E-Books sind wie Harry Potter

Helmut Pöll

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E-Books sind wie Harry Potter. Ungeliebte Stiefkinder, die man nicht mehr los wird. Eindringlinge in einer bis dahin friedlichen Welt, die allein durch das, was sie sind, alles auf den Kopf stellen. Flaschengeister, die nicht mehr in die Flasche wollen.

E-Books gibt es fast so lange wie Computer. Nur wollte sie früher niemand. Sie waren nicht massentauglich. Zu schwierig zu produzieren. Zu umständlich zu beziehen. Zu umständlich zu verbreiten. Massentauglich wurden E-Books erst durch eine Kombination technischer Entwicklungen: schnelle Internetverbindungen, intuitive Webshops, hochwertige Lesegeräte und leistungsfähige Smartphones und Tablets mit Internet-Flatrate.

Zwei Firmen haben das Potential dieser Entwicklung besonders schnell erkannt und für sich genutzt: Apple und Amazon. Beide auf einem anderen Gebiet. Apple wurde mit iphone, ipad und dem Musikdownload itunes zur wertvollsten Firma der Welt. Amazon wurde mit Onlineshop, Lesegerät Kindle und der E-Book-Publikationsplattform Kindle Direct Publishing (KDP) zu einem der weltweit größten Verleger und zum Erzfeind der Buchbranche.

Das E-Book ist aber nicht nur einfach eine weitere neue Form für Geschichten. Das E-Book ist ein kompletter Paradigmenwechsel. Das E-Book braucht die alten Strukturen der Buchbranche nicht mehr: keine fünfstöckigen Verlagshäuser, keine Druckereien, keine Auslieferungslager, keine Lieferwagen-Logistik, keine Buchhandlungen. Das E-Book braucht nur ein Notebook mit Internet-Verbindung. In München, in Frankfurt, in Singapur oder
mitten in der Mongolei. Deshalb sind das E-Book und Amazon so unbeliebt.

Wenn diese These tatsächlich stimmt wird auch erklärbarer, warum manche E-Books so viel kosten wie Hardcover. Man will sie nicht, muss sie aber anbieten. E-Book-Preise auf Hardcover-Niveau führen zu geringen Verkäufen, führen zu mit Zahlen untermauerbaren Schlagzeilen wie "E-Books setzen sich nicht durch". Wenn E-Books sich sowieso nicht durchsetzen macht es für Leser keinen Sinn ein Lesegerät anzuschaffen und E-Books zu kaufen.

Das sieht das in London beheimatete internationale Marktforschungsinstitut technavio allerdings ganz anders. Nach deren neuester Studie wird bis zum Jahr 2020 das E-Book-Marktvolumen den Printbereich übetreffen. Der entscheidende Faktor dabei ist nach Ansicht der Marktforscher die weiterhin steigende Marktdurchdringung mit großflächigen und lesetauglichen Smartphones und ein steigendes Angebot an günstigeren E-Books.


e-book-news.de » US-Buchmarktstudie von Technavio: E-Books überholen Print bis 2020
E-Book Market in the US to Surpass USD 13 Billion by 2020, According to Technavio | Business Wire
 
23. März 2015
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Hennef
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Das E-Book braucht die alten Strukturen der Buchbranche nicht mehr: keine fünfstöckigen Verlagshäuser, keine Druckereien, keine Auslieferungslager, keine Lieferwagen-Logistik, keine Buchhandlungen. Das E-Book braucht nur ein Notebook mit Internet-Verbindung. In München, in Frankfurt, in Singapur oder
mitten in der Mongolei. Deshalb sind das E-Book und Amazon so unbeliebt.
Auf in den Kampf gegen das Establishment ;)
 

Helmut Pöll

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Der seit 2011 erscheinende Global-E-Book-Report spricht auch davon, dass der E-Book-Boom sich abflacht.
e-book-news.de » “Das Ende vom digitalen Anfang”: Global eBook Report 2016 sieht neue Phase des medialen “anything goes”

Interessant sind aber auch hier die Details. Tatsächlich gilt dieses Abflachen in erster Linie für die größeren Verlage, während die E-Book-Verkäufe von Amazon und Indie-Autoren weiterhin steigen.

Mehr Infos zum Thema:
whatchareadin.de: Indies hängen bei E-Book-Verkäufen in den USA Großverlage ab
 

ManfredsBücherregal

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Ich habe das ja auch schon an anderer Stelle gesagt. Ich glaube Ebooks werden sich dann mehr verbreiten wenn der Preis für Reader deutlich günstiger wird.
Ähnlich war dies doch auch bei Computern, Videogeräten, Dvd-Playern oder auch CD-Playern. Erst nach dem der Preis unter ein bestimmtes Niveau ging wurden diese Geräte für die Masse interessant und es kam der wirkliche durchbruch.
 
