Fazit

Wandablue

Bekanntes Mitglied
18. September 2019
9.628
21.927
49
Brandenburg
Ganz wundervoll. Ich habe keine Romanbiografie erwartet - freue mich aber, einige, weniger bekannte Gestalten, wenn auch nicht ganz Unbekannte, der Geschichte kennengelernt zu haben.
Irene Dische hat gut recherchiert und die changierende Figur des Chevalier d'Eon als Icherzähler/in gekonnt zum Leben erweckt. Was für ein Feingeist! Der sich aber auch im Leben stets irgendwie zu behaupten wusste! Und nie aufhörte, sich neu zu erfinden, wenn die Notwendigkeit es verlangte.
Ich mag die gewählte Ich-Erzählform in diesem Fall sehr. Ich habe viel gelernt und mich bestens unterhalten gefühlt. Es gibt nichts an dem Roman, was ich kritisieren könnte.
Ich hätte freilich gerne ein Nachwort gehabt. Erfahren, wie es Irene Dische so beim Schreiben ging. Eine echte Kritik ist das aber auch nicht. Ich werde die Höchstwertung ziehen.

Meine Rezension findet sich hier.
 
Zuletzt bearbeitet:

Anjuta

Bekanntes Mitglied
8. Januar 2016
1.639
4.795
49
62
Essen
Habe ich den Roman unter falschen Vorzeichen gelesen? Vielleicht! Ich habe ihn nicht als historischen Roman gelesen, sondern habe mich dazu verleiten lassen, das spannende Thema eines Geschlechertausches /eines Wandelns zwischen den Geschlechtern in historischen Zeiten darin zu suchen. Zu diesem Thema allerdings habe ich dort nichts Erhellendes gefunden. Der Geschlechtertausch war eine reine Angelegenheit des Verkleidens, des Kleidertausches. Nichts Tiefschürfenderes! Leider! Aber jetzt zum Schluss frage ich mich doch, hätte mich der Roman mehr interessiert und ergriffen, hätte ich darin eintauchen wollen in die Zeit des Luis XV? Ich fürchte allerdings: Nein! denn es ist nur wenig, was der Roman mir an Atmosphärischem und Erhellendem über diese Zeit liefert. Und habe ich interessante Persönlichkeiten kennengelernt? Eigentlich nur Ränkeschmieder, Figuren an der Quelle zur Korruption, immer am eigenen Vorteil interessiert und nie von irgendwelchen Ideen und Werten geleitet. Das bezieht sich dann zB auch auf den Autor Beaumarchais, den Autor von Figaros Hochzeit. Wollte ich ihn wirklich so, in einer solchen miesen Rolle kennenlernen? Nein! Und deshalb muss ich Wandas "Ganz wundervoll!" Leider entgegensetzen:
Ganz furchtbar!
 

Emswashed

Bekanntes Mitglied
9. Mai 2020
2.735
9.779
49
Für Erwartungen hatte ich buchstäblich keine Zeit und fürs erste Kapitel nahm ich sie mir auch nicht. Ein erstes "Herrjeminee" wurde durch Ruhe abgelöst und von da an wars um mich geschehen. Frau Dische hat mich in jeder Hinsicht überrascht. Der Rückentext verriet weder Zeit noch Ort, der Titel ließ zweierlei Genres vermuten, der Erzählstil, der sich immer wieder mit der Gegenwart verknüpfte, gefiel mir außerordentlich.
Wenn das Frau Disches Ding ist, dann möchte ich bitte alles von ihr lesen!
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Auch ich werde für diesen Roman die Höchstbewertung geben.

Ich habe mich wunderbar unterhalten gefühlt, habe dieses Buch an einem Tag gelesen und fand das Personal faszinierend, die Thematik höchst interessant und erhellend, wie auch nachdenklich machend. Auch ich hatte mit etwas vollkommen Anderem gerechnet! Die Schreibe von Irene Dische ist genial, ein riesiger Sog, ein interessanter Humor, eine Gesellschaftskritik mit vielen Bezügen ins Heute. Einfach wundervoll!
 

Wandablue

Bekanntes Mitglied
18. September 2019
9.628
21.927
49
Brandenburg
Ich habe ja auch schon oft Romane gelesen, die meine Erwartungen darüber, was drinsteht, nicht bedient haben. Es ist dann nciht ganz einfach, sich von seinen Wunschvorstellungen zu lösen. Bei diesem Roman ist es für mich wichtig, dass es sich um eine historische Persönlichkeit gehandelt hat, wäre sie erfunden, hätte ich ähnlich wie Anjuta reagiert. Der Chevalier war so. So ähnlich mindestens. Oberflächlich? Na, ich weiß nicht. Er schrieb Abhandlungen und finanzielle Lehrbücher.
Er wurde oft enttäuscht und übers Ohr gehauen. Aber er hat sich bemüht, seinen Widersachern zu vergeben und seinen Freunden.
Klar, er spielte mit der Welt. Aber dann wieder war er auch ein Getriebener der Weltpolitik und musste gute Miene zum bösen Spiel machen.
 

