Puh! Das Buch lässt einen nicht unberührt zurück! Es hat wirklich eine Ambivalenz von Liebe und Schmerz in sich und zeigt die Facetten einer stark rassistischen Gesellschaft auf. Insofern ist es nach wie vor ein hoch aktuelles Buch: immer wieder hört man von brutalen Übergriffen der amerikanischen Polizei insbesondere auf schwarze Menschen, die überproportional in den Gefängnissen vertreten sind. Zudem fördert der derzeitige Präsident den Rassismus auf vielfältige Weise.
Fonny ist dem System so restlos ausgeliefert. Selbst im Gefängnis gibt es Hierarchien und Quäler. Das lässt bei mir ein Gefühl der Ohnmacht zurück.
Auch dem Puertoricanischen Opfer kann man nur bedingt einen Vorwurf machen: sie ist selbst völlig am Boden und verängstigt, traut sich nicht, die Aussage zu widerrufen....
Immer wieder auch menschliche Lichtblicke in all der Tragik: die Italienerin, die zunächst eine Festnahme Fonnys durch ihre beherzte Zeugenaussage verhindert, der Vermieter, der den Speicher für das Paar freihalten will und einige mehr.
Ein bewegendes Buch, ein Klassiker - brandaktuell und wichtig.
Sprachlich entspringt er dem Kopf Tishs, wirkt authentisch und präsentiert immer wieder auch poetische Abschnitte und Weisheiten.
Ich bin gespannt, ob dtv noch weitere Werke von Baldwin neu auflegt. Die ersten beiden (dieses und "Von dieser Welt") haben mir richtig gut gefallen und Lust auf mehr gemacht.