FAZIT zu "Der große Fehler"

Literaturhexle

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2. April 2017
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Was gibt es über den Roman als Ganzes zu sagen? Bitte gebt in ein paar Sätzen ein kurzes spontanes Fazit über alles, was euch beonders gut oder auch weniger gut gefallen hat.
 

Circlestones Books Blog

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28. Oktober 2018
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Das ist noch kein Fazit! Für alle, die jetzt doch mehr über Andrew Haswell Green wissen wollen, hier ein interessanter Fachartikel des New York Preservation Archive. Ich habe überlegt, den Link zum Artikel hier am Ende der Lektüre zu posten, um niemandem die Spannung zu nehmen.

 

Christian1977

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8. Oktober 2021
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Mein Fazit ist, dass meine hohen Erwartungen an den Roman leider nicht erfüllt wurden. Vielleicht waren sie aber auch zu hoch, weil ich etwas vom "besten amerikanischen Roman des Jahres" gelesen hatte.

Allerdings kann ich auch nicht sagen, dass ich komplett enttäuscht wäre, denn insbesondere Andrew Greens Geschichte hat mich wirklich berührt. Sein Tod passt zur Tragik seines Lebens genauso wie die Tatsache, dass er in Vergessenheit geraten ist. Hier fand ich Jonathan Lees Herangehensweise gerade im Hinblick auf Andrews Homosexualität sehr feinfühlig.

Den Schreibstil fand ich gerade zu Beginn altmodisch, den Humor furchtbar onkelig. An den Stil gewöhnte ich mich zunehmend, der Humor ließ glücklicherweise nach oder er störte mich nicht mehr so sehr.

Der Kriminalfall war nicht besonders spannend und blieb auch in der Erzählqualität deutlich hinter der Entwicklungsgeschichte Andrews zurück.

Die Figuren konnten mich bis auf Andrew und Samuel Tilden nicht erreichen. Da aber die Figur Andrew Green alles überlagerte, konnte ich mich damit arrangieren. Die besonders kauzigen Nebenfiguren gingen mir auf die Nerven.

Über die Geschichte New Yorks habe ich viel Wissenswertes auf unterhaltsame Weise gelernt. Bei den Beschreibungen der Stadt gab es mir jedoch zu selten Atmosphäre, hier hätte der Autor doch eigentlich wirklich glänzen können.

Insgesamt finde ich es aber sehr positiv, dass Jonathan Lee eine solche Persönlichkeit wie Andrew Green wieder in Erinnerung gerufen hat und erkenne seine Motive diesbezüglich deutlicher als die des Mörders, die ich eigentlich bis zum Ende nicht ganz kapiert habe.

Ich gebe 3,5 und runde natürlich auf.
 

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28. Oktober 2018
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Ich hatte mir eine Geschichte in Anlehnung an die bekannten Fakten erwartet, dieser Roman ist für mich eher eine Zusammenreihung von Szenen und Episoden in deren Mittelpunkt die Gedanken und Befindlichkeiten einzelner Personen stehen, weniger ihre Handlungen und die tatsächlichen Ereignisse. Die Idee und der Wunsch des Autors, den so gut wie vergessenen Father of Greater New York Andrew H. Green den Menschen in Erinnerung zu rufen, überzeugt mich, nicht jedoch die Umsetzung, da diese Schnipsel aus dem Leben von Green und den bekannten Personen in seinem Umfeld hauptsächlich versuchen, seine Herkunft, Befindlichkeiten, Gedanken und Gefühle zu schildern, sein unermüdlicher Einsatz für Bildung, Kultur, kostenlos begehbare Freiräume für alle Bevölkerungsschichten kommt zu kurz, der Autor geht nur genauer auf die Erreichung des Central Parks ein .
Der innere Klappentext verspricht einen mitreißenden Roman - ich habe ihn gerne gelesen, mich durchaus untrhalten gefühlt, aber er konnte mich nicht mitreißen. Für mich reiht sich dieses Buch in die lange Liste der in den letzten Jahren boomenden Romane ein, die sich fiktiv und romanhaft mit dem Leben von bekannten Persönlichkeiten beschäftigen, oder einem bestimmten Abschnitt aus dem Leben der jeweiligen Künstler, Künstlerinnen, ihrer Partner und Partnerinnen. Auf jeden Fall ruft dieses Buch Andrew H. Green wieder in Erinnerung und hat in den USA auch bereits Nachfolgeromane angeregt, im Februar 2022 ist ein Roman über Hannah Elias, "The Great Mrs. Elias", erschienen.
Für mich ist es ein 4* Roman, der auch in der deutschen Übersetzung sicher begeisterte, überzeugte Leser und Leserinnen finden wird.
 

