Die Lust am schreiben verloren?!?

Chiawen

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Huhu ihr Lieben,

im Moment lese ich des öfteren auf meiner Facebook-Timeline, dass die Mischung aus Dumpingpreisen bei eBooks und der Upload auf Piratenseiten immer mehr Autoren in die Knie zwingt. Sie einfach die Lust am schreiben verlieren.
In einem konkreten Beispiel hat eine Autorin im Sommer zwei eBooks zu zwei ihrer erfolgreichen Reihen veröffentlicht und sich richtig gewundert, dass sie nicht eingeschlagen haben.
Sie hatte schon gedacht, dass sie einfach Müll produziert hätte, bis sie auf die Piratenseiten aufmerksam geworden ist. Bis jetzt haben die Bücher gerade mal so Lektorat und Covergestaltung eingespielt.

Ich kann verstehen, dass sie die Lust dran verliert zu schreiben. Sie lebt eigentlich davon und hat nichts davon. Aber eben nicht nur sie, sondern ganz viele.

Wie geht ihr als Autoren oder Leser damit um?
 
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Helmut Pöll

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9. Dezember 2013
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Moin @Chiawen ,

das ist ein ziemlich komplexes Thema, das Du da ansprichst. Über WR habe ich Kontakt zu einigen Autoren. Einige, mit denen ich mich öfter austausche, haben mir gesagt, dass das vergangene Jahr ziemlich schwierig für sie gewesen ist. Schwierig in dem Sinn, dass es immer mehr Aufwand erfordert Leser für die eigenen Geschichten zu erreichen.

Der Markt ist übervoll mit Büchern, sowohl mit Verlagstiteln, als auch mit Werken von Selfpublishern. In den letzten fünf Jahren ist das Angebot geradezu explodiert, während die Zahl der Leser aber nicht genauso gestiegen ist. Um überhaupt noch wahrgenommen zu werden und es irgendwie in die Top100 Listen zu schaffen, haben immer mehr Autoren, aber auch kleine Verlage, ihre E-Books zu Dumpingpreisen angeboten, wie Du ja auch geschrieben hast. Aber viel genutzt hat es nicht bzw. nur für eine befristete Zeit. Jetzt ist das Ende der Fahnenstange erreicht, denn für weniger als 99 Cent kann man Bücher nicht mehr sinnvoll anbieten.

Die Buchblogger, die immer ganz besonders wichtig für die Sichtbarkeit von Selfpublishern waren, werden zugeschüttet mit Rezensionsexemplaren aus Verlagen. Die Verlage haben in ihrer Onlinepräsenz massiv aufgeholt, einige - nicht alle - haben auch ihre Preispolitik für E-Books überdacht und bieten jetzt Verlagstitel für deutlich unter 10 Euro an. Das ist immer noch viel teurer als die 99 Cent mancher Indies. Es wird aber doch Leser geben, die bei 15 Euro für ein E-Book die Nase gerümpft haben, bei 5,99 Euro aber gerne zugreifen. Mich zum Beispiel.

Meiner Meinung nach sind wir gerade am Beginn einer Marktbereinigung, in der einmal die Verlage versuchen einen Teil des E-Book-Segments, das lange von den Selfpublishern beherrscht wurde, zurückzuerobern. Zum anderen fürchte ich, dass es für einige Autoren, die gehofft hatten vom Schreiben zu leben, nach dem Kassensturz nicht gut aussehen wird, zumindest nicht in der Masse. Die Piratenseiten spielen meiner Meinung nach eher eine untergeordnete Rolle, entscheidend ist wohl das Überangebot.

Als Autor würde ich mich natürlich auch darüber freuen vom Schreiben leben zu können. Generell hat die Marktsituation aber keinen Einfluss auf meine Lust am Schreiben.
 

Chiawen

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12. April 2014
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@Helmut Pöll erstmal danke für den tollen Einblick.
Wenn ich mal drüber nachdenke ist es auch sehr plausibel und ich kann es irgendwie bestätigen.
Wenn ich mir angucke was ich gerne noch für Bücher lesen möchte, welche Reihen noch offen sind, ... Da muss ich schon richtig selektieren.
Ok dadurch dass ich letztes Jahr etwas inaktiv war, bin ich bei einigen Verlagen aus dem Verteiler gerutscht. Aber dennoch kommt man an Verlagsexemplare ran. Wenn nicht direkt, dann über Agenturen.
Und jetzt richtig neue Indie-Autoren hab ich jetzt auch nicht richtig auf dem Schirm. Sondern eher die alten Hasen in meiner Kartei.

Aber ich bin mal gespannt, sie sich das entwickelt.
 

Helmut Pöll

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Danke für den Link zur Studie, @Mile .

