Freundin

Renie

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19. Mai 2014
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Eine tragische Geschichte, insbesondere für Maria. Da kommt sie vom Land in die Stadt, fühlt sich völlig fremd und glaubt, endlich eine Freundin gefunden zu haben. Und ohne es zu bemerken hilft sie auch noch dieser Freundin sich umzubringen und steht wieder alleine da.
Wobei man von Freundschaft eigentlich nicht reden dürfte. Denn für Franziska war Maria nur diejenige, die ihr Sterbehilfe leistet, also Mittel zum Zweck. Ihre Freundlickeit und ihr Interesse an Maria waren also nur Berechnung?
Und Maria hat es nicht durchschaut. Vielleicht wollte sie es auch nicht durchschauen.

Je länger ich darüber nachdenke, umso mehr beschäftigt mich diese Geschichte - was ich nach dem ersten Lesen so nicht vermutet hätte. Da dachte ich noch, dass diese Geschichte ein unspektakulärer Einstieg in die Kurzgeschichte-Sammlung ist.
Aber da habe ich mich wohl getäuscht. "Freundin" wirkt bei mir eindeutig nach.
 

utaechl

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28. Mai 2014
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Die Kurzgeschichtensammlung fängt ja gleich mit einer starken Geschichte an. Eine junge Frau kommt vom Land in die Stadt und soll sich um eine schwerkranke Frau kümmern, die sie dazu benutzt, ihrem Leiden ein Ende zu setzen. Seltsam, dass sie genau weiß, wie sie an das Morphium kommen kann. Ansonsten logisch und nachvollziehbar. Franziska hat genau diejenige gefunden, die sie brauchte und Maria hat gar keine Chance anders zu handeln.
Eine Geschichte zum Nachdenken zu einem Thema, das immer aktueller wird.
 

lenisvea

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22. Juli 2014
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Ich fand die Erzählung war echt flüssig zu lesen.

Allerdings hat die Franziska Maria ganz schön ausgenutzt, sie muss jetzt ja damit klar kommen, dass sie Franziska unwissentlich Sterbehilfe geleistet hat.

Die Erzählung an sich hat mir aber gut gefallen.

LG
 

parden

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13. April 2014
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@Renie: Mir geht es so wie Dir nach dem ersten Lesen: Für mich ist die Geschichte eher ein unspektakulärer Einstieg in die Kurzgeschichtensammlung. Vielleicht weil das Thema für mich nicht neu ist - es war schnell zu ahnen, worauf das hinausläuft, und es hat mich jetzt auch nicht so sehr erschüttert.
Mich würde eher interessieren, wie es weiterging. Zu welcher Zeit spielt die Geschichte? Dass eine junge Frau 'so einfach' stirbt, ist ja nicht gewöhnlich, und normalerweise müssten ja jetzt polizeiliche Untersuchungen erfolgen. Gerät das Hausmädchen unter Verdacht? Was ist die Konsequenz? Das hätte ich spannend gefunden... :)

Ich würde darauf tippen, dass diese Geschichte eher eine der ersten der Autorin ist?
 

beck_zoe

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2. Oktober 2014
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nein, es ist keine meiner ersten, im gegenteil. es ist im übrigen eine geschichte zu einem portrait, entstanden im rahmen einer kunstausstellung in karlsruhe. das bild war von alexander kanoldt und zeigte ein - mädchen. ich habe mir eine geschichte zu ihr ausgedacht. von der zeit her: anfang 20. jahrhundert. fokus darauf, wie mit frauen, die mehr wollten, umgegangen wurde. "hysterie" und deren behandlung (der vibrator wurde zu medizinischen zwecken erfunden, um "hysterische" frauen ruhigzustellen). eher so. kein krimi.
 

Inge Luett

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28. September 2014
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Zoë Beck hat ein Setting gewählt, das rund hundert Jahre in der Vergangenheit zu liegen scheint, und lässt mich entlang sorgfältig gesetzter Hinweise selbst diese versunkene Welt entdecken. Das „Leseohr“ hört Automobile rattern und ist prompt bereit, den Zeitsprung mitzumachen.

Die Zartheit der Annäherung und die Brutalität der Fakten dieser Beziehung zwischen zwei Menschen über die Grenzen von Stand, Bildung und gegenseitiger Abhängigkeit hinweg – die Autorin schildert sie plausibel und authentisch, vielleicht weil sie alles nur andeutet.

Hat sich Maria bereits verändert? Wird ihr Geheimnis sie verändern? Wird sie sich irgendwann benutzt fühlen – oder ist das ein zu moderner Gedanke, der in das historische Setting nicht passt? Fragen bleiben und so soll es sein bei einer guten Geschichte.

An dieser gefällt mir besonders die Sprache, die statt eine moderne Geschichte in ein altertümelndes Klanggewand zu zwängen, einem zeitlosen Dilemma genau das Kleid formuliert, welches die moralischen Fragen in der Schwebe hält und deren Beantwortung den Lesenden anheimstellt.