Circlestones Books Blog

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erkenne seine Motive diesbezüglich deutlicher als die des Mörders
Auszug aus einem Bericht über Recherchen zu diesem immer noch mysteriösen Mord:

Cornelius Williams had an obsession with Hannah Elias spanning more than a decade. He was jealous of her lover, John Platt. Platt went by the name of “Green” when he was with Elias to hide is own identity. This was thoroughly investigated after the murder. Williams was declared insane.”

Aus einem damaligen Zeitungsartikel:
Platt, who was the intended victim of Cornelius Williams, a jealous and paranoid laborer. Platt made a fortune as an importer of fine plate glass. Such glass was in demand for the booming construction of skyscrapers and municipal buildings. Even the Ohio and New York State capitol buildings were constructed with glass supplied by Platt. He would tell the servants of his mistress, Hannah Elias, that his name was “Green.” Due to a similar appearance, Cornelius Williams mistakenly killed Andrew Green, believing he was the lover of Hannah Elias.

Im Roman entdeckt McClusky, dass sich die sehr bekannten Persönlichkeiten, welche die Villa von Bessie Davis aufzusuchen pflegten, Decknamen gaben bzw. von Bessie Davis solche Decknamen erhielten. Aber für mich nimmt der Mord und die Ermittlungen in diesem Roman hier ohnedies nur eine Nebenrolle ein. Schmunzeln muss ich eher über den Text auf der Buchrückseite im Zusammenhang mit den Ermittlungen 1903 "Was wussten ... der Präsidentschaftskandidat Tilden ..." denn Tilden war bekanntlich bereits 1886 verstorben.
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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Mein Fazit ist, dass dieser Roman dringend noch einige Überarbeitung und Reifezeit benötigt hätte. Eine Sortierung hätte vielleicht auch gut getan.
Ein paar Aspekte habe auch ich in diesem Buch genossen, wie zum Beispiel Greens Elternhaus und Lehrzeit. Auch Bessie Davis ist ein schillernder Punkt und gibt der Geschichte den nötigen "Gesellschaftssumpf".

Aber in mir drängt sich das Gefühl auf (und das leider nicht zum ersten mal in den letzten 1 1/2 Jahren), dass da ein Werkstück vorzeitig freigegeben wurde, bevor der Feinschliff Kunst daraus machen konnte. Auch der Verlag hat sich ein paar kleinere Patzer erlaubt.

Haben alle Angst vor der Papierpreiserhöhung, oder befürchtet man das demnächst einbrechende Zeitbudget beim Leser, der sein Homeoffice verlässt und Zeit im Stau verbringt?

Das Lee das besser kann, wird er mir hoffentlich mit einem früheren Werk (High Dive) beweisen, dass ich mir euphorischerweise vor der Lektüre des großen Fehlers beschafft habe.
 

wal.li

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1. Mai 2014
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Ich gebe 3,5 und runde natürlich auf.
Ich gebe auch 3,5 und runde nicht auf. Nach wie vor finde ich es sehr schade, dass man keine halben Sterne vergeben kann. Bei einigen Foren geht es. So wie mir die Prozente bei der Krimicouch zu ausdifferenziert waren, reicht mir die fünfer Einteilung nicht.

Mit dem Buch habe ich mich selbst etwas aufs Glatteis geführt, weil ich nach dem Lesen der Beschreibung mehr auf einen Krimi gefreut hatte. Da ich den Namen Andrew Haswell Green vorher nicht kannte, hat mich die Lebensgeschichte schon interessiert. Toll, was er alles für New York geleistet hat. Die Handlung war mir aber dann etwas episodenhaft und distanziert. Und die Ermittlung war schließlich so nebensächlich, dass dies den Roman auch nicht so richtig zusammenhalten konnte. Dennoch war immer wieder eine Schilderung dabei, die mich berührt hat.

Als ich das Buch in meine Leseliste eingetragen habe, war ich erstaunt, dass ich schon ein Buch des Autors gelesen habe "Wer ist Mr Satoshi?" hat mir damals ganz gut gefallen. An den Titel hätte ich mich sofort erinnert, an den Namen des Autors nicht. Da das Autorenfoto gleich ist, wird es wohl auch die selbe Person sein.
 

