Renie

Moderator
Teammitglied
19. Mai 2014
5.880
12.560
49
Essen
renies-lesetagebuch.blogspot.de
Mein Fazit: ein Roman, der mich vom Anfang bis zum Ende ratlos macht.
Folgende Frage kann ich nicht beantworten: Welche Botschaft will der Autor mit seinem Roman vermitteln? Mit einer Antwort auf diese Frage ergibt sich auch schon die nächste: Warum schreibt Maxim Biller seinen Roman nicht so, dass man diese Botschaft auch versteht?
Dieser Roman ist ein Interpretationsmoloch, denn hier lässt sich lustig nach Ansätzen suchen, um Herrn Biller auf die Spur zu kommen. (Selbst die Buchbeschreibung des Verlages strotzt nur so vor Interpretationslust. Ich habe weder Ercks Ambitionen auf eine Karriere als Liebling der Frauen erkannt noch seine "altmodische Attraktivität" - doch das nur am Rande).
Damit ich nicht ganz so blöd dastehe, denn auf irgendetwas muss meine Rezension schließlich aufbauen, wähle ich für mich die These, dass es in dem Roman um einen nichtssagenden Menschen geht, der auf der Suche nach seiner Identität ist. Dabei versucht er sein Glück bei diversen politischen, ideologischen oder gesellschaftlichen Gruppierungen, in der Hoffnung, seine Identität durch seine Zugehörigkeit definieren zu können.
Keine Ahnung, ob das richtig ist. Vielleicht begebe ich mich auf die Suche nach ein paar Interviews mit dem Autor, um Klarheit zu bekommen, was Herr Biller uns mitteilen wollte, was das Buch aber dadurch für mich nicht besser macht. Ein Buch muss nicht massentauglich sein, aber zumindest mengentauglich - also für einen halbwegs gebildeten Leser verständlich - sollte die Schreibe eines ernsthaften Schriftstellers sein. Für mich ist "Der falsche Gruß" eher Feuilleton-tauglich, oder tauglich für befreundete und wohlgesonnene Schriftstellerkollegen oder für die Verwandtschaft des Autors.
 

Sassenach123

Bekanntes Mitglied
27. Dezember 2015
4.339
10.604
49
49
Oh, ja, mir geht es ähnlich wie @Renie.
Ich habe damals viel über einen anderen Roman von Biller gehört und habe es zeitlich nicht geschafft ihn zu lesen. Die Beschreibung zu dem hier hörte sich interessant an, und das Cover machte mich ebenso neugierig auf den Roman. Doch als ich begann zu lesen war ich mehr als verwirrt. Es kommt häufig vor, dass ein Buch nicht meinen ersten Vorstellungen entspricht, aber so etwas hatte ich noch nie. Ich komme mir fast schon ein wenig dumm vor, weil ich tatsächlich das Gefühl habe nichts verstanden zu haben.
Natürlich werde ich bald eine Rezension schreiben, aber das ist mir noch nie so schwer gefallen wie hier.
 

milkysilvermoon

Bekanntes Mitglied
13. Oktober 2017
1.803
5.061
49
Ich wollte eigentlich auch noch etwas im Netz stöbern, um besser durchzublicken. Aber ganz ehrlich? Wozu? Sollte ich meine Rezension mit fremden Federn schmücken? Soll ich vorgeben, was zu verstehen, das ich nicht verstehe? Der Punkt ist doch, dass sich mir die Geschichte nicht erschließt. Und genau das ist der Grund, weshalb ich das Buch nicht mochte. Deshalb sollte ich auch in der Rezension dazu stehen, finde ich. Ich glaube nicht, dass ich es dem Buch schuldig bin, auf eigene Faust im Internet weiter zu recherchieren. Ich bin ja nicht die einzige von uns, die damit nichts anfangen kann.

Mag sein, dass ich die falsche Zielgruppe bin. Ich finde den Inhalt aber so konfus erzählt, dass es mich schon ärgert. Ich habe schon lange keinen Roman mehr gelesen, der mir das Verständnis so schwer macht (selbst „Weiße Nacht“ nicht, @kingofmusic weiß, wovon ich rede). Daher kann ich nicht mehr als zwei Sterne geben.
 

RuLeka

Bekanntes Mitglied
30. Januar 2018
6.499
24.414
49
66
Ich habe zum besseren Verständnis ein paar Rezensionen gelesen und verstehe nun etwas mehr, um was es Biller geht.
Trotzdem wird meine Bewertung deshalb nicht besser ausfallen. Meiner Ansicht nach ist das kein Buch für den normalen Leser. Ich kenne nicht die Poetik- Vorlesungen des Autors. Aber ein Schriftsteller sollte auch verständlich sein, ohne dass man sein schriftstellerisches Konzept kennt.
Das Buch hat mich nicht erreicht, im Gegenteil, ich musste mich zwingen weiterzulesen. ( Ohne die Verpflichtung hier hätte ich relativ bald aufgegeben.) Eine etwas wirre Geschichte mit zwei unsympathischen Protagonisten, sprachlich auch nicht überzeugend.
Nach „ Shuggie Bain“ ( letzte Leserunde ), ein Roman, der mich umgehauen hat , von einer existenziellen Wucht und einer Sprache, die ganz großartig ist, war „Der letzte Gruß“ ein völliges Kontrastprogramm. Völlig unbefriedigend für mich!
 

kingofmusic

Bekanntes Mitglied
30. Oktober 2018
7.289
18.873
49
48
:cool: Eure Fazits gefallen mir - da brauch ich nicht mehr so viel schreiben ha ha ha.
Kleiner Scherz.

