FAZIT zu "Sein Sohn"

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.240
49.146
49
Wie hat euch der Roman als Ganzes gefallen? Wo liegen seine Stärken? Bitte schreibt ein spontanes Fazit in ein paar Sätzen.
 

GAIA

Bekanntes Mitglied
27. Dezember 2021
2.228
10.397
49
Thüringen
Mir hat das Buch als Unterhaltungsliteratur mit historischem Hintergrund sehr gut gefallen. Nach meinem Empfinden hätte ich mich auch sehr gefreut, wenn das Buch doppelt so lang gewesen wäre. Ich lese eher seltener längere Bücher, aber bei Lewinsky würde ich da eine Ausnahme machen. Seine Bücher lesen sich so flott runter, dass man gar nicht gemerkt hat, dass schon 370 Seiten durch sind. Noch einmal zwei Tage mehr zum Lesen hätte mich in diesem Falle gar nicht gestört.
Aber auch so ist für mich die Geschichte rund. Im Mittelteil sprang es mir zeitweise dann soch zu schnell in den Lebensjahren und von Ereignis zu Ereignis. Der Abschluss des Buches ist für mich dafür doppelt gut gelungen. Wie Lewinsky so ein kleines bisschen mit der Metaebene des Erzählens spielt, ohne dass es zu verkopft wird, hat mir auch sehr gut gefallen. Rundum bin ich also sehr zufrieden mit dem Buch und komme auf 4 Sterne.
Im Vergleich zu "Der Halbbart" und "Der Stotterer" finde ich den vorliegenden Roman zwar etwas schwächer, was am Auserzählen bestimmter Szenerien liegt, trotzdem gefällt er mir innerhalb des Genrebereichs sehr gut. Natürlich, würde ich das Buch mit den anderen sehr literarischen Werken vergleichen, die wir hier häufig besprechen, würde das Endergebnis etwas schlechter ausfallen. Aber das mache ich nicht.
So komme ich auf 4 von 5 Sterne, da ich mich gut unterhalten gefühlt habe, mein historisches Wissen ein bisschen erweitern konnte und Spaß am Lesen gehabt habe.
 

Christian1977

Bekanntes Mitglied
8. Oktober 2021
2.554
12.487
49
47
Dem kann ich gar nicht viel hinzuzufügen.

Für mich war "Sein Sohn" eine sehr gut erzählte und überzeugende Geschichte, bei der ich mich nie gelangweilt habe. Spannende und schillernde Figuren, ein Protagonist, der trotz der Distanz des Erzählers seinen Weg in mein Herz fand. Ich hoffte und fieberte mit Louis und bin ihm sehr gern gefolgt.

Bei dem rasanten Erzähltempo und dem Episodenhaften fehlte mir an einigen Stellen eine gewisse Tiefe. Über einige Figuren und Lebensjahre Louis' hätte ich gern mehr erfahren. Sprachlich störten mich die zahlreichen kurzen Hauptsätze ein wenig.

Mein Lesevergnügen wurde dadurch aber nur ein wenig getrübt, sodass auch ich auf runde vier Sterne komme.
 

RuLeka

Bekanntes Mitglied
30. Januar 2018
6.403
23.948
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66
Auf der allerletzten Seite verbirgt sich der historische Nachweis: diesen Sohn des Königs gab es wirklich. Aber bis auf die spärlichen Fakten- sein Geburtsdatum, wer seine Eltern waren und dass er in ein Mailänder Waisenhaus kam -ist nichts über ihn bekannt.
Alles weitere verdanken wir der Phantasie des Autors.
Charles Lewinsky ist sehr gut im Erfinden von Geschichten. Das beweist er wieder in seinem neuesten Roman.
Nicht so dick wie die letzten Bücher, d.h. Charles Lewinsky erzählt seine Geschichte zwar chronologisch ( bis auf das Eingangskapitel, das an das letzte direkt anschließt ), aber in einzelnen, kurzen Episoden, temporeich und filmisch.
Ich habe das Buch sehr gerne gelesen. Das Schicksal der Hauptfigur hat mich gefesselt und gerührt. Auch die Nebenfiguren bleiben im Gedächtnis.
Dazu kommt der zeitgeschichtliche Hintergrund, den der Autor anschaulich darstellt und organisch in die Handlung integriert.
Dazu gibt es immer wieder kluge und zitierfähige Sentenzen über den Menschen und den Zustand der Welt.

Der Roman eignet sich weniger für kontroverse Diskussionen oder für verschiedene Interpretationsansätze. Deshalb würde ich ihn nun nicht in meinem Lesekreis besprechen wollen. Aber als Leseempfehlung oder als Geschenktipp für Weihnachten findet das Buch auf jeden Fall Eingang in meine persönliche Literaturliste.
 

Emswashed

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9. Mai 2020
2.674
9.512
49
Ich bin immer noch rundum begeistert. Klar, man kann nur wenig diskutieren und hineininterpretieren, aber Lewinsky ist ein Geschichtenerzähler und als solcher hat er überzeugt.
Es knirscht an keiner Stelle, es ist spannend und man hat immer einen Bezugspunkt, in diesem Fall, Napoleons Krieg, König Ludwig XIV und die Cholera.
Viele der Personen, denen Louis begegnet ist, waren ihm wohlgesonnen und das hatte auch etwas Hoffnungsvolles, Tröstendes. Trotzdem ist es nicht gut ausgegangen, sonst wäre es in Kitsch ausgeartet.
Nein, nein, Lewinsky kann das und soll das auch weitermachen!
 