Literaturhexle

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So. Der Roman hat sich für mich ziemlich gezogen. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt "Lust", ihn weiter zu lesen. Das ist kein gutes Zeichen. Manchmal wurde ich positiv überrascht, wenn es die ein oder andere Begebenheit gab, die mich gefesselt hat. Lee hat mehrere Handlungsstränge rund um die Persönlichkeit Andrew Green zu einem Roman zusammengefasst. Auf mich wirkte das Ganze wie aus einzelnen Szenen zusammen gestückelt - mal waren diese Episoden mehr, mal weniger interessant. Waren sie letzteres, konnte man sicher sein, dass man in Kürze wieder aus dem Geschehen hinaus katapultiert wurde: Szenenwechsel:(. Auf diese Weise wurde ein jeglicher Lesefluss verhindert, die Lektüre wurde anstrengend.

Den Schreibstil habe ich als ans 19. Jahrhundert angelehnt empfunden. Er hat mir gut gefallen, zumal Lee immer wieder allgemeingültige Sätze oder Weisheiten einflechtet - etwas, was ich in klassischen Werken sehr schätze.

Der große Fehler hat für mich Licht und Schatten. Ich habe manches über den Baumeister Green erfahren. Wie lange das Wissen vorhält, wird man sehen. Es war sehr viel Überflüssiges dabei, während man Greens Leben und Wirken sicher noch hätte ausdehnen können.
Die Lektüre hat mir viel Energie und Durchhaltevermögen abverlangt. Es ist kein schlechtes Buch. Ich jedoch komme über 3 Sterne nicht hinaus.
 

Barbara62

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Baden-Württemberg
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Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Ich habe bewusst den Inhalt nochmal sacken lassen, in der Hoffnung, dass mein Eindruck sich dadurch verbessert. Doch die neue Leserunde, dessen Buch ich mit Begeisterung lese, hat mir deutlich gemacht, dass das beim besten Willen nichts bringt. Ein Buch, durch das ich mich eher gezwungen habe, wird kein Lesehighlight.
Green als Person ist durchaus interessant, doch mir hat die Umsetzung des Ganzen überhaupt nicht gefallen. Viele kleine Geschichten, die für mich nebensächlich waren, haben den Lesefluss arg gestört.
Ein wenig beruhigend habe ich die Tatsache empfunden, dass ich mit dieser Einschätzung nicht allein bin :cool:
Nun muss ich das nur noch irgendwie in meine Rezension einbauen.
 

Amena25

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Green als Person ist durchaus interessant, doch mir hat die Umsetzung des Ganzen überhaupt nicht gefallen. Viele kleine Geschichten, die für mich nebensächlich waren, haben den Lesefluss arg gestört.
Genau! Auch wenn manche der kleinen Geschichten zum Teil amüsant waren, hat mir der größere Zusammenhang gefehlt. Schade!
 

luisa_loves-literature

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9. Januar 2022
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Leider war das nicht mein Roman. Das Titelbild und der Klappentext hatten mich sehr angesprochen, aber der erste LA hat mich schon völlig geschafft, weil ich eigentlich nur nichtssagenden und langweilig fand. Zwischendurch blitzen sprachliche Perlen auf (Trinidad, Zugfahrt von Chicago) oder auch inhaltlich amüsante Episoden (Bessie Davis), aber insgesamt ist der Roman eher zäh und zieht sich endlos. Es fehlt der rote Faden. Für die Geschichte eines Lebens und den Bericht von Errungenschaften ist der episodenhafte Stil nur sehr bedingt geeignet, hier funktioniert er meines Erachtens nicht. Zurück bleibt leider sehr viel Leere, sehr viel Lärm um nichts. Über Andrew Haswell Green weiß ich nur minimal mehr als vorher - und vorher wusste ich nichts. Insgesamt wirklich ein Roman, den ich als Lesearbeit empfunden habe, der mich nur sehr wenig interessieren konnte und bei dem ich dankbar bin, dass ich es geschafft habe. Mehr als drei Sterne wird es auch von mir auf keinen Fall geben.
 
Zuletzt bearbeitet:

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Ich habe mich mit der Rezension auch schwergetan. Ich habe lange über die Anzahl der Sterne gegrübelt und schließlich auf vier aufgerundet. Für drei Sterne hätte mich der Roman stärker enttäuschen oder sogar ärgern müssen. Das war hier nicht der Fall. Trotzdem sind wir uns in einem Punkt wohl alle einig: Bei dieser Persönlichkeit wäre mehr drin gewesen. Es wurde viel Potenzial verschenkt.

Manche Kapitel sind langatmig. Was die Biografie angeht, hat mir letzten Endes auch was gefehlt. Ich finde aber dennoch, dass der Roman Charme hat. Ich muss auch sagen, dass ich den Schreibstil mochte, der ja offensichtlich die Geister scheidet. Mich hat der Roman dazu gebracht, mich mit einer interessanten Persönlichkeit auseinanderzusetzen.