Hymne (Anthem) - Ayn Rand

Sakuko

Aktives Mitglied
27. Juni 2016
862
502
44
40
NRW
Ich schätze bei dem Buch handelt es sich technisch gesehen um dystopische Sci-Fi, auch wenn es sich eher um eine mittelalterliche Welt handelt.

Es ist eine Welt, in der kein Mensch alleine sein darf. Alle Arbeit, Leben, Denken ist auf die Gemeinschaft ausgerichtet. Der Einzelne ist nichts. Nur der Wille und das Wohl der Gemeinschaft haben belang.
Equality 7-2521 ist zu klug für die Welt und würde gerne als Gelehrter eingeteilt werden, aber gerade weil er zu klug ist und Vorlieben hat wird er zum Straßenkehrer gemacht.
Er entdeckt am Rande der Stadt einen alten Tunnel aus früherer Zeit vor der Gemeinschaft und beginnt dort Forschungen anzustellen.
Auch trifft er eine Bäuerin, Liberty 5-3000, in die er sich verliebt. Undenkbar, den Männer und Frauen reden nicht miteinander und verkehren nur einmal im Jahr zur Kinderzeugung in einer großen Zeremonie.
Equality entdeckt die Elektrizität wieder und baut eine Batterie mit Glühbirne. Diese möchte er der Gemeinschaft als Geschenk überbringen um die Gemeinschaft voran zu bringen, aber auch um vielleicht doch noch eine Chance zu haben, Gelehrter zu werden. Aber er wird von den Gelehrten nur beschimpft und abgelehnt für sein Vergehen, Gedanken und Ideen zu haben, die andere Menschen nicht haben.

Das Buch ist sehr distanziert geschrieben, vielleicht nicht verwunderlich in einer Welt wo niemand für sich selbst denken soll. Aber der Erzähler und Hauptcharakter kommt einem einfach nicht Nahe. Das mag auch daran liegen, das er sehr viel doziert und philosophiert und oft sehr besserwisserisch rüber kommt.
Auch wird die Gegenseite, die Wissenschaftler, sehr überzogen und albern dargestellt. Sie halten sich nicht mal selbst an die Regeln, dass niemand für sich alleine denkt.

Rand versucht mit dem Buch ganz klar ihre Philosophie zu puschen; die Macht des Einzelnen, ein radikaler Individualismus, sowie Hass auf alle Formen von Kommunismus und Sozialismus schlagen einem aus dem Buch entgegen.
Wenn man sich das Buch aber genau durchliest, merkt man schnell, dass die dargebotenen Schlussfolgerunen gar nicht immer so logisch und eindeutig sind, wie sie präsentiert werden sollen. Die Beispiele sind dazu gedacht die Philosophie zu unterstreichen: Es ist vermessen und dumm die Glühbirne abzulehnen, wenn die Gesellschaft gerade mal Kerzen besitzt. Daher muss die komplette Gesellschaftsstruktur vermessen und dumm sein.

Ich kenne noch andere Bücher von Ayn Rand und weiss, wie sie schreibt. Ihre Philosoph des radikalen Individualismus stört mich gar nicht mal. Es ist in diesem Fall eher diese völlig submissive Rolle der Frau, die mir hier sauer aufstößt.
Bei Atlas Shrugged konnte ich darüber hinweg sehen, weil die Geschichte einfach besser war, die Charaktere tiefgreifender, und es sich um eine freiwillige Unterwerfung einer kompetenten Person handelte, aber hier wird es sehr offensichtlich und sehr unschön dargestellt.

Equality gewinnt in dem Buch seine Individualität, seinen eigenen Geist. Seine Auserwählte Liberty bekommt... ihn, schätze ich. Während er neue Bücher liest, probiert sie Kleider an. Er wählt seinen eigenen Namen... und ihren gleicht mit. Equality kann herrschen, und sie muss weiterhin untergeordnet sein.
 
  • Like
Reaktionen: Sabine Schäfers

Sakuko

Aktives Mitglied
27. Juni 2016
862
502
44
40
NRW
Hm, warum wurde das jetzt nach Sci-Fi verschoben? Rand ist eigentlich in erster Linie mal ein Klassiker, mit Sci-Fi hat das Buch nur nominal was zu tun.