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.240
49.146
49
Lewinsky ist einfach ein versierter Erzähler. Wie von leichter Hand skizziert er ein Menschenleben, kreiert Schauplätze und interessante Figuren rings herum und setzt das allen in einen facettenreichen historischen Rahmen.

Wie schon angesprochen sind die Sätze kurz und man kann der Handlung relativ leicht folgen. Trotzdem muss man achtgeben: immer mal wieder tauchen Formulierungen auf, die Lebensklugheit und Weisheit enthalten - ganz Lewinsky eben. Das gefällt mir sehr.

Zum Ende hin ging mir die Obsession von Louis etwas weit. Er hatte Möglichkeiten, sich zu besinnen, hat sie aber zu spät genutzt. Sein Tod überflüssig und tragisch, allerdings von Beginn an so angelegt. Die Verbindung Anfang- Ende sehr gekonnt und genial.

Zweifellos ein Buch, das breite Leserschichten findet und das man vielen Menschen empfehlen kann.
Ein rundum gelungene Geschichte, der für mich persönlich aber das Besondere (wie z.B. bei Melnitz) fehlt. Der Roman wird runde, gesunde 4-5 Sterne von mir bekommen.
 

otegami

Bekanntes Mitglied
17. Dezember 2021
1.833
6.329
49
71
Begeistert schloss ich das Buch, das ruhig noch paar Seiten mehr hätte haben können!
Der Autor überzeugte mich wieder einmal mit einer Geschichte, die ich wie in einem Rausch las. Kurze, knappe Kapitel, die sich süffig lasen.
Dazu der geschichtliche Hintergrund, interessante Charaktere, wunderschöne Merksätze (die man sich am liebsten an die Wand hinge) und viele (für mich unbekannte) Details. Hach ja, das war wieder ein Leckerbissen, den ich auch mit 5 Sternen honoriere!
 

Barbara62

Bekanntes Mitglied
19. März 2020
3.769
14.395
49
Baden-Württemberg
mit-büchern-um-die-welt.de
Für mich kam das Buch zur rechten Zeit, weil man es prima nebenher lesen kann. Die kurzen Kapitel laden geradezu dazu ein. Zwischendurch habe ich immer mal Geschichtliches gegoogelt, das hätte man nicht gemusst, aber es hat mich interessiert. Die atmosphärischen Beschreibungen, wie z.B. bei den Pariser Lumpensammlern, haben mir sehr gut gefallen, ebenso die aktuellen Bezüge. Gute Unterhaltung und ein bisschen lehrreich dazu.
Mein Fazit: Ein neues Buch von Charles Lewinsky lohnt sich definitiv immer, auch wenn dieses nicht ganz an "Der Halbbart" (noch origineller) und vor allem "Melnitz" (ein kaum erreichbares Highlight) heranreicht. Deshalb gibt es von mir 4 Sterne und eine ausdrückliche Leseempfehlung und ich habe wieder einmal ein Geschenkbuch entdeckt, dass für ganz viele passt.
 

RuLeka

Bekanntes Mitglied
30. Januar 2018
6.403
23.948
49
66

parden

Bekanntes Mitglied
13. April 2014
5.835
7.675
49
Niederrhein
www.litterae-artesque.blogspot.de
Für mein Empfinden hätte der Roman ruhig auch noch länger sein können, andererseits habe ich schon zuvor die Kunst des Autors bewundert, quasi im Zeitraffer zu schreiben und trotzdem nichts vermisssen zu lassen. Allerdings ging es mir im letzten Leseabschnitt in Paris doch teilweise zu schnell, in der vor Menschen und Eindrücken überbordenden Stadt. Atmosphärisch fand ich den Roman gelungen, er las sich sehr süffig, der Gegenwartsbezug ist erkennbar und ein netter Nebeneffekt. Von mir wird es hier 4 gute Sterne geben.
 

Sassenach123

Bekanntes Mitglied
27. Dezember 2015
4.291
10.416
49
49
Ich kann mich euren Beiträgen komplett anschließen. Auch ich habe den Roman unheimlich gerne gelesen. Ein schöner Zeitvertreib ohne langes grübeln warum, weshalb und wieso. Nach den vorherigen Leserunden viel es mir daher um so leichter endlich einmal wieder in ein Buch komplett abzutauchen.
Lewinsky schafft es enorm gut, dass alles stimmig ineinandergreift, so dass der Lesefluss überhaupt nicht unterbrochen wird. Toll!
 

Lesehorizont

Bekanntes Mitglied
29. März 2022
2.536
9.571
49
53
Mainz
Ich stehe dieses Mal alleine mit meiner Meinung und kann mich der allgemeinen Begeisterung leider nicht anschließen. Ich sehe schon, dass Lewinsky schreiben kann und die Geschichtenkonstruktion insgesamt gut gelungen ist. Dennoch hat mich die Geschichte nicht fesseln können, erst im letzten Abschnitt ein wenig. Vieles ging sehr schnell, ich blieb nirgendwo hängen, nichts hallt wirklich nach. Insgesamt vermisse ich den Tiefgang.
Das ist schade, aber da der Schreibstil grundsätzlich sehr angenehm ist und ich ohnehin von Lewinsky hier noch Werke liegen habe, werde ich es sicher noch einmal damit probieren.
Ich denke, dieses Mal wird es bei mir so in Richtung von 3 Sternen gehen.