Welch bravouröse Geschichte!
Ich bin hin und weg.
Nach 50 Jahren trifft Philipp in einer Konzertpause seine ehemalige Klassenkameradin Susanne wieder.
Ein schon damals von allen bewundertes Mädchen.
Schön, klug und willensstark. Charmant und dominant.
Susanne möchte, dass er sich nach dem Konzert ihr, ihrem Mann und dem befreundeten Ehepaar anschließt.
Er ist durcheinander und Erinnerungen überfluten ihn.
Damals hat Susanne, Tochter aus reichem und extravagantem zu Hause, ihn „ Um den Finger gewickelt“.
Die Freundschaft mit Susanne und die Zeit in ihrer Familie brachte sein Leben ins Ungleichgewicht und verursachte innere Ambivalenzen:
Susanne sendete doppelte Botschaften aus.
Susanne spielte mit ihm.
Die neue Welt, die er kennenlernte eröffnete ihm Vieles und hemmte ihn gleichzeitig.
In Eduard fand er einen Freund, bei dem er sich wohl fühlte, der ihn aber gleichzeitig bedrängte.
Die Geschwister hatten es in sich und er konnte sich nur durch die Flucht nach Amerika vor ihnen und ihre Dominanz retten.
Was für ein sympathischer junger Mann Philipp war/ist! Respektvoll, rücksichtsvoll, feinfühlig und tiefgründig. Lesend und nähend ;-)
Hier lernen wir einen sympathischen Erzähler mit bewundernswertem Charakter kennen.
Damals war er von Susanne eingeschüchtert und insgesamt zurückhaltend und unsicher.
Damals war er nicht mutig genug um all seine Fragen zu stellen.
Heute wäre er mutig genug, aber Susanne beherrscht und lenkt das Gespräch im Restaurant.
Verständlicherweise ist Philipp damals von Susanne schwer enttäuscht gewesen.
Er hat alles als Berechnung und Manipulation interpretiert.
Das war es in gewisser Weise ja auch. Aber irgendwie kann ich Susanne auch verstehen.
Es waren Schuldgefühlen und Mitgefühl, die sie letztlich dazu angetrieben haben, ihren Bruder zu einem Freund zu verhelfen.
Und dass sie sich in Philipp nicht verliebt hat, kann man ihr ja nicht vorwerfen.
Was Susannes Mutter sagt ist richtig. Philipp hätte Susanne auch schon früher nach ihren Gefühlen fragen können.
Er hat das Gespräch vermieden, weil er Angst vor ihrer Antwort hatte. Aber gespürt hat er es wahrscheinlich schon viel früher. Und wenn man es von außen betrachtet, dann lag es sogar auf der Hand, dass sie kein wirkliches Interesse an ihm hatte.
Seiten später bewahrheitet sich, was ich insgeheim befürchtet habe. Susanne hat ihren Bruder damals von den Klippen gestoßen.
Dramatisch. Aber ihr Impuls und ihre Gefühle, die sie damals hatte waren so nachvollziehbar. Er hat seine Schwester so sehr geärgert und ihre geliebte Puppe weggeschmissen.
Sie hat ihn in diesem Moment gehasst und ihm den Tod gewünscht. Das sind völlig normale Gefühle und Gedanken. Jeder kennt das und doch wollen ist die allerwenigsten wirklich umsetzen.
Sie hat es keinesfalls real umsetzen wollen. Also böse und kaltblütig schätze ich sie nicht ein. Sie war einfach ein ganz normales Mädchen. Aber es ist passiert. Kein Wunder, dass sie Schuldgefühle hat, dass sie sich ein Liebesverbot auferlegt hat und dass sie sich zeitlebens verantwortlich für ihren Bruder fühlt. Eine tragische Geschichte!