Die Nielsen Studie betrachte ich aber doch mit ein wenig Skepsis. Wer wie wo und wie oft etwas illegal herunterlädt, das ist ein wenig Kaffessatzleserei. Im Artikel heisst es ja auch einleitend

Wie viel genau illegal heruntergeladen wird und was für ein Schaden Verlagen und Indie-Autoren daraus entsteht, ist nicht genau zu beziffern. Denn zum einen legen illegale Download-Plattformen üblicherweise keine Besucher- und Umsatzzahlen offen


Das Fehlen an wirklich belastbaren Daten hindert die Autoren aber nicht daran anschließend sofort detaillierte Diagramme und Benutzerprofile zu veröffentlichen. Für mich wäre interessant zu erfahren wie die Nielsen Studie an so auskunftsfreudige, gut verdienende illegale Downloader geraten ist.
 

Frank1

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Ich halte Zahlen über derartige Verluste durch illegale Downloads immer für wenig aussagekräftig. Dieser hochgerechnete 'Verlust' würde Verlagen und Autoren doch nur entstehen, wenn die Leute, die das jeweilige Buch 'gezogen' haben, es stattdessen kaufen würden. Meiner Meinung nach würden es aber nur die wenigsten der Downloader in Erwägung ziehen, das jeweilige Buch wirklich zu kaufen. Somit entsteht Verlag und Autor bei diesem Download auch kein echter Verlust. Deshalb dürften sich die wirklichen Verkaufseinbußen IMHO eher in Grenzen halten.
 
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bastetkatz

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Huhu ihr Lieben,

im Moment lese ich des öfteren auf meiner Facebook-Timeline, dass die Mischung aus Dumpingpreisen bei eBooks und der Upload auf Piratenseiten immer mehr Autoren in die Knie zwingt. Sie einfach die Lust am schreiben verlieren.
In einem konkreten Beispiel hat eine Autorin im Sommer zwei eBooks zu zwei ihrer erfolgreichen Reihen veröffentlicht und sich richtig gewundert, dass sie nicht eingeschlagen haben.
Sie hatte schon gedacht, dass sie einfach Müll produziert hätte, bis sie auf die Piratenseiten aufmerksam geworden ist. Bis jetzt haben die Bücher gerade mal so Lektorat und Covergestaltung eingespielt.

Ich kann verstehen, dass sie die Lust dran verliert zu schreiben. Sie lebt eigentlich davon und hat nichts davon. Aber eben nicht nur sie, sondern ganz viele.

Wie geht ihr als Autoren oder Leser damit um?
Ich finde gerade ebooks sind doch wirklich zu bezahlen. warum muss man immer alles für lau abzocken? ich finde das ätzend.
 

Chiawen

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@bastetkatz aber das ist ja nicht nur bei Büchern oder Musik so. Ich arbeite bei einer Burger-Kette und wenn der bestimmte Burger nicht im Angebot ist oder gerade keine Rabatt-Coupons da sind, wird oft gejammert. Es gehen sogar genug Kunden, weil sie eben nicht sparen können und die richtigen Preis zahlen müssen.
Hauptsache günstig oder gar geschenkt.

Aber du hast recht ebooks sind leistbar. Selbst die Verlage gehen ja langsam mit den Preisen runter.
 

Helmut Pöll

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Ich finde gerade ebooks sind doch wirklich zu bezahlen. warum muss man immer alles für lau abzocken? ich finde das ätzend.
Ich finde das auch ätzend, @bastetkatz . Vor allem, wenn ich dann mit Leuten rede, denen auch vier Euro für ein E-Book zuviel ist, die aber jeden Morgen einen Pappbecher Kaffee bei Starbucks für denselben Preis holen und sich dabei nie fragen, ob da das Preis-Leistungsverhältnis stimmt.
 
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Ich sehe es ähnlich wie @Frank1. Das Thema hatte ich gerade in einer Facebook-Gruppe ebenfalls. Der Konsens war, dass der hochgerechnete Verlust von Summe X sehr viel höher ist als der tatsächliche Verlust Y. Viele Buchpiraten laden sich den Reader voll, ohne die meisten Bücher überhaupt zu lesen. Sie wollen sie einfach haben, weil sie da sind.

Die aktuelle Preisentwicklung (und eBook-Flatrates wie Kindle Unlimited) sollten die eBooks mittlerweile für mehr Leute interessant machen. Gerade in der Anfangszeit, als bei den großen Publikumsverlagen nur minimale Preisunterschiede existierten, habe ich ebenfalls nicht zur digitalen Variante gegriffen. Bei den Kleinverlagen, die ihre Veröffentlichungen schon lange für um die 5 Euro als Download anbieten, sah das anders aus. Mittlerweile würde ich wohl auch so öfters eBooks kaufen (wenn ich den Reader nicht zwischenzeitig... ähm... "abgeschafft" hätte).
 
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Sakuko

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Ich finde gerade ebooks sind doch wirklich zu bezahlen. warum muss man immer alles für lau abzocken? ich finde das ätzend.

Bezahlbar ist vieles, 3€ für eine Kugel Eis wären auch bezahlbar. Aber das heißt nicht, das ich das Preis-Leistungsverhältnis für angemessen halten würde.
Sehr, sehr viele eBooks kosten immer noch nur 1-2€ weniger als das physische Buch, wenn überhaupt ein Unterschied im Preis vorhanden ist. Das fühlt sich schlicht nicht angemessen an.
 

