

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Auf die Gefahr hin, dass das ein Selbstgespräch wird ...
Ich habe den Film eben noch zu Ende angesehen, gestern abend war ich zu müde.
Verglichen mit der Verfilmung von 2007 sehe ich Vorzüge und Nachteile:
Die Neuverfilmung ist wesentlich besser verständlich (bezogen auf den Plot).
Die Diversität ist sehr erfreulich: es ist eine (in Worten eine) Schauspielerin mit leichtem Übergewicht zu sehen.
Die oben gestellten Fagen stellen sich nach wie vor.
Die eindrücklichste Szene - die am Ende, wo Anne mit ihrem Captain gleichsam um die Wette läuft - war in der älteren Verfilmung besser gelungen.
Das spezielle Jane-Austen-Flair kommt bei beiden Filmen gut an, obwohl zumindest der neuere einige Anachronismen zeigt, meiner Meinung nach. (Ich weiß nicht, was Jane Austen dazu gesagt hätte, dass Anne praktisch als Trinkerin vorgeführt wird. Übrigens finde ich die großartige Schauspielerin Dakota Johnson* auch zu alt für die Rolle - aber wir sind ja divers, also sag ich dazu nichts mehr.)
Sehr sympathisch ist Annes Kaninchen, das immer wieder als Seelentröster ins Bild kommt (siehe zb Trailer 0.14).
Kann man gut angucken!

*) Wahnsinn, wie sehr sie Don Johnson ähnelt! :joy :joy

 
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Es ist kein Selbstgespräch, ich habe beide Artikel mit Interesse gelesen, schaue aber ungern Serien und Netflix überhaupt nicht, habe diese Verfilmung also nicht gesehen, die 2007 hat mir gut gefallen. Von den Argumenten der Diversität her bin ich nicht sicher, ob man zu Austens Zeit und in den kleineren ländlichen Schauplätzen ihrer Geschichten und Gesellschaftsstrukturen, in denen sich ihre Figuren bewegen, so viele People of Color gab. Vielleicht in den berühmten Seebädern, die auch in Austens Romanen besucht werden. Aber nach den Vorwürfen der letzten Jahre scheint man bei Verfilmungen besonders darauf zu achten, mit einer Vielfalt an Schauspielern und Schauspielerinnen zu arbeiten und dies auch in Verfilmungen von Romanstoffen, klassisch und modern. Soll nicht auch im nächsten James Bond eine Frau und Schwarze die Hauptrolle spielen?
Drood als Manesse-Buch wartet immer noch in meinem Regal Klassiker darauf, gelesen zu werden, ich hatte es gekauft, weil mich Dan Simmons Roman Drood sehr begeistert hat, ich lese seine SF nicht, aber seine Romane wie Drood, Terror und Der Berg sind für mich zeitlose Favoriten - Charles Dickens sowieso.
 

Die Häsin

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Don Simmons' Drood hat mir auch gefallen, für Drood-Leser empfehle ich aber auch und vor allem dieses:


Bekanntlich enthält der Original-Drood ein Krimirätsel - das Verschwinden Droods -, das Dickens nicht mehr aufgelöst hat. In Frutteros Roman tun sich einige der berühmtesten Detektive der Krimiliteratur zusammen, um den Fall zu klären. Das Buch enthält auch den Original-Drood sowie die von Fruttero erdachte Auflösung.

ps. Die Neuverfilmung von "Persuasion" ist übrigens keine Serie, sondern ein gaz normaler Film von etwas über 100 Minuten Länge. Ich schaue auch lieber Filme als Serien.
 

Literaturhexle

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Auf die Gefahr hin, dass das ein Selbstgespräch wird ...
Nee nee nee. Allein dass ich dazu nichts zu sagen habe, heißt nicht, dass ich den Beitrag nicht mit Interesse gelesen habe!
Persuasion habe ich gelesen, allerdings erinnere ich mich nur dunkel. Die neue Verfilmung werde ich mir anschauen! Vor kurzem erst habe ich bei Netflix Jane Austen gesucht, aber nichts Neues gefunden (es gibt nur wenige Filme, die mich reizen). Insofern ist allein der Tipp Gold wert.

Argumenten der Diversität her bin ich nicht sicher, ob man zu Austens Zeit und in den kleineren ländlichen Schauplätzen ihrer Geschichten und Gesellschaftsstrukturen, in denen sich ihre Figuren bewegen, so viele People of Color gab.
Ja, das ist auch mein Zweifel. Allerdings sind wir heute mit der bunten Gesellschaft so vertraut, dass wir den Unterschied kaum merken. Zumindest hat mir der Trailer sehr gut gefallen. Die Kostüme sind ja der Zeit angepasst und die Schauspieler schneidig. Auf die leicht übergewichtige Schauspielerin werde ich achten. Das gehört nämlich zur Diversität auch dazu, wird aber allzugern vergessen, weil keine entsprechende Lobby dahinter steht.
 
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Auf die leicht übergewichtige Schauspielerin werde ich achten. Das gehört nämlich zur Diversität auch dazu, wird aber allzugern vergessen, weil keine entsprechende Lobby dahinter steht.
Ich habe das natürlich oben mehr oder weniger scherzhaft gemeint - aber eben nur mehr oder weniger. Es ist eines meiner Lieblingsthemen, dass Frauen über 60 und übergewichtige Frauen im Film so gut wie nicht präsent sind. Haben sie beide Eigenschaften, dann erst recht nicht. Für die Männer gilt das natürlich nicht.

Wenn in James Bond-Filmen u.ä. vermehrt PoC zum Einsatz kommen, ist das selbstverständlich gut und richtig. Aber in einem History-Film muss die Nachfrage erlaubt sein, wie authentisch dieses Gesellschaftsbild ist - genauso wir wir angesichts blondgelockter Madonnenporträts etc. auch nachfragen dürfen.
 

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Zumindest hat mir der Trailer sehr gut gefallen
Ja, ich habe mir gerade den Trailer angesehen, macht schon neugierig! Es ist ein Film, der mich sicher ins Kino gelockt hätte. Für mich hat Netflix vor allem "Serien" bedeutet, Serien mit sehr bekannten Schauspielerinnen und Schauspielerin, nun habe ich eine Menge dazugelernt. Ich sage ja, Whatcha bildet und das in vielen Bereichen.