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Helmut Pöll

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Erst nach dem der Preis unter ein bestimmtes Niveau ging wurde diese Geräte für die Masse interessant und es kam der wirkliche durchbruch.
Stimmt natürlich, @ManfredsBücherregal . Wobei bei E-Books das Phänomen dazu kommt, dass man sie auf Geräten lesen kann, die viele ohnehin haben, wie Smartphones oder Tablets. Aber vielleicht würde ein Redaer für 30 Euro das alles nochmal deutlich beschleunigen.
 
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InFo

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Das der Trend erst 2020 einsetzen soll verwundert mich ehrlich gesagt. Das war doch bereits vor 1-2 Jahren der Fall, oder irre ich mich? Für 2020 würde ich persönlich da ein ganz anderen Bild zeichnen.

Warum man eBooks preislich auf Hardcover Niveau ansiedelt, verstehe ich tatsächlich nicht. Dann ergibt sich die Argumentation, wie angesprochen sehr leicht. Aber warum graben sich selbst damit das Wasser an, anstatt von den "Selbstläufern" nicht einfach zu profitieren? Bin irgendwie froh, dass ich diese Diskussion nicht mit einem Verlag führen muss.
 

apple

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Süddeutschland
ich könnte mir auch, dass die Schere noch weiter aufgeht: amazon, indies &co. auf der einen und die abgeschlagenen klass. Verlage auf der anderen Seite - jedenfalls was das E-book angeht. Bin sehr gespannt, was sich auf dem Markt noch tut, die Verbreitung /das Lesen von Texten auf dem Smartphone soll die Entwicklung ja erheblich vorantreiben ... (mein Mann liest viel auf seinem - ich bin erstaunt ;) - vielleicht erschließen sich so ungeahnte Lesergruppen)
 

Klara Bellis

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23. März 2014
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Das Portal Heise mutmaßt, dass die Zeit für E-Books so langsam vorbei sein könnte. So verabschiedet sich mit Waterstones der größte britische Buchhändler vom E-Book
Diese Nachricht wurde heute von der blutjungen Sprecherin in unserem Independent-Stadtradio als „Endlich mal eine gute Nachricht“ gefeiert. Als Independent-Autorin bin ich mir noch nicht so ganz schlüssig, darüber, wie gut ich die Nachricht finden soll.:confused:
www.heise.de: Waterstones: Größter britischer Buchhändler verabschiedet sich vom E-Book
 

Helmut Pöll

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Das Portal Heise mutmaßt, dass die Zeit für E-Books so langsam vorbei sein könnte.
Dank für den Link, @Klara Bellis
[zitat]Der Abschied von E-Books ist nach dem bereits mit deutlichen Worten verkündeten Ende des Verkaufs von Kindle-Readern in den Waterstones-Filialen ein neuerliches Zeichen dafür, dass die Wachstumszeiten der E-Books endgültig vorbei sind. Und im verbleibenden Markt scheint die Vormacht der Großen – allen voran Amazon – zumeist nicht beizukommen zu sein.[/zitat]
Ich interpretiere das nicht so, als ob die Zeit der E-Books generell vorbei ist, auch wenn es im Heise-Artikel meiner Ansicht nach tatsächlich etwas missverständlich bzw. widersprüchlich ausgedrückt ist. Für Waterstones ist die Zeit der E-Books vorbei. Bei Amazon scheint das nicht der Fall zu sein, die gedeihen prächtig. Tatsächlich ist es ja auch naheliegend, dass jemand, der einen Kindle hat, dann auch gleich im Amazon-Shop kauft und nicht bei Waterstone vor Ort oder im Waterstone-Shop. Was scheinbar nicht funktioniert ist die Verbindung E-Book und herkömmliche Buchhandlung.

