FAZIT zu "Der Abstinent"

Literaturhexle

Moderator
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2. April 2017
19.435
49.835
49
Wie hat euch das Buch insgesamt gefallen? Hier ist Platz für euer erstes spontanes Fazit (unabhängig von der Rezension, die nicht verlinkt werden MUSS).
 

Literaturhexle

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2. April 2017
19.435
49.835
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Hoppla, ich bin doch gar nicht die Erste!

Das Leseerlebnis war für mich recht durchwachsen. Der Autor hat mich eigentlich von Anfang an gepackt. Er kann Atmosphäre schaffen. Man kann die dreckigen Straßen Manchesters sehen und riechen. Der Konflikt zwischen Engländern und Fenians hat mich interessiert.

Die handelnden Figuren haben mich wieder etwas abgekühlt. Der Polizist O' Connor verhält sich doch ziemlich unbedarft, lässt sich dilettantisch überfallen, geht sehr offen mit dienstlichen Geheimnissen um und so fort. Vieles wird zudem schwarz-weiß gemalt, die Handlung recht einfach strukturiert.

Die Sprache ist sehr dialoglastig. Wenn der Autor mal ins Beschreiben kommt , hat er gerne Sprachbilder eingeflochten, die für mein Empfinden sperrig und unpassend sind. Das ist mir selten so stark aufgefallen wie in diesem Buch.

Mit dem Ende hat er mich dann nochmal richtig überrascht! Das weicht nun deutlich ab vom Herkömmlichen, Erwartbaren.

Der Roman kommt weder sprachlich noch inhaltlich an "Nordwasser" heran, dem ich uneingeschränkt 5 Sterne geben würde.
Dieses hier ist solide historische Krimikost, gut nach Feierabend verdaubar und entspannend.
Aber nur, wenn man sich nicht über das Ende ärgert;)

Ich bin ziemlich sicher, dass 3 hübsche Sternchen rausspringen. Ohne Ärger. Man kann das gut lesen - muss es aber nicht:D
 

Barbara62

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19. März 2020
3.874
14.816
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Baden-Württemberg
mit-büchern-um-die-welt.de
Schade, dass das Buch bei euch nicht ankam, bei mir gehört es zu den Highlights 2021. Der erbitterte Zweikampf vor den Kulissen einer frühindustriellen Stadt hat mich fasziniert. Meinen Mann übrigens auch, der das Buch gerade gelesen hat.

Zum Ende: Das hat mich natürlich auch überrascht und zunächst verstört. Aber wenn der Autor von diesem Ausgang des Duells berichten wollte, musste er die Handlung aus England wegverlegen, denn als Polizist hätte O'Connor so nicht agieren können. Ich habe über den plötzlichen Wechsel auch gestaunt, aber bei genauerer Betrachtung finde ich ihn genial.
 

Emswashed

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9. Mai 2020
2.730
9.753
49
Mir war die Geschichte eindeutig zu stark konstruiert und die Fortschritte in der Handlung basierten nur auf Zufälle.
Dass ein Hinweis des aufgetauchten Neffen zum Gesuchten führten, hätte ich noch akzeptieren können, aber was dann folgte war mir zuviel "Märchen".
Die Dialoge waren wenig glaubwürdig, weil es einfach zuviele Informationen an den Leser gerichtet, gab. Kein Zaudern, kein "Ähm".

O`Connors Charakter war nicht greifbar. Schlau war er auf keinen Fall und auch zu sprunghaft in seinen Gefühlen. Er reist nach Amerika, obwohl er sich nicht sicher sein kann, dass Doyle dort ist und dann läuft er ihm praktisch in die Arme.

Ich kann diesen Roman nicht ernst nehmen, fast möchte ich meinen, es wäre besser ein Slapstick-Komödie daraus geworden.
 
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Barbara62

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19. März 2020
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Baden-Württemberg
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Sach mal. Warum hast du nicht mitdiskutiert, das hätte mich doch sehr interessiert, was du so zu sagen gehabt hättest.

Ich war damit beschäftigt, mich über "Ich, Antoine" zu ärgern. :( Das hat mir für ein paar Tage jeden Nerv geraubt. Zum Glück habe ich jetzt wieder ein schönes Buch ("Nonna" von Thomas de Padova).
 

Wandablue

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18. September 2019
9.592
21.818
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Brandenburg
Ich war damit beschäftigt, mich über "Ich, Antoine" zu ärgern. :( Das hat mir für ein paar Tage jeden Nerv geraubt. Zum Glück habe ich jetzt wieder ein schönes Buch ("Nonna" von Thomas de Padova).

Ich merke doch immer wieder, wie leicht ich mich beeinflussen lasse. Ich verstehe, dass du mit Toni beschäftigt warst ... aber ich habe kaum gewagt, den Roman zu mögen bei so viel Gegenwind. Zumal ich nur das Gefühl hatte, ich mag ihn mehr als Berlin Heat. Aber keine Argumente. Du hast mir hier gefehlt als Gegengewicht.
Gut, bei der Rezi denk ich dann mehr nach und löse mich ..
 