Helmut Pöll

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Sehr, sehr viele eBooks kosten immer noch nur 1-2€ weniger als das physische Buch, wenn überhaupt ein Unterschied im Preis vorhanden ist. Das fühlt sich schlicht nicht angemessen an.
Das ändert sich bei eingen Verlagen gerade. Andererseits, was ist angemessen? Sind 150 Euro für eine Jeans angemessen, die für 10 Euro in Bangladesh genäht wird? Oder 5 Euro für einen Pappbecher Kaffee, wenn er nur vom In-Röster ist? Ich habe noch nie erlebt, dass sich irgendjemand über diesen überteuerten Kaffee beschwert hat. Ist ein Roman, auch als E-Book, nicht soviel wert wie zwei Pappbecher Kaffee?

Bei virtuellen Gütern kommt oft das Unbehagen dazu, dass man ja nichts in der Hand hat und deshalb auch nicht so recht weiß, wofür man da bezahlt hat. Jedenfalls fühlt es sich komisch an, komischer als ein gedrucktes Buch, das man ins Regal stellen kann. Was ich aber manchmal erlebt habe ist eine Einstellung, dass ein E-Book eigentlich gar nichts kosten dürfte, weil Druckkosten, Lagerung und Lieferung ja wegfallen.
 
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Tiram

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Was mich viel mehr ärgert, ist, dass die Internet-Kriminalität noch nicht genug politisch gewürdigt wird, sodass es so etwas wie Piratenseiten überhaupt geben kann. Dahinter verstecken sich Kriminelle, die verfolgt werden sollten.

Über Dumpingpreise habe ich mich schon öfter mal geäußert. Ich bin immer noch der Meinung, dass ein Autor von seiner Arbeit selbst nicht überzeugt sein kann, wenn er sie für fast mau unter die Leute bringen will. Ansonsten scheine ich ja ein Unikum zu sein, für geleistete Arbeit auch Geld bezahlen zu wollen.

Ich bezahle für ein E-Book gerne mindestens einen Taschenbuchpreis. Für mich immer noch ein Manko, das mich zögern lässt: Das E-Book gehört mir beim Kauf nicht. @Helmut Pöll meint zwar, das hätte sich schon ein wenig geändert, aber beim Kindle ist diese Änderung noch nicht angekommen.
 
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Chiawen

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Über Dumpingpreise habe ich mich schon öfter mal geäußert. Ich bin immer noch der Meinung, dass ein Autor von seiner Arbeit selbst nicht überzeugt sein kann, wenn er sie für fast mau unter die Leute bringen will. Ansonsten scheine ich ja ein Unikum zu sein, für geleistete Arbeit auch Geld bezahlen zu wollen.
@Helmut Pöll meint zwar, das hätte sich schon ein wenig geändert, aber beim Kindle ist diese Änderung noch nicht angekommen.
Ganz alleine bist du da nicht. Ich zahle auch gerne einen angemessenen Preis für ein eBook. Weil es steckt ja auch eine Menge Arbeit drin. Nicht nur das Schreiben, das Lektorat, das Cover und die Werbung.

Aber viele tun das eben nicht. Für sie ist das eBook noch zu teuer. Klar fallen Druckkosten und Lagerkosten weg, aber es steckt dennoch genug drin. Ich denke da hat @Helmut Pöll recht, dass es eben komisch ist, weil es eben virtuell ist.
 

Frank1

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Ein angemessener Preis für ein eBook liegt meiner Meinung nach dann vor, wenn Autor und Verlag (und Grafiker, ...) pro Exemplar genau so viel wie beim Printexemplar verdienen. Vereinfacht gesagt wäre das dann etwa <Preis des Printbuches> - <Papierkosten> - <Druckkosten> - <Bindekosten> - <Lager- und Transportkosten>, da alle diese Kosten beim eBook zu praktisch 100% wegfallen.
 

Helmut Pöll

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Ein angemessener Preis für ein eBook liegt meiner Meinung nach dann vor, wenn Autor und Verlag (und Grafiker, ...) pro Exemplar genau so viel wie beim Printexemplar verdienen.
Das wäre ein ziemlich guter Ansatz, @Frank1 . Es wäre mal sehr interessant, wie hoch diese Lager- und Printkosten bei einem Buch tatsächlich sind.
 

Sakuko

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27. Juni 2016
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Ein angemessener Preis für ein eBook liegt meiner Meinung nach dann vor, wenn Autor und Verlag (und Grafiker, ...) pro Exemplar genau so viel wie beim Printexemplar verdienen. Vereinfacht gesagt wäre das dann etwa <Preis des Printbuches> - <Papierkosten> - <Druckkosten> - <Bindekosten> - <Lager- und Transportkosten>, da alle diese Kosten beim eBook zu praktisch 100% wegfallen.
Ich stimme dir zu, das wäre fair, wenn einem das eBook wirklich gehören würde, also wenn man es weitergeben und weiterverkaufen könnte. Solange das nicht gegeben ist würde ich noch einen gewissen Abschlag erwarten.
 
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