FAZIT zu "Mein Herz so weiß"

Circlestones Books Blog

Bekanntes Mitglied
28. Oktober 2018
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Wienerin auf Rügen
www.circlestonesbooks.blog
Nach einem langsamen Einstieg begann die Geschichte mich immer mehr zu fesseln, ich war neugierig auf mögliche Lösungen, da ich es nicht geschafft habe, alle losen Enden zu verknüpfen, sowohl die Geschichte von Miriam, als auch die Zeit mit Berta in New York bleiben für mich Episoden. In Miriam und Guillermo wiederholt sich gleichsam die Geschichte von Teresa und Ranz, aber das weiß Juan ja erst jetzt, rückblickend, als er sich beinahe ein Jahr später an seine Hochzeitsreise und Havanna erinnert. Die Frage, ob sich an einer Schuld in der Vergangenheit etwas ändert, je nachdem, ob man sie verschweigt, oder gesteht, und warum dies etwas ändern sollte, wird mich noch eine Weile beschäftigen. Für Marías und seine Figuren macht es jetzt, nach so vielen Jahren, keinen Unterschied, für Teresa damals sehr wohl. Viel Stoff zum Nachdenken.
 

Wandablue

Bekanntes Mitglied
18. September 2019
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Brandenburg
Der Roman hat mich vollkommen überzeugt. Es liegt eine leise Ironie in seinen Sätzen und der Aufbau ist höchst kunstvoll. Da liegen m.E. keine losen Enden herum. Wunderbar (und auch ironisch) der Bezug zu Shakespeares Macbeth, der durchs ganze Buch gezogen wird, eine sehr feine Linie.
Dazu allerhand Philosophisches, über das Erzählen, über das Wort überhaupt, über die Kraft des gesprochenen Wortes, über die Beziehung von Wort und Tat, letztlich über die Beziehung zwischen Idee und Realität.
Spannung gibts auch, wenn auch keine Fizek-Spannung. Sie ist viel subtiler.
Einziges kleines Manko - die Charaktere sind für mich nicht klar genug und nicht erkennbar genug gestaltet, was die Aktuere für Menschen sind, bleibt unscharf. Vllt ist das so gewollt.
Aber im Ganzen: ein feines Leseerlebnis, das allerdings dem deutschen Leser einiges abverlangen dürfte, vor allem aufgrund der Schachtelsätze, an die man sich allerdings hineinfallen lassen kann, wenn man dies nur möchte.
 

Eulenhaus

Aktives Mitglied
13. Juni 2022
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Mein Herz so weiß ist ein großer Roman, der nicht ganz ohne Mühe zu lesen ist.
Marias hat Literatur und Philosophie studiert, sein Vorbild war Shakespeare. In sieben seiner vierzehn Romane finden sich Zitate von ihm. Sein Hauptmotiv ist die Unmöglichkeit, einen anderen wirklich zu kennen.
In „Mein Herz so weiß“ sieht er die Ehe verbunden mit einer Einengung der persönlichen Freiheit. Das tägliche Zusammensein betrachtet er schwermütig-pessimistisch. Rechtfertigt diese Einengung einen Mord? Der Protagonist hat sich zwar mit seiner Tat beschäftigt, aber sein Gewissen hat ihn nicht gehindert, angenehm weiter zu leben.
Der Autor beleuchtet den moralischen Hintergrund der Figuren in ihrem Handeln, nicht die Handlungen selbst.