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Wandablue

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18. September 2019
9.592
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Brandenburg
Der Roman hat mich überrascht, weil er so ganz anders war als erwartet. Gut, das ist das Wesen von Überraschungen. Ich fand ihn stilistisch glatter als Berlin Heat. Das mir vom Tonfall her gar nicht zusagte. Auch das überraschend.
Die Dialoglastigkeit störte mich nicht, nachdem klar war, dass der Autor sie regelrecht benutzt und ausschlachtet, um eine Nähe zur bildungsfernen Klientel herzustellen. (hoffe ich).
Nach und nach trank ich gedanklich immer mehr Whisky und war ständig blau und kein Wunder, dass ich dann dumme Sachen mache.

Ganz ernst habe ich den Roman nicht nehmen können, aber er las sich angenehm und flott und ich habe versucht, mich in den Kopf des Autors zu versetzen. Was hat er gemacht und warum?

Meine Rezension findet man hier.
 
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wal.li

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1. Mai 2014
2.728
2.678
49
Ich suche mir die Bücher meist so aus, dass ich hoffe, sie könnten mir gefallen. Manchmal probiere ich etwas aus und manchmal gibt es Überraschungen positiv, zum Glück selten negativ.
Nach dem Klappentext hat mich das Buch echt interessiert und das "Bücher Magazin" gibt 5 Sterne. So richtig verstanden habe ich das nicht. Allem Anschein nach habe ich auch das Buch nicht richtig verstanden. Den Ansatz fand ich echt gut, weil mich die Irisch/Englische Geschichte interessiert. Allerdings glaube ich, dass O'Connor und Doyle ihre Sache besser in England zu Ende gebracht hätten. Spätestens in Amerika hatte das Buch mich verloren und den Epilog hätte ich lieber nicht gelesen. Das war etwas schade, immer hin hat mir die erste Hälfte gefallen.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
4.342
10.617
49
49
Auch im Nachhinein finde ich, dass der Autor die Athmosphäre der Zeit gut eingefangen hat.
Alles in allem war ich aber mit vielem nicht einverstanden. Es gab interessante Passagen, aber die musste ich suchen. Ich habe auch verhältnismäßig lange gebraucht, was diesmal nicht dem Zeitmangel geschuldet war, sondern eher der Leseunlust. Trotzdem ist es nicht komplett schlecht, ach, ich weiß auch nicht.:(
 

ulrikerabe

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14. August 2017
3.050
7.678
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Wien
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Was hat mir Ian McGuire hier erzählen wollen. Es ist ein historischer Roman. Die Atmosphäre einer englischen Stadt im Jahr 1867 vermittelt der Autor gekonnt. Der politische Konflikt der Iren gegen die Engländer ist der Aufhänger. Die Hintergründe werden vorausgesetzt und nicht erläutert. Der Umgang ist rau, ungehobelt, brutal. Jeder der (männlichen) Protagonisten trägt irgendeinein Bündel an Verletzung, Verlust, Wut mit sich herum. Zorn und Schuld suchen sich ein Ventil. Vergeben und Vergessen ist nicht. "Hegt und pflegt eure schmerzlichsten Erinnerungen und lasst sie gedeihen..."

Das Buch heißt "Der Abstinent". Der irische Polizist und Antiheld James O'Connor hat sich nach dem Tod seiner Frau fast in den Ruin gesoffen. Er schafft einen Neubeginn in England, wird dort gegen seine eigenen Landsleute eingesetzt. Ein Ereignis bringt ihn zurück zur Flasche, später hört er wieder auf zu trinken. Ich habe mich dennoch gefragt, warum gerade dieser Titel gewählt wurde. Wir verbinden mit dem Wort abstinent den Verzicht auf Alkohol. Doch abstinere (lat.) heißt schlicht sich fernhalten, verzichten. Letztlich verzichtet O'Connor auf seine Rache. Gut wäre es gewesen, das Buch hätte hier geendet.

Was ist nun für mich die Aussage dieses Buches. Du entkommst dem Fahrwasser nicht, so sehr du dich auch abstrampelst. Und wenn du es tust, bringt es dir auch keinen Vorteil. Fatalistisch aber für O'Connor traurige Gewissheit.

Ich mag traurige gebrochene Gestalten in Büchern, über die holprige Handlung mit einigen Fragezeichen und losen Fäden kann nicht alles hinweghelfen.
 

ulrikerabe

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14. August 2017
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Rache? Für was denn? Er ist doch Polizist. Da hat er sich nicht zu rächen. Das verstehe ich nicht.
Auch Polizisten sind nur Menschen. Die Polizei (als Apparat) hat versagt und Doyle nicht stellen können. O'Connor hat versagt, und fühlt sich mitschuldig am Mord an Michael. Vielleicht ist Rache das falsche Wort. Vergeltung? Selbstjustiz?
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
1.803
5.061
49
Vielleicht war es ein Vorteil, aber ich kenne „Nordwasser“ nicht und bin entsprechend ohne genaue Erwartungen in die Lektüre gegangen. Vorneweg: Für mich ist der Roman trotzdem kein Lesehighlight.

Ich sehe es auch so, dass manche Szenen ein wenig übertrieben sind. Der Schluss ist ebenfalls nicht meins. Im Großen und Ganzen hat mich die Geschichte trotzdem gut unterhalten. Am besten gefallen haben mir die atmosphärisch starken Beschreibungen und die Tatsache, dass man den Charakteren und ihrer Biografie recht nahe gekommen ist.

Meine Rezension (4 Sterne) ist jetzt auch fertig.