Das Fazit von Vea Kaiser hat mich in meinem Urteil bestätigt. Die revolutionäre Erneuerung, die Virginia Woolf in die eingestaubte viktorianische Literatur brachte, ist nicht hoch genug einzuschätzen. Ich kann all diese Verdienste gedanklich nachvollziehen, ich erkenne die vielen Themen, die sie in "Mrs. Dalloway" anspricht, der Aufbau mit den Stundenangaben ist gut gemacht, das Nebeneinander der Figuren, die gelegentlichen Begegnungen, der ab zu durchblitzende Humor und die Perspektivwechsel gefallen mir - und doch hat mich der Roman als Ganzes nicht angesprochen. Ich muss das Personal eines Romans nicht mögen, aber hier habe ich mich ernstlich gefragt, ob Figuren wie Clarissa, Peter, Hugh, Miss Kilman... es lohnen, verewigt zu werden? Selten habe ich so viele Egozentriker auf einem Fleck erlebt. Keine einzige Figur versucht es auch nur, die Welt aus einem Blickwinkel als dem eigenen zu sehen, das ist armselig.
Ich wollte diesen Roman unbedingt mögen, aber ich schaffe es nicht. Ich zolle Virginia Woolf großen Respekt, ich zweifle nicht an, dass "Mrs. Dalloway" ein Meilenstein in der Literatur war, aber wenn ich mein Lesevergnügen zum Maßstab meiner Rezension mache, kommen nicht mehr als 3 Sterne und eine Würdigung ihrer Verdienste heraus.
Das Nachwort ist hilfreich und unterhaltsam, dem zweimal vorkommenden Wort "rasant" kann ich allerdings nicht zustimmen, obwohl der Mangel an Handlung nicht mein Kritikpunkt ist. Hätte es mehr interessante Figuren wie Septimus gegeben, mein Urteil wäre sehr viel positiver ausgefallen.
Ich bin froh, das Buch gelesen zu haben, aber im Gegensatz zu manchen hier ist es damit auch gut für mich mit Virginia Woolf.