Sassenach123

Bekanntes Mitglied
27. Dezember 2015
4.344
10.637
49
49
Mein Resüme wird auch sehr positiv ausfallen, da ich mich gut unterhalten gefühlt habe während des Lesens. Ich musste oft schmunzeln, und konnte mir sehr gut vorstellen, wie diese Persönlichkeit in England und in Frankreich mal als Mann, mal als Frau unterwegs war. Die Machenschaften des Geldes wegen waren sehr spannend, und nebenbei war alles noch mit historischen Aspekten gewürzt. Ein umfangreiches Werk hätte es auch nicht sein müssen, so war es wirklich perfekt
 

Die Häsin

Bekanntes Mitglied
11. Dezember 2019
4.622
16.637
49
Rhönrand bei Fulda
Ich weiß noch gar nicht so recht, wie ich das Buch "bewerten" soll. Auch ich ging mit falschen Voraussetzungen ans Lesen: ich hatte von der Figur des Chevalier d'Eon bereits gehört, aber immer geglaubt, es habe sich um eine Frau gehandelt, die in Männerkleidern lebte. Irene Dische lässt ja diesen Punkt offen bis kurz vor dem Schluss, was vermutlich für das, was sie aussagen wollte, nur folgerichtig ist.
Das Buch präsentierte viele interessante Schlaglichter auf die Epoche, auch Zeit- und Lokalkolorit, wenn auch nicht ganz so viel wie ich mir erhofft hätte. Was ich bis zum Schluss nicht verstanden habe, war die merkwürdige Bindung des Erzählers an seine beiden Freunde, vor allem an Morande, der im Grunde nur als ekelhafter Kerl geschildert wird. Beaumarchais ist weit "schillernder" geraten und mag seine liebeswerten Seiten gehabt haben; an Morande bleibt kaum ein gutes Haar. Hier fehlte mir Motivation und Verständnis. Anderes fand ich wieder sehr gut durchleuchtet - vor allem die enorme Anpassungsfähigkeit des Erzählers, die darin gipfelt, dass er sich sogar ein Leben in einem Nonnenorden vorstellen kann.
 

Wandablue

Bekanntes Mitglied
18. September 2019
9.628
21.927
49
Brandenburg
Was ich bis zum Schluss nicht verstanden habe, war die merkwürdige Bindung des Erzählers an seine beiden Freunde, vor allem an Morande,
Man kann nicht immer alles verstehen. Ich glaube, dass der Chevalier eigentlich ein sehr loyaler und treuer Mensch gewesen ist. Zuerst hat er Morande bewundert, weil der immer einen Dreh fand. Er gehört zu den Menschen, die immer auf die Füße fallen. Er mochte aber dessen Brutalität nicht und war nicht blind für dessen schlechte Eigenschaften. Evtl. schlägt auch zu Buche, dass es nur sehr wenige Leute gab, bei denen er sein konnte, wie er/sie halt ist. Morande wollte zwar hinter sein Geheimnis kommen, aber sonst hatte auch er eine gewisse Zuneigung zu d'Eon. Was sich darin manifestierte, schlussendlich, dass er ihm seine Wohnung vermachte und ihn damit vor einem schlimmen Ende bewahrt hat.
 

Bartie

Aktives Mitglied
12. Juni 2021
142
301
29
Ich bin sehr froh, dass ich an dieser Leserunde teilnehmen dürfte.

Zu einem hat mir das Buch sehr gefallen. Zuerst hat mir die theatralische Sprache ein wenig Schwierigkeiten bereitet, aber dann war ich von dieser Erzählung hin- und hergerissen.

Zum anderen habe ich sehr viel Spaß am gemeinsamen Lesen und der Diskussion über das Buch gehabt. Es war sehr schöne, lebendige Leserunde mit vielen wertvollen Anmerkungen. Danke schön :)
 

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.450
49.906
49
Zum anderen habe ich sehr viel Spaß am gemeinsamen Lesen und der Diskussion über das Buch gehabt. Es war sehr schöne, lebendige Leserunde mit vielen wertvollen Anmerkungen. Danke schön :)
Das freut uns doch sehr. Auch du bist eine Bereicherung für die Runde und weißt ja Bescheid: die Einladung steht und du kannst dich gerne jederzeit wieder einklinken:)!
 

ulrikerabe

Bekanntes Mitglied
14. August 2017
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7.678
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Wien
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Was mir gut gefallen hat, dass Irene Dische mit dem Rätsel um das Geschlecht des Chevaliers genauso gespielt hat, wie es der Chevalier selbst getan hat. Die Sprache war dabei so gekonnt überkandidelt, das wurde durchgehend aufrecht erhalten. Und die Zwischenrufe quasi aus der Gruft ziemlich lustig. EIn historischer Roman, der durchaus Parallelen zur Gegenwart zieht. Ob jetzt er oder sie, transgender, genderfluid, nicht binär oder einfach nur opportun (mittleweile tendiere ich ja zu letzterem), D'eon ist eine herrlich (Sic!) schillernde Figur. Ich glaube, der war wirklich so.
 

buchregal

Aktives Mitglied
8. April 2021
868
960
44
71
Aufgrund des Klappentextes hatte mich das Buch gar nicht so angesprochen. Doch im Nachhinein bin ich froh, dass ich hier dann doch noch in die Leserunde eingestiegen bin.

Der Chevalier d'Eon de Beaumont erzählt uns seine Geschichte und springt dabei auch schon mal in die jetzige Zeit, um Vergleiche zu ziehen. Er hat wirklich gelebt und war wohl eine schillernde Persönlichkeit. Sein turbulentes Leben gestaltet er nach seinem Gutdünken und lässt sich nicht auf eine Rolle festlegen.

Natürlich haben auch andere Personen einen Einfluss auf ihn. So lässt er sich recht schnell von Morande einwickeln, der aber eher seine eigenen Interessen in den Focus stellt. Als d’Eon dann Pierre Caron de Beaumarchais kennenlernt, geraten seine Gefühle ziemlich durcheinander und er übersieht lange, dass Pierre auch nur seine Interessen verfolgt.

Das Leben des Chevaliers ist ein einziges Auf und Ab, mal luxuriös, mal ärmlich, mal hat er seine Ränke gesponnen, mal geriet er in das Netz von anderen.

Es ist ein humorvoller Roman, der mich überrascht und gut unterhalten hat.
 
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Reaktionen: Emswashed