Die Buchhandlung mit einem Buch

Helmut Pöll

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9. Dezember 2013
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München
Hunderttausende Buchtitel erscheinen in Deutschland jedes Jahr neu. In anderen Ländern sieht es ähnlich aus.

Für Buchläden mit begrenzter Verkaufsfläche bedeutet das ständig ein strenges Auswahlverfahren. Was den Lesern auf einer überschaubaren Zahl an Quadratmetern anbieten? Die üblichen Verdächtigen aus den USA, das neueste Buch von Dan Brown etwa? Oder doch die eigenen Lieblingsbücher, die man dann der eigenen Kundschaft mit Überzeugung empfehlen kann? Oder eine Mischung aus allem?

Eine ebenso ungewöhnliche wie radikale Antwort auf diese ewige Frage hat der japanische Buchhändler Yoshiyuki Morioka gefunden. In seinem Buchladen Morioka Shoten in der Innenstadt von Tokio gibt es genau ein einziges Buch. Sechs Tage lang verkauft er einen Buchtitel. Dann folgt das nächste Buch, wieder sechs Tage lang. Mehr Auswahl gibt es nicht. Nicht die Käufer wählen aus, Morioka wählt aus, und das oft schon ein Jahr im voraus.

Der Buchhändler hatte in einem früheren Laden die Erfahrung gemacht, dass bei Veranstaltungen zu einem bestimmten Buch immer besonders viele Lesefreunde kamen. Warum also mit diesem Konzept nicht einen ganzen Laden bestreiten?

Sein minimalistisches Geschäftsmodell kommt an. Yoshiyuki Morioka ist eine Berühmtheit. Nicht nur in Tokio, weltweit berichten Blogger und internationale Zeitungen über den Mann, der einem Verkaufskonzept des "immer mehr" spartanische Selbstbeschränkung entgegensetzt - und damit erfolgreich ist.

https://www.takram.com/projects/a-single-room-with-a-single-book-morioka-shoten/
https://www.laubet.de/zwanzig-quadratmeter-buchtempel-morioka-shoten/
https://www.theguardian.com/books/2015/dec/23/japanese-bookshop-stocks-only-one-book-at-a-time