Wenn man technisch 20 Jahre zurückschaut, dann hat sich alles durchgesetzt, was für viele Leute irgendeinen Vorteil mit sich gebracht hat. Die CD hat sich gegenüber der Schallplatte durchgesetzt, weil kleiner und robuster, auch wenn es einige Liebhaber der Schallplatte gab, die das heimelige Knistern nicht missen wollten. Die große Mehrheit dachte weniger romantisch. Die mp3-Player haben schließlich der CD den Rang abgelaufen, da die gegen "1000 Songs in einer Tasche" (Apple-Werbeslogan) das Nachsehen hatte.
Das E-Book ist praktisch, weil digital, weil "1000 Bücher in einer Tasche". das ist Argument genug, dass es sich meiner Meinung nach durchsetzen wird. Zu den unermüdlichen Rufen aus der Buchbranche, wonach das E-Book am Ende sei fällt mir nur der ketzerische Gedanke ein, dass die Buchbranche in den letzten 15 Jahren nicht gerade ein Feuerwerk visionärer Ideen hervorgebracht hat. Und sind die, die das Ende des E-Books sehen, nicht dieselben Leute, die vor 15 Jahren sagten, dass der komische Kauz aus Seattle mit seiner Garagenfirma, der Bücher über das Internet verkaufen will, nicht ernst zu nehmen ist?
 
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Helmut Pöll

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Danke fürs Finden, @Helmut Pöll. Das leuchtet mir auch mehr ein als die Theorie vom eBook-Aus insgesamt. Ich glaube, das eBook ist erst der Anfang, zurück zum Papierbuch als alleinigem Medium geht es jedenfalls nicht mehr. Es sei denn, uns fällt der Himmel auf den Kopf oder wir katapultieren uns selbst zurück ins Mittelalter.
Das sehe ich ganz genauso wie Du, @Sabine Schäfers
 

Klara Bellis

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Interessant ist die Erwähnung des harten Überlebenskampfes seit Abschaffung der Buchpreisbindung. Wie es scheint, würde solch ein Schritt noch mehr den Monopolisten in die Hände spielen.
 

Frank1

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Interessant ist die Erwähnung des harten Überlebenskampfes seit Abschaffung der Buchpreisbindung. Wie es scheint, würde solch ein Schritt noch mehr den Monopolisten in die Hände spielen.
Für kleine Händler würde es ohne Preisbindung natürlich härter. Das ist wie das Aussterben der Tante-Emma-Läden nach Aufkommen der Supermärkte. Autoren und Verlagen würde es aber wohl nicht schaden - eher sogar etwas nützen.
 

Helmut Pöll

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Für kleine Händler würde es ohne Preisbindung natürlich härter. Das ist wie das Aussterben der Tante-Emma-Läden nach Aufkommen der Supermärkte. Autoren und Verlagen würde es aber wohl nicht schaden - eher sogar etwas nützen.
Das ist eine schwierige Frage. Es könnte natürlich sein, dass mit Wegfall vieler Buchhandlungen vor allem kleine Verlage betroffen sind. Im Gegensatz zu den Monopolisten gibt es deren Bücher eben nicht an der Tankstelle, an den Kassen der Elektronikketten etc.

Monopolisten tendieren auch dazu mit möglichst immer weniger Megasellern den Markt zu bedienen. Vielfalt macht zuviel Aufwand. Das sehen wir jetzt in den Riesenbuchhandlungen, wo am Eingang palettenweise irgendwelche Bestseller stehen. Für einige Autoren ist das egal, für die weniger bekannten vermutlich nicht. Aber wie gesagt, das ist nur meine Spekulation.
 
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Alexander Michaelson

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21. Mai 2016
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@Klara Bellis @Frank1 @Helmut Pöll
Interessantes Gespräch!

Für mich liegt der tatsächliche Sinn der Buchpreisbindung nur darin, kleinere Buchläden zu stärken. Möchte man diese weiterhin erhalten, wäre es ein großer Fehler die Bindung abzuschaffen!

Oftmals lese ich in diesem Zusammenhang allerdings einen anderen Grund für die Preisbindung, nämlich dass ohne sie "die Vielfalt an Büchern" schwinden würde. Das sehe ich anders. Im Gegensatz zu fast jedem anderen Wirtschaftszweig, gibt es bei Büchern einen klaren Monopol. Jedes Buch ist einzigartig und nicht kopierbar. Ich als Autor (oder Verlag) bin alleinig zur Vervielfältigung, Verbreitung und Rechtserteilung (z.B. zum lesen) ermächtigt - und ich allein kann den ersten Abnahmepreis bestimmen.

Natürlich könnte bei Wegfall der Buchpreisbindung eine große Buchhandlung meine Bücher für 1$ anbieten. Bevor sie das tun können, müssten sie allerdings bei mir einkaufen (dem einzigen Anbieter weltweit) und meinen Preis bezahlen (5$). Da das ein heftiges Minusgeschäft wäre, wird das auf keinen Fall passieren. Im Endeffekt wird eine Abschaffung also keinen Nachteil für Autoren und Verlage haben, womit ich mich dem Statement von @Frank1 anschließe.
 

Helmut Pöll

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