Ich bin ja völlig unbedarft an Biller herangegangen, weil ich ihn nicht kannte - nach der Lektüre von diesem Buch bin ich mir nicht sicher, ob er überhaupt ´ne zweite Chance bekommt.

Die Geschichte ist für mich wirr, zusammenhanglos und völlig nichtssagend. Erck ist ein weinerlicher Typ, der sich in seinem (Eifersuchts-)Wahn auf Barsilay zu weit aus dem Fenster lehnt und sich zu einer Pose hinreißen lässt, die völlig indiskutabel ist, von der man aber nicht weiß, WARUM Erck sie gezeigt hat. Ehrlich gesagt habe ich den Inhalt auch schon fast wieder vergessen, was dafür spricht, dass mir das Buch nicht gefallen hat.

Ich bleibe bei meinem Fast-Fazit aus dem 3. Abschnitt: Ein Denkerbuch für Denker von einem Denker, der nicht deutlich machen kann (oder will), was er eigentlich bezweckt. 2* - mehr ist bei mir auch nicht drin.
 

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.423
49.807
49
Meiner Ansicht nach ist das kein Buch für den normalen Leser.
Wobei ich unsere Runde kaum als "normale Leser" bezeichnen würde. Wir sind ja schon ein sehr belesener und ambitionierter Kreis. Wenn ich euer Fazit so lese, hatte ich hier das richtige Näschen:). Ich habe Biller im Literarischen Quartett mehrfach erlebt und ihn als überheblichen, arroganten Kritiker wahrgenommen, der das Werk seiner Kollegen mitunter extrem heruntermachte. Insofern müsst ihr ihn bestimmt nicht schonen.
Schade, das Cover ist wirklich ein Hingucker. Wie gut, dass ich widerstanden habe!
 

Emswashed

Bekanntes Mitglied
9. Mai 2020
2.724
9.736
49
Biller wirft hier Angelhaken aus und ich fürchte, ich habe einen davon geschluckt. Dabei habe ich die Sprache eingebüßt, mir fehlen die richtigen Worte.
Alles scheint hier einer Absicht zu folgen, nur das diese so ziemlich in alle Richtungen driften. Ich denke das Buch ist offen für jegliche Interpretation, eben ein "Nachdenkbuch", wie @kingofmusic schon so treffend bemerkte. Nur das es, angesichts echter Probleme, nicht wirklich relevant, gekünstelt und verkopft erscheint.
Das Titelbild lässt mich immer wieder an ein grundsätzlich anderes Problem denken, das der Verschachtelung, mit der Biller hier wohl auch zu spielen scheint.

Hmm, ich brauch noch ein wenig Bedenkzeit.
 
  • Like
Reaktionen: kingofmusic

Christian1977

Bekanntes Mitglied
8. Oktober 2021
2.626
12.838
49
47
Was gibt es Schöneres als an einem Silvesterabend Maxim Biller zu lesen? Naja, mir ist zumindest nichts Besseres eingefallen ;).

Ich habe dann jetzt auch mit Vergnügen eure Beiträge gelesen und kann eure Kritik in vielen Dingen teilen.

Ich habe zum Beispiel sehr wenig verstanden, wenn Erck (schon der Name klingt nach Sich-Übergeben, sorry an alle Ercks dieser Welt) irgendwelche Namen fallen lässt, und ich hatte irgendwann keine Lust mehr, nach ihnen zu suchen.

Genervt haben mich oft auch die grotesken Übertreibungen, alles klang immer nach Drama, dabei passiert gar nicht so viel.

Überzeugend fand ich hingegen die Figuren, alle sind zwar furchtbare Nervensägen, aber in gewissen Momenten fühlt man mit ihnen. Schön ambivalent.

Und natürlich die Aktualität, der manchmal leider gar nicht mehr so latente wieder aufkommende Antisemitismus in Deutschland, für den Erck ein zwar überspitztes, dennoch gelungenes Beispiel ist.

"Sechs Koffer" fand ich deutlich gelungener, aber ich mag Maxim Biller einfach und fühlte mich doch recht gut unterhalten, wenn auch der Inhalt etwas banal schien (es aber vielleicht gar nicht ist).

Von mir gibt es drei Sterne.