FAZIT zu "So tun, als ob es regnet"

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
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49
Wie hat euch der "Roman in vier Erzählungen" gefallen? Was ist das Besondere?
Bitte schreibt ein spontanes Fazit in ein paar Sätzen.
 

Christian1977

Bekanntes Mitglied
8. Oktober 2021
2.556
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Mich hat der Roman insgesamt begeistert. Zwar ist die erste Erzählung in meinen Augen schon das Highlight, doch auch die anderen drei fand ich durchaus bezaubernd.

Die Sprache ist großartig, Iris Wolff gelingen so viele wunderbare Bilder, so intensive Momente. Das gesamte Werk ist mit großer Melancholie untermalt, was mir immer besonders gut gefällt.

Die Figuren sind hervorragend konzipiert und obwohl alle nur einen recht kurzen Auftritt haben, gelingt es Iris Wolff, dass ich mich ihnen nahe fühlte.

Der Roman lässt die Leser:innen mitdenken und fabulieren. Die Autorin lässt ihnen dafür genug Freiräume und erklärt nicht alles. Auch das hat mir gefallen.

Erstaunt hat mich, dass es Iris Wolff gelingt, mich mit einem so dünnen Roman nicht nur emotional voll und ganz zu erreichen, sondern auch, wie viele große Themen sie unterbringt, ohne dass es überfrachtet wird. Identität, Freiheit, Tod, Leben natürlich, Familie, Heimat, Politik, Krieg und und und. Hat das eigentlich schon einmal jemand auf 160 Seiten so verdichtet?

Ich bin jedenfalls sehr beeindruckt und glücklich darüber, dieses Buch und die Autorin kennengelernt zu haben. Selbstverständlich fünf Sterne.
 

parden

Bekanntes Mitglied
13. April 2014
5.835
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Niederrhein
www.litterae-artesque.blogspot.de
Mir hat imponiert, wie Iris Wolff ein ganzes Jahrhundert mal eben auf 160 Seiten verdichtet und dabei etliche wichtige Themen mit einfließen lässt. Ich empfand die vier Geschichten als sehr unterschiedlich, ebenso meinen emotionalen Zugang zu den verschiedenen Charakteren. Und doch ist es Iris Wolff gelungen, aus den vier Erzählungen eine Einheit zu schaffen, durch das Wiederauftauchen von Figuren, Charakterzügen, Themen und Gegenständen entsteht eine enge Verzahnung von Generation zu Generation. Manches löst sich auch erst in den folgenden Kapiteln auf. Oft bleibt es bei Andeutungen, und doch weiß man um die Bedeutung der Sätze. Alles in allem sehr beeindruckend.
 

Querleserin

Bekanntes Mitglied
30. Dezember 2015
4.048
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Wadern
querleserin.blogspot.com
@Christian1977 hat es wunderbar auf den Punkt gebracht.
Diese inhaltliche und thematisch Dichte, dazu die poetische Sprache.
Die Figuren, die auf wenigen Seiten zu Charakteren werden und nicht eindimensional bleiben. Bemerkenswert!
Dem Ausspruch von Denis Scheck auf dem Buchrücken kann ich nur unterschreiben:
"Iris Wolff findet starke Bilder für ihren die historischen Erfahrung eines ganzen Jahrhunderts umspannenden Roman."
 

otegami

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17. Dezember 2021
1.833
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Vier Kapitel, vier Personen einer Familie, wovon mich der erste und der dritte Teil am meisten ansprachen: Im ersten wird durch das Schicksal von Jacob im ersten Weltkrieg die Sinnlosigkeit eines Krieges sehr drastisch aufgezeigt, im dritten die Auswirkungen des kommunistischen Systems auf das Schicksal der Bewohner.

Gemeinsam haben sie, dass alle vier Kapitel im letzten Jahrhundert spielen und eine wunderschöne bildhafte und intensive Sprache haben.

Die Autorin spielt auch mit dem Leser / der Leserin: sie legt Spuren, deutet an, spricht durch Träume.

Manches hätte mich noch mehr interessiert (z.B. der Umgang mit dem Kuckuckskind in der Familie), aber das hätte wahrscheinlich den Rahmen dieses schmalen Buches gesprengt.
 

