Dann bin ich wohl die Einzige hier, der das Buch gefallen hat. Denn das hat es.
Einerseits wird von vielen hier die Grausamkeit bemängelt. Das kann ich verstehen. Denn schön ist das nicht. Doch eine Autorin mit einem Bezug zu Äthiopien, wie soll so ein Mensch ein Geschehen schildern, welches an Grausamkeit schwer zu überbieten ist? Weichgespült? Wohl kaum!
Wie soll man Menschen und ihr Handeln beschreiben, deren Handeln und deren Leben von unserer Wohlfühlgesellschaft so weit entfernt ist? Eine Zeit, die der unseren recht entfernt ist. Mag man das beurteilen? Darf man das beurteilen?
Wie ist das für Frauen in einem Land, in einem patriarchalen Land? Frauen, die an einem Krieg teilgenommen haben, ihrem Land, ihrem Kaiser helfen wollten, gegen fremde Aggressoren, gegen Mord und Verlust waren. Und auch für Veränderungen waren, für Veränderungen und für eine Gleichberechtigung der Geschlechter.
Andererseits wird eine Unvollständigkeit bemängelt. Doch welche Unvollständigkeit genau? Man kann diese Geschichte lesen ohne Geschichtskenntnisse des Landes haben zu müssen. Verstehen wird man das Buch allemal. Weitere Nachforschungen ergeben höchstens ein Abrunden des Ganzen. Zumindest in meinen Augen. Eine Vollständigkeit der geschichtlichen Ereignisse sprengt hier den Rahmen des Romans, ist in meinen Augen auch nicht sinnstiftend.
Der Aggressor überfällt die Kolonie, böse gegen gut, mitnichten. Der italienische Jude ist ein Opfer und gleichzeitig ein Täter. Was mag man hier bewerten? Die Taten? Die Angst? Das Überleben wollen? Der adlige Äthiopier, ein kämpferischer Held und gleichzeitig ein Aggressor im eigenen Hause. Mag man das bewerten. Sicher. Aber dieses Handeln ist etwas, was in jeder Zeit zu finden war, zu finden ist und zu finden sein wird. Ist das gut? Mitnichten!
Der Aufbau des Buches hat viel Pathos und Drama, ist im Stil mal prosaisch schillernd, mal wieder in einem normaleren Erzählfluss, ist von daher vollkommen einzigartig. Lässt afrikanische Geschichte in einem ungewöhnlichen europäischen Gewand erscheinen.
Die Autorin lässt den Hauptcharakter Hirut in ihrem Buch wachsen und gedeihen, ein Mauerblümchen zur Kriegerin werden. Und gleichzeitig erzählt sie eine Geschichte des europäischen Kolonialismus in einer anderen Gewandung. Herausragend und künstlerisch wertvoll in meinen Augen!