Fazit zu "Die dritte Quelle"

petraellen

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Ich habe mich bis zum Ende hin gut unterhalten gefühlt von diesem Roma und kann euch nicht ganz zustimmen bei Eurer Einschätzung der letzten LAs, @Renie und @Literaturhexle . Ich fand sogar, dass sich Steen und seine inneren Wirrnisse zum Ende hin immer mehr beruhigen. Die Beziehung zu Mayra nordet ihn ein wenig ein. Und er zeigt sich mehr als soziales Wesen. Darüber hinaus erfahren wir zur Galapagos-Affäre nicht mehr viel Neues. Es bleibt ein Rätsel der Vergangenheit, was denn da nun wirklich passiert ist. Die eigentliche Neuigkeit zum Ende ist: Es gibt wohl eine zweite bewohnte Stelle auf der Insel, auf der sich auch Wasser, also eine Quelle, befinden muss und dort lebt ein rothaariges Wesen. Wessen Nachfahr kann das sein? Wer an der Affäre Beteiligte hatte rote Haare? Ich erinnere mich nicht so genau. Ist mir aber eigentlich auch egal. Ich brauchte diese Klatschgeschichte nicht unbedingt (wenngleich ein interessanter Aufhänger), um an dem Roman Gefallen zu finden. Das Leben so weltabgewandt in unserer durchvernetzten Gesellschaft, das hat mein Interesse wach gehalten. Und dass dorthin jemand fährt/geht, der psychisch nicht ganz auf der Höhe ist, das ist für mich nicht nur nachvollziehbar, sondern eher zwangsläufig. Ich störte mich also so gar nicht an den geistigen Aussetzern von Steen und der Unklarheit über Realität und Wahn. Das passte für mich hervorragend zum Ambiente und war letztlich eine Weiterführung der exzentrischen bis gestörten Charaktere der "Affäre".
Danke, für deine Einschätzung. Dann stehe ich nicht alleine da. Der Schluss ist offen. Deine Interpretation dazu finde ich ebenso möglich. Meine Interpretation für den Schluss habe ich einfach als seine "Innere Wahrnehmung" empfunden. Das gibt es ja, dass man vor sich hinträumt und meint etwas zu sehen. Er hat sein Inneres Gleichgewicht gefunden.
 
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petraellen

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Danke, für deine Einschätzung. Dann stehe ich nicht alleine da. Der Schluss ist offen. Deine Interpretation dazu finde ich ebenso möglich. Meine Interpretation für den Schluss habe ich einfach als seine "Innere Wahrnehmung" empfunden. Das gibt es ja, dass man vor sich hinträumt und meint etwas zu sehen. Er hat sein Inneres Gleichgewicht gefunden.
Was mich an der ganzen Diskussion stört, dass man versucht Steen unbedingt als psychisch gestört hinstellen zu wollen. Das erschliesst sich mir überhaupt nicht. Er ist exzentrisch, reagiert auf aussergewöhnliche Ergebnisse extrem aber daraus direkt eine psychische Störung zu sehen, halte ich doch für fragwürdig. Was verstehen wir denn unter psychisch gestört? Wenn jemand anders handelt als erwartet? Wie handelt man denn in Extremsituationen? Immer so wie man es gelernt hat?
 
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Wandablue

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Brandenburg
Pillen, die man eigentlich nehmen muss, aber wegwirft ;-).

Man versucht ... aber gar nichts. Die Interpretation Steens ist eben Ansichtssache, die einen sehen ihn als labilen, psychisch Kranken, die anderen ihn als gesunden, tatkräftigen Mann, der glänzend mit der neuen Umgebung zurechtkommt.
 

Literaturhexle

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Was mich an der ganzen Diskussion stört, dass man versucht Steen unbedingt als psychisch gestört hinstellen zu wollen. Das erschließt sich mir überhaupt nicht.
Haha! Siehst du, bei mir ist es genau umgekehrt: ich habe im Laufe der intensiven Diskussion so viele Belege beigebracht, die für mich eindeutig beweisen, dass Steen geisteskrank ist...

Ich kann nicht begreifen, dass man das nicht sehen will.

Wir müssen es so stehen lassen. Unterschiedliche Menschen, die wir sind, fassen Dinge unterschiedlich auf. Das Besondere an unserem Kreis ist, wie sachlich und fair wir mit den Unterschieden umgehen;)
 

petraellen

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Haha! Siehst du, bei mir ist es genau umgekehrt: ich habe im Laufe der intensiven Diskussion so viele Belege beigebracht, die für mich eindeutig belegen, dass Steen geisteskrank ist...

Ich kann nicht begreifen, dass man das nicht sehen will.

Wir müssen es so stehen lassen. Unterschiedliche Menschen, die wir sind, fassen Dinge unterschiedlich auf. Das Besondere an unserem Kreis ist, wie sachlich und fair wir mit den Unterschieden umgehen;)
Ich hoffe, ich gehöre noch zum Kreis dazu.;)
 

kingofmusic

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Darf ich mein Kurzfazit mit einem Zitat aus dem Buch eröffnen?
Warum verlangten Menschen überhaupt immerzu Antworten, warum ließ man die Dinge nicht einfach geschehen? (S. 3589
Als ich diesen Satz gestern las, war mir klar, dass ich ihn hier einbringen muss :p :D.

Ja, nicht alles was uns der Autor erzählt, wird realistisch gewesen sein. Aber ist es nicht ein spannender Kniff, in einem Roman über eine rätselhafte Affäre, deren komplette Auflösung es nie geben wird, genauso rätselhaft zu bleiben?

Ich gebe aus voller Überzeugung 4* und lasse euch hier bereits mein Kurzfazit wissen:
Eine Mischung aus Robinsonade, Aussteigerdrama und kafkaschem Surrealismus mit butterweichen Grenzen zwischen Realität und Traum.

Nicht mehr und nicht weniger ist dieser Roman für mich.
 

petraellen

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Darf ich mein Kurzfazit mit einem Zitat aus dem Buch eröffnen?

Als ich diesen Satz gestern las, war mir klar, dass ich ihn hier einbringen muss :p :D.

Ja, nicht alles was uns der Autor erzählt, wird realistisch gewesen sein. Aber ist es nicht ein spannender Kniff, in einem Roman über eine rätselhafte Affäre, deren komplette Auflösung es nie geben wird, genauso rätselhaft zu bleiben?

Ich gebe aus voller Überzeugung 4* und lasse euch hier bereits mein Kurzfazit wissen:
Eine Mischung aus Robinsonade, Aussteigerdrama und kafkaschem Surrealismus mit butterweichen Grenzen zwischen Realität und Traum.

Nicht mehr und nicht weniger ist dieser Roman für mich.
Die Kernbotschaft steckt im Gedicht, das Steen auf der letzten Seite rezitiert (Titel: Zarathustras Rundgesang/ Nietzsche).
 

petraellen

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„Zwischendurch las er ein wenig Nietzsche und fiel darüber in Schlaf.“ (S. 11)

Was hat Nietzsche mit „Die dritte Quelle“ zu tun?

Eine Frage , die ich zunächst nicht beantworten konnte, da ich die Schriften von Nietzsche nur sehr wenig kenne. Doch die Frage wollte ich gerne beantworte haben und habe daher den Autor Werner Köhler angeschrieben. Seine Antwort war beeindruckend und absolut nachvollziehbar.

Lesen könnt ihr dies als Nachtrag auf meiner Rezension lesenueberall.com
 
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Literaturhexle

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habe daher den Autor Werner Köhler angeschrieben. Seine Antwort war beeindruckend und absolut nachvollziehbar.
Ich finde es toll, dass du den Autor um Auskunft gebeten hast. Was spricht dagegen, seine Antwort hier im Rahmen unserer gemeinsamen Leserunde wiederzugeben? Ggf. in deinen Worten? Gerne würden wir an deinen Erkenntnissen partizipieren, ohne auf externe Links gehen zu müssen;)
 
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petraellen

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Ich finde es toll, dass du den Autor um Auskunft gebeten hast. Was spricht dagegen, seine Antwort hier im Rahmen unserer gemeinsamen Leserunde wiederzugeben? Ggf. in deinen Worten? Gerne würden wir an deinen Erkenntnissen partizipieren, ohne auf externe Links gehen zu müssen;)
Ja, verständlich. Aber es ist ein privater Mailverkehr zwischen mir und dem Autor. Allerdings habe ich angefragt, ob es öffentlich gemacht werden kann. Solange ich keine Rückmeldung habe, bleibt es so. Auf meinem Blog werden gezielter Interessanten es sich anschauen, zumal auch ein Vermerk zu lesen ist, falls Zitate daraus entnommen werden sollten. Ich selbst werde diese neue Erkenntnis demnächst in meiner Rezension einarbeiten und dann öffentlich machen. Das wird noch etwas dauern, denn Nietzsche ist nicht so einfach. Ich hoffe auf euer Verständnis.
 
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petraellen

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Nachtrag mit Genehmigung von Herrn Köhler:

Meine Frage:
„Zwischendurch las er ein wenig Nietzsche und fiel darüber in Schlaf.“ (S. 11)

Was hat Nietzsche mit „Die dritte Quelle“ zu tun?


Antwort:

Eine Frage, die ich zunächst nicht beantworten konnte, da ich die Schriften von Nietzsche nur sehr wenig kenne. Doch die Frage wollte ich gerne beantworte haben und habe daher den Autor Werner Köhler angeschrieben. Seine Antwort war beeindruckend und absolut nachvollziehbar.



Seine Antwort:

„Im Wesentlichen besteht Nietzsches Hauptwerk „Also sprach Zarathustra“ aus drei Lehren: Der Übermensch/Der Wille zur Macht/Ewige Wiederkunft. Auf letztere, die Kernlehre, beziehe ich mich im Buch, die Kernbotschaft steckt auch im Gedicht, das Steen auf der letzten Seite rezitiert (Titel: Zarathustras Rundgesang).

Nietzsche meint (wohlgemerkt: Nietzsche, nicht ich), dass die Wiederkunft die höchstmögliche Steigerung der Lebensbejahung sei. Es gibt keinen Anfang und kein Ende, keinen Gott aber auch keinen Urknall. Jede Lebenslinie krümmt sich, bis zur vollkommenen Rundung. Das bedeutet, alles, Schmerz und Leid, Freude und Lust, passieren immer und immer wieder. Immer zur selben Zeit, immer unverändert.

Friedrich Ritter sah sich selbst als Philosophen, sein Vorbild war eben dieser Nietzsche. Und weil das so war, nimmt auch Steen den Nietzsche mit auf die Insel (im Buch finden sich ja noch andere Zitate von F.N.). Ich finde, dass eine gewisse Spannung darin liegt, dass Nietzsches Gedanken zur Wiederkunft auf Steens Idee treffen, alles genauso wie seine Vorfahren zu machen und zwar exakt so.“



Vielen Dank Herr Köhler
 

Literaturhexle

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Vielen Dank @petraellen , dass du uns diese Info hier eingestellt hast. Kann man das Schlussbild mit der rothaarigen Figur am Strand dann auch als Wiederkehr interpretieren? Sei es nun als Wunschtraum oder Selbstfindung. Irgendwie passt es ins Bild.

Gut, dass du noch einmal hinterher gegangen bist. Es war unwahrscheinlich, dass es ein Zufall war. Allerdings war Ritter auch ein Freund des Philosophen und unser Freund hat ja alles nachgemacht. Mehrere Ebenen, sehr spannend!
 
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petraellen

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Vielen Dank @petraellen , dass du uns diese Info hier eingestellt hast. Kann man das Schlussbild mit der rothaarigen Figur am Strand dann auch als Wiederkehr interpretieren? Sei es nun als Wunschtraum oder Selbstfindung. Irgendwie passt es ins Bild.

Gut, dass du noch einmal hinterher gegangen bist. Es war unwahrscheinlich, dass es ein Zufall war. Allerdings war Ritter auch ein Freund des Philosophen und unser Freund hat ja alles nachgemacht. Mehrere Ebenen, sehr spannend!
Als Wiederkehr sehe ich es nicht. Im Gegenteil, als Abschied von seinem alten Leben. Er ist angekommen und sieht sich selbst. Er ist mit sich im Reinen. Ein groteskes, ein verrücktes, Schlussbild.
 
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