FAZIT zu "Doktor Faustus" von Thomas Mann

Literaturhexle

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2. April 2017
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Wie hat euch der Roman gefallen? War das Nachwort (sofern vorhanden) hilfreich für euch?
Wir freuen uns über ein kurzes Fazit.
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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Ich durfte mir mal als 10 oder 11jährige zu Weihnachten (und Geburtstag zusammen) zwei Bücher aus dem Katalog aussuchen (ja, damals stöberte man noch in Katalogen) und entschied mich, mangels Auswahl, für zwei Sachbücher: Die Pharaonen und Wandalen.
Es war für meine Leserechtschreibschwäche absolut ungeeignetes Material, aber ich steckte trotzdem meine Nase rein, obwohl mich die Bilder wahrscheinlich mehr beeindruckt haben, als die Buchstaben.
Lange Rede, kurzer Sinn, jahrelang danach glaubte ich, dass Hiob im alten Ägypten gelebt hat und mit ansah, wie eine Pyramide mit dem "falschen Winkel" beim Bau zusammenbrach, er darauf hin die (Hiobs-)Botschaft zu einer anderen Baustelle trug und man dort mittendrin den Winkel änderte (die "berühmte" Knickpyramide).

Ungefähr genauso viel werde ich beim Lesen von Doktor Faustus verstanden haben! Es gab aber zu genüge Szenen, Wörter, Passagen, die mich sehr beeindruckt haben und die ich deshalb auch nicht so schnell vergessen werde.

Das Wort "Schlupfbude" zum Beispiel erwähne ich jetzt bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit, obwohl es genauso wenig zu Thomas Mann gehört, wie Hiob zum alten Ägypten.

Und da ich vor noch nicht allzu langer Zeit Goethes Faust las, passt dieser Faustus zum Doktor, wie der Mann zum Thomas.
 
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Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Ich muss sagen, mich hat der Roman tief beeindruckt. Auch wenn ich, wie ihr, vom musikalischen Gehalt nur wenig verstanden habe. (Ich habe das Buch beim letzten Gespräch mit meiner Tochter, die Musik studiert hat, intensiv ans Herz gelegt, aber leider die Antwort entgegennehmen müssen: "Weißt du, wenn man mit dem Kram den ganzen Tag beruflich zu tun hat, dann will man das nach Feierabend nicht auch noch lesen." Autsch ...)

Was mich an Mann immer wieder begeistert, ganz unabhängig von den Themen, dem Frauenbild und der bidungsbürgerlichen Attitüde, das ist der Wortgesang. Damit fängt er mich immer. Ich könnte fünf Seiten Mann lesen ohne das geringste zu verstehen, ich würde es trotzdem genießen. In diesem Sinn - mich habe die Lektüre begeistert und ich werde, sobald mir die Leserunden das entsprechende Zeitfenster erlauben, mit den Josephsromanen beginnen.
 

Circlestones Books Blog

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28. Oktober 2018
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Wienerin auf Rügen
www.circlestonesbooks.blog
Nach einem langsamen Einstieg durch die Kindheitserinnerungen und die Schilderung der Elterngeneration, die Rückblicke auf die spätere Schulzeit und meine rein persönliche Einsicht, diesen Roman als geschichtliches Zeitbild Deutschlands und Künstlerroman zu lesen, ohne mich weiter allzu sehr auf das Faust-Thema zu fixieren, wurde es ein sehr beeindruckendes Leseerlebnis und ich bin froh, nicht abgebrochen zu haben (es gab Phasen ...). Manche Seite musste ich zwei Mal lesen, zurückblättern, aber das wird bei Thomas Mann nicht nur mir zu gehen. Für mich waren besonders die Schilderungen der Gesellschaft, des sogenannten Bildungsbürgertums, des Frauenbildes, der politischen Betrachtungen zu Deutschland während des Ersten Weltkriegs, umzulegen auf den Zweiten Weltkrieg, um den es ja vor allem geht, sehr wichtig und interessant, gerade auch in diesen Tagen. Adrian als Person war für mich wesentlich fassbarer, als seine Kompisitionen, das mag wohl auch daran liegen, dass ich mich als Wienerin zwar auch mit Arnold Schönberg und seinen Kompositionen beschäftigt habe, aber mein einfacher Musikverstand weiterhin G. Verdi vorzieht. Ich habe die Fischer Klassik-TB-Fassung gelesen, also die Frankfurter Ausgabe, deren Basis die Wiener Ausgabe 1948 ist. Dies wurde auch im kurzen Nachwort nochmals begründet, ist jedoch schon auf der Buchrückseite zu lesen. Da gesehen war das Nachwort nicht weiter hilfreich.