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.244
49.157
49
Ich kann mich euren lobenden Worten nur anschließen. Wieder einmal hat mich die Autorin (nach ihrer Unschärfe der Welt) sehr beeindruckt. Sie hat jeder Generation eine Erzählung gewidmet und die Themen angesprochen, die in der jeweiligen Zeit von Bedeutung waren. Es werden nicht all unsere Fragezeichen aufgelöst, aber das passt insgesamt zum poetischen, nebulösen Stil.

Die Figurenzeichnung gefällt mir sehr. Man sieht auch Entwicklungen im Zeitablauf, denn als Nebenfiguren dürfen die Protagonisten der vorhergehenden Geschichte durchaus wieder auftauchen.

Ein Büchlein, das zum Wiederlesen einlädt und sich in meine Präsenzbibliothek einreihen darf.

Auch wenn mich die letzte Geschichte nicht so sehr fasziniert hat wie die übrigen, weiß ich die literarische Qualität des Romans zu schätzen und werde 5 Sterne vergeben.
 

Lesehorizont

Bekanntes Mitglied
29. März 2022
2.536
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53
Mainz
Das war mein erstes Buch von Iris Wolff und insgesamt habe ich es sehr gerne gelesen. Die Autorin kann schon was, keine Frage. Die Sprache ist über weite Strecken sehr poetisch und bildgewaltig. Und auch das Erzählkonzept spricht mich sehr an: Die Idee, vier Protagonisten einer Familie über vier Generationen hinweg zu betrachten, gefällt mir sehr gut. Zudem sind die im Fokus stehenden Protagonisten allesamt sehr gut beschrieben und man kann sich ein gutes Bild von ihnen machen. Auch gefällt mir, was man so nebenbei noch an historischem Einblicken erhält.

Für mich ist es ein sehr gutes Buch, aber keines, das mich vollends begeistern kann. Vieles bleibt mir zu unklar. Die Autorin arbeitet offenbar gerne mit Andeutungen und lässt die Leserschaft dann damit im Unklaren. Ich hätte mir hier und da öfters mehr Informationen gewünscht. Auch spielen Träume wohl eine große Rolle. Diese verstehe ich aber oft ebenfalls nicht.

Dennoch bin ich auf weitere Werke der Autorin gespannt.

Buchinformationen und Rezensionen zu Die Unschärfe der Welt: Roman von Iris Wolff
Kaufen >

liegt bereit :)
 

wal.li

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1. Mai 2014
2.713
2.674
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Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Die Verzahnungen der einzelnen Geschichten, die doch für sich standen, bildeten einen tollen Spannungsbogen. Zwar hätte ich manche Andeutungen gerne noch aufgeklärt gehabt, aber dennoch fand ich die ungewöhnlichen Erzählungen dieser ungewöhnlichen Familie sehr interessant und phantasieanregend. Ich glaube, so ähnlich kann man sich Familien im letzten Jahrhundert vorstellen, deren einzelne Generationen sich mit großen Umbrüchen auseinandersetzen mussten.
 

milkysilvermoon

Bekanntes Mitglied
13. Oktober 2017
1.803
5.061
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Spannend, wie unterschiedlich uns die einzelnen Figuren angesprochen haben. Mir war der Teil um Jacob zu überfrachtet, der um Hedda zu diffus und nichtssagend. Begeistert hat mich das zweite Kapitel.

In sprachlicher Hinsicht finde ich den Roman großartig. Diese Bilder, die Atmosphäre… Auch die Erzählstruktur insgesamt, die Idee, vier Mitglieder unterschiedlicher Generationen einer Familie zu begleiten, ist sehr gelungen. Ich mochte die Verbindungen untereinander, die wiederkehrenden Motive und die Themenvielfalt.

Mich hat es nicht gestört, dass einiges nur angedeutet und manches offen bleibt. Die vielen Träume waren mir allerdings zu mysteriös.
 

Sassenach123

Bekanntes Mitglied
27. Dezember 2015
4.294
10.424
49
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Ich habe das kleine Büchlein sehr genossen. Die Verknüpfungen zu suchen und zu erkennen war sehr spannend, obendrein boten die Erzählungen einige sehr emotionale Zusammenhänge.
Die Sprache war sehr eindrucksvoll und es hat Spaß gemacht in die einzelnen Episoden abzutauchen. Jede hatte ihre eigenen Vorzüge, auf unterschiedliche Weise, was sicher daran liegt, dass es nicht nur andere Charaktere waren, sondern auch die Zeiten voranschritten.
Vom Aufbau hat mich dieses Werk an den Vorgänger erinnert. Das Konzept geht auf, mehr muss ich dazu nicht sagen