Galgut lässt viele Leerstellen in seinem Roman, erzählt bei weitem nicht alles aus. Er wirft immer nur Blitzlichter auf das Geschehen und seine Figuren - und das in großen Abständen. In Folge bleiben Fragen offen, Charaktere unklar. Unsere Diskussion war da mal wieder extrem erhellend und konstruktiv! Ein solch vielschichtiges Buch alleine zu lesen, mindert gewiss den Genuss. Es ist eines der Werke, die man auch ein zweites Mal zur Hand nehmen sollte, man wird immer wieder etwas Neues entdecken.
Nicht genug loben kann ich den Erzählstil. Hat man sich erst einmal eingelesen, muss man ihn als grandios bezeichnen. Mal ganz anders, teils flapsig, teils mit großer Tiefe, immer mit sagenhafter Empathie zur Handlung und ihren Figuren. Ein Highlight natürlich auch die Randfiguren: Bob, die Schakale, die Schlangen. Es hat mir gefallen, dass Galgut auch Dinge bespricht, die in der Literatur selten sind: die Arbeit eines Bestatters incl. Krematorium, menschliche Bedürfnisse und manch andere "Unappetitlichkeit", die zum Leben dazugehört. Auch mit den Geistern kam ich gut zurecht. Sie gehören wahrscheinlich zum Land und geben dem Buch eine spezielle Note.
Auch wenn ich im zweiten Abschnitt nicht ganz auf meine Kosten gekommen bin (einen Hänger hatte), kann ich hier keine andere als die Höchstwertung zücken. Wir alle sind doch immer auf der Suche nach diesem besonderen Buch, das vom Üblichen abweicht. Hier haben wir eines davon! Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass es den Bookerpreis gewonnen hat. Es hat mehrere Ebenen und beeindruckende Perspektiven. Es informiert über die Entwicklung Südafrikas und lädt zu vertiefenden Recherchen ein, ohne sie notwendig zu machen fürs Verständnis der Handlung.
Es ist Mitte Januar und ich habe mein ersten Highlight gelesen. Herz, was willst du mehr?!?