Ach hier bin ich hin und her gerissen. Ich muss zugeben, dass diese ganz besondere Kürze der Kapitel sowohl inhaltlich als auch sprachlich, sowie die Sprünge zwischen ihnen doch sehr gefordet haben. Ich hätte mich gern Maud Martha näher gefühlt, kam ihr aber nur in wenigen Sequenzen nahe. Während Brooks die Lebensumstände mit wenigen Worten perfekt erschaffen kann, hätte mir gleichmaßen ausgeprägte psychologische Tiefe gut gefallen. Soll nicht heißen, dass es diese nicht gab, aber wegen mir hätte der Roman dahingehend etwas umfangreicher sein dürfen. Bei manchen Kapiteln fehlt mir wahrscheinlich einfach das Hintergrundwissen, um zu verstehen, was sie aussagen sollen, warum sie im Buch sind.
Sehr gut hat mir beim Greifen des Werkes das Nachwort von Daniel Schreiber geholfen. Die Übersetzung von von Andrea Ott hat mir über weite Strecken gefallen, wenngleich ich die im 1. LA genannte Sache mit der "Elvis-Tolle" als wirklichen Schnitzer empfinde. Insgesamt finde ich die Aufmachung des Buches wirklich toll. Ein ganz großes Lob gibt es von mir dafür, dass der Manesse Verlag sich bei diesem Buch dafür entschieden hat, die Anmerkung direkt als Fußnoten auf die entsprechende Seite im Roman zu drucken. Genauso mag ich das. Kein Blättern, kein Suchen. (Vor allem kein Wundern, ob der entsprechende Begriff nun im Anhang auftauchen wird oder nicht, weil er einfach nicht im Text gekennzeichnet ist.) Die Gestaltung finde ich auch schön und stimmig. Im Vergleich zum Original-Cover von 1953 ist hier eindeutig eine Schwarze Frau mit Afro abgebildet und nicht eine Person, die den äthetischen Gewohnheiten einer Weißen Leserschaft angepasst ist. Das passt zum Inhalt des Buches. Ebenso das Vorsatzpapier, welches mit der Tapete aus der Kitchenette den Rahmen um das Erwachsenenleben von Maud Martha widerspiegelt.
Ich bin ganz ehrlich, so interessant ich manche inhaltliche Stellen und die Lebensgeschichte Brooks im Allgemeinen finde, so konnte mich aber die Lektüre nicht vollständig einfangen. Bei einem guten Roman, der in einem sehr gut durchdachten Gesamtpaket daherkommt, werde ich wohl bei 3,5 auf 4 Sterne aufrunden. Aber auch das entscheidet sich noch, wie auch im Falle von "Mai", erst beim Schreiben der